Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht – Teil 25 – Pflichten bei der Vermögensverwaltung


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


4. Kapitel Pflichten bei der Vermögensverwaltung

4.1. Begriff der Vermögensverwaltung

Im Gesetz wird die Vermögensverwaltung als Finanzportfolioverwaltung bezeichnet. Nach § 1 I a 2 Nr. 3 KWG ist Finanzportfolioverwaltung die Verwaltung einzelner in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum.

Bei der Vermögensverwaltung übernimmt also eine andere Person die Anlageentscheidungen für den Kunden. Während in den Beratungsfällen der Kunde beraten wird und dann selbst entscheidet, findet bei der Vermögensverwaltung keine Beratung zu einzelnen Anlageentscheidungen statt, weil der Vermögensverwalter selbst entscheidet.

Damit die Vermögensverwaltung dem Interesse des Kunden entspricht, informiert sich der Vermögensverwalter über die Anlageziele und die Risikofreudigkeit des Kunden. Darauf beruhen dann die einzelnen Anlageentscheidungen des Verwalters.

4.2. Informationspflichten

Zu einer der wichtigsten Pflichten im Rahmen der Vermögensverwaltung zählt die Pflicht der Bank zur Information ihres Kunden. Die Bank muss im Rahmen der Vermögensverwaltung alle Informationen an den Kunden weiterleiten, die in den „Wertpapier-Mitteilungen", einer juristischen Fachzeitschrift, veröffentlicht werden und die für den Kunden bezüglich seiner Kapitalanlagen von Bedeutung sind.

Darunter fallen z.B. Abfindungs- oder Umtauschangebote (sowohl gesetzliche als auch freiwillige) mit Bezug zu den Aktien des betroffenen Kunden oder Sanierungsverfahren bezüglich des Unternehmens, bei dem der Kunde Aktien hält. Die Informationen müssen vollständig und unmissverständlich weitergeleitet werden.

Beispiel

In den „Wertpapier-Mitteilungen“ wird veröffentlich, dass die Winter AG von der größeren Wintersport und Ausrüstungs AG aufgekauft wurde. Herr Still, der mit der Baden Bank einen Vermögensverwaltungsvertrag abgeschlossen hat, hat Aktien der Winter AG. Die Baden Bank muss Herrn Still mitteilen, dass die Winter AG von der Wintersport und Ausrüstungs AG aufgekauft wird. Diese Information ist für den Kunden von Bedeutung, da eine Übernahme starke Auswirkungen auf den zukünftigen Aktienkurs der Firma haben kann. Unterlässt die Bank die Mitteilung, hat sie ihre Informationspflicht verletzt und macht sich so gegenüber Herrn Still schadensersatzpflichtig.

Die Informationspflicht der Banken erstreckt sich nicht so weit, dass sie die Konsequenzen und die wirtschaftliche Bedeutung der vollständig und unmissverständlich weitergeleiteten Informationen aufzeigen muss. Dies wäre bereits eine Anlageberatung. Sie ist nur zur Weitergabe ihrer Informationen verpflichtet.

Beispiel

Die Sachsen Bank erhält die Information, dass die Neumarkt AG insolvent ist. Ihr Kunde, Herr Lang, dessen Vermögen sie verwaltet, hält Aktien dieser AG.

Sie muss Herrn Lang nun mitteilen, dass die Neumarkt AG insolvent ist, aber nicht darlegen, was dies im Einzelnen bedeutet. Sie schuldet keine Empfehlung
dahingehend, ob der Kunde verkaufen soll oder nicht.
Wenn die Sachsen Bank Herrn Lang nicht mitteilt, dass die Neumarkt AG insolvent ist, kann Herr Lang Schadensersatzansprüche gegen die Sachsen Bank als Vermögensverwalterin geltend machen. Sie muss dabei aber nur für den Schaden aufkommen, den der Kunde erleidet, weil er zu spät auf die Insolvenzinformationen reagieren konnte.

