Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht – Teil 12 – Beratungspflichten: Anlegergerechte Beratung


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


2.3. Beratungspflichten

Bei den Aufklärungspflichten geht es darum, dem Anleger alle Umstände bekannt zu geben, die für seine Anlageentscheidung von Bedeutung sind. Bei den Beratungspflichten geht es darum, eine Anlage zu finden, die zum Anleger passt. Deshalb muss die Bank den Anleger und das Anlageobjekt prüfen. Andernfalls kann der Berater nicht wissen, ob beide zueinander passen.


2.3.1. Anlegergerechte Beratung

Die Bank ist dazu verpflichtet den Interessenten anlegergerecht beraten.

Sie hat sich darüber zu informieren,

  • welche Anlageziele der Anleger hat
  • wie hoch seine Risikobereitschaft ist und
  • wie die finanziellen Verhältnisse des Anlegers aussehen.

Der Umfang der anlegergerechten Beratung hängt davon ab, welche Vorkenntnisse beim Interessenten vorhanden sind. Je mehr der Kunde weiß und je mehr Erfahrung er hat, desto weniger muss aufgeklärt werden In solchen Fällen kann und darf die Bank davon ausgehen, dass der Kunde bereits informiert ist.

Beispiel

Herr Knapp, Anlageberater der Baden Bank, berät Herrn Weiß, den er nicht kennt. Herr Knapp erkundigt sich nicht danach, welche finanzielle Belastung Herr Weiß tragen kann.
Hiermit verstößt Herr Knapp gegen seine Pflicht zur anlegergerechten Beratung, da er die finanziellen Verhältnisse des Herrn Weiß nicht schon aus vorheriger Geschäftsbeziehung kennt. Er hätte sich ausdrücklich erkundigen müssen.

Beispiel

Herr Knapp empfiehlt Herrn Weiß, hochspekulative Wertpapiere, obwohl dessen Ziel in der Kapitalerhaltung bei geringem Zinsertrag besteht.
Diese Empfehlung ist nicht anlegergerecht, sodass Herr Weiß Schadensersatz verlangen kann.

Beispiel

Die Bayern Bank berät die erfahrene und beruflich für Finanzgeschäfte qualifizierte Frau Krone und unterlässt es, nach ihrer Risikobereitschaft zu fragen.
Dies stellt einen Verstoß gegen die Pflicht zur anlegergerechten Beratung dar, da alleine von den Vorkenntnissen der Frau Krone nicht auf ihre Risikobereitschaft geschlossen werden darf.
Wenn die empfohlene Anlage nicht der Risikobereitschaft von Frau Krone entspricht und es zu einem Schaden kommt, kann Frau Krone von der Bayern Bank Schadensersatz verlangen.


2.3.1.1. Einholen von Kundenangaben

Die nötigen Angaben kann die Bank nur erhalten, wenn sie sie vom Kunden gezielt erfragt. Dies muss sie vor Abgabe ihrer Empfehlung tun. Geschieht dies nicht, verstößt sie gegen ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag und macht sich so möglicherweise schadensersatzpflichtig.

Auf die so erhaltenen Angaben darf sich die Bank verlassen. Wenn der Kunde also angibt, er habe bereits Erfahrungen mit Anlagen, obwohl er tatsächlich keine besitzt, verbleibt das Risiko bei dem Kunden.

Sollten die Angaben des Kunden widersprüchlich sein, muss die Bank nachfragen, was dem Kunden wichtiger ist, und ihn dementsprechend beraten.

Beispiel

Herr Sonderlich gibt in einem Beratungsgespräch mit seinem Anlageberater der Pfalz Bank an, dass er eine „sehr sicherheitsorientierte“ Anlagestrategie wünsche und eine „hohe Rendite“ anstrebe.
Da eine sehr sicherheitsorientierte Strategie keine hohe Rendite erzeugen kann, stellt dies einen Widerspruch dar, den die Pfalz Bank aufzulösen hat.Andernfalls verstößt die Pfalz Bank gegen ihre Pflicht zur anlegergerechten Beratung und macht sich schadensersatzpflichtig.


2.3.1.2. Berücksichtigung der Angaben

Die Pflicht zur Einholung der Kundenangaben würde ohne die Pflicht zur Berücksichtigung dieser Kundenangaben wenig Sinn machen. Die Bank muss daher die Kundenangaben zur Grundlage ihrer Empfehlung machen, um ihrer Pflicht zur anlegergerechten Beratung nachzukommen.

Will ein Kunde von vornherein eine bestimmte Anlage erwerben, die die Bank für ungeeignet hält, ist diese jedoch nicht verpflichtet, das Geschäft abzulehnen. Die Bank hat den Kunden allerdings auf das Risiko hinzuweisen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Peter Lechner LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-30-4.


 

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Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
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