Weitergehende Pflichten bestehen z.B. dann, wenn der Kunde Bezugsrechte, Optionsscheine oder Wandelschuldverschreibungen aufgrund der Vermögensverwaltung erworben hat. Bei solchen einer Anlage hat der Kunden die Möglichkeit bzw. Aussicht auf einen Aktienerwerb. Der Kunde muss innerhalb einer bestimmten Zeit reagieren, um die Aktien tatsächlich zu erwerben. Damit der Kunde dieses Recht realisieren kann, muss die Bank ihn vor dem Verfall bzw. der Verfristung der Rechte warnen, ihn also diesbezüglich benachrichtigen. Diese Mitteilung muss so detailliert sein, dass der Kunde erkennen kann, dass das Recht nach Ablauf der Frist möglicherweise ersatzlos erlischt und daher sein Wert ohne rechtzeitigen Verkauf oder fristgerechte Ausübung des Rechts verloren geht. Daher genügt es z.B. bei Optionsscheinen nicht, wenn die Bank dem Kunden mitteilt: „Die oben genannten Optionsscheine werden zum (Datum) fällig“, da hier der ersatzlose Verfall nicht deutlich genug zum Ausdruck gebracht wird.

Bei Verletzung dieser Pflichten hat der Anleger einen Schadensersatzanspruch gegen seine Bank.

4.3. Warnpflichten

Ist die Bank Finanzportfolioverwalterin (bzw. Vermögensverwalterin) ihres Kunden, hat sie ihrem Kunden alle 6 Monate Bericht zu erstatten. Sollte der Kunde es wünschen, kann dieser Zeitraum auf 3 Monate verkürzt werden.

Besonders wichtig ist dabei die Pflicht zur frühzeitigen Benachrichtigung bei Eintritt von erheblichen Verlusten nach § 8 VI WpDVerOV. Der Anleger soll dadurch die Möglichkeit haben, unmittelbar auf solche Verluste reagieren zu können um seine Vermögensverwaltung durch andere Vorgaben anzupassen oder sogar dem Vermögensverwalter zu kündigen. Zur Bestimmung, ob es sich um einen erheblichen Verlust handelt, der die Benachrichtigungspflicht auslöst, werden das Gesamtportfolio und die Risikoneigung des Anlegers herangezogen.

Maßgeblich für die Auslösung der Benachrichtigungspflicht ist die im Verwaltungsvertrag vereinbarte Verlustschwelle. Wird diese überschritten, hat spätestens am Ende des Geschäftstags eine Benachrichtigung zu erfolgen. Darüber hinaus müssen Zahlungen von Dritten in der regelmäßigen Berichterstattung ausgewiesen sein.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Peter Lechner LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-30-4.


 

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Wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

Beispiele aus dem Tätigkeitsbereich von Rechtsanwältin Carola Ritterbach:

  • Beratung und Vertretung von Bankkunden bei allen Fragen hinsichtlich Darlehensverträgen, Kreditsicherheiten, wie beispielsweise Bürgschaften oder Grundschulden und Kapitalanlagen wie z.B. Wertpapiere oder Fonds
  • Durchsetzung von Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüchen bei Bankberatungsfehlern, z.B. beim Abschluss von offenen oder geschlossenen Immobilienfonds, Schiffsfonds, Zinsdifferenzgeschäften, Swapverträgen etc.
  • Beratung bei Fragen zur Anlagevermittlung und Prospekthaftung
  • Rückabwicklung von Bankanlageprodukten, die sich im Nachhinein als Verlust erweisen
  • Abwehr von Ansprüchen aus sittenwidrigen Angehörigen-Bürgschaften oder Darlehensmitübernahmen
  • Abwehr von Forderungen aus unzulässigen Klauseln in Bankverträgen
  • Rückabwicklung unberechtigter Gebührenzahlungen an Banken
  • Widerruf und Rückabwicklung von Immobiliendarlehen aufgrund fehlerhafter Widerrufserklärungen
  • Abwicklung von Leasingverträgen
  • Begleitung bei Sanierungen notleidender Finanzierungen
  • Unterstützung bei allen Fragen rund um das Girokonto, Sparbuch und dem elektronischen Zahlungsverkehr Wahrung des Bankgeheimnisses und Beanspruchung von Bankauskünften
  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
  • Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
  • Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
  • Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
  • Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
  • Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?

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