Rechtliche Risiken beim Unternehmenskauf – Teil 45 – Der Ausschluss des Beihilfentatbestandes nach den Altmark-Voraussetzungen

5.2.2 Der Ausschluss des Beihilfentatbestandes nach den Altmark-Voraussetzungen

Ausgleichsleistungen für Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse fallen nach dem Altmark Trans-Urteil des EuGH dann nicht unter den Beihilfentatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV, wenn die vier folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

1. Das begünstigte Unternehmen muss mit der Erfüllung klar definierter gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein. Die Form des Rechts- oder Verwaltungsaktes kann von den Mitgliedstaaten frei gewählt werden.
Aus dem Betrauungsakt muss unter anderem Folgendes eindeutig hervorgehen:
(a) Art und Dauer der Gemeinwohlverpflichtungen,
(b) die beauftragten Unternehmen und der geographische Geltungsbereich,
(c) Art und Dauer der dem Unternehmen gegebenenfalls gewährten ausschließlichen oder besonderen Rechte,
(d) die Parameter für die Berechnung, Überwachung und etwaige Änderung der Ausgleichszahlungen.

2. Die Parameter, anhand derer der Ausgleich berechnet wird, müssen zuvor objektiv und transparent aufgestellt werden.

3. Der Ausgleich darf nicht über die Nettomehrkosten, d. h. über das hinaus gehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns ganz oder teilweise zu decken. Bei der Bestimmung der Angemessenheit der Kompensation ist eine angemessene Rendite auf das eingesetzte Kapital berücksichtigungsfähig. Die Kompensation berechnet sich im Wege der Addition des Zinssatzes einer hinsichtlich der Kapitalbindungszeit vergleichbaren, aber risikolosen Bundesanleihe und dem für die Erbringung der jeweiligen Dienstleistung maßgeblichen Risikoaufschlag (auf der Grundlage des kalkulierten Risikos, dass die Kosten der Dienstleistungserbringung einschließlich der damit einhergehenden Kapitalbindung nicht amortisiert werden).

Anschließend sind von den Kosten der Leistungsbereitstellung die dabei erzielten Einnahmen abzuziehen (Nettokosten). Demgegenüber hat die Berechnung der Mehrkosten nach dem Grundsatz einer marktorientierten Differenzhypothese zu erfolgen. Danach werden nur die “zusätzlichen Kosten“ für diejenigen Dienste in Ansatz gebracht, die ohne eine Ausgleichszahlung an den öffentlich Betrauten gar nicht oder nicht in der gebotenen Menge oder Qualität auf dem Markt (freiwillig) von dem Betrauten angeboten worden wären. Die mit dem Betrauungsakt verbundene Ausgleichszahlung muss sich darauf beschränken, das Angebot eines Dienstes durch das betraute Unternehmen erst hervorzubringen.

4. Wenn die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im konkreten Fall nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Vergleichsmarktanalyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte.

Ist mindestens eines dieser vier Altmark-Kriterien nicht erfüllt, ist zunächst vom Vorliegen einer Beihilfe auszugehen. Dies bedeutet jedoch noch nicht automatisch, dass die Beihilfe dann mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist. Vielmehr muss eine Maßnahme, die mangels Vorliegens sämtlicher Altmark-Kriterien zunächst als Beihilfe zu qualifizieren ist, grundsätzlich von der Kommission nach Art. 108 Abs. 3 AEUV notifiziert werden. Die Kommission prüft dann insbesondere eine Rechtfertigung der Beihilfenmaßnahme auf der Grundlage von Art. 106 Abs. 2 AEUV. Die Anwendung von Art. 106 Abs. 2 AEUV ist also weder in der Altmark-Rechtsprechung aufgegangen noch obsolet geworden.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Unternehmenskauf – Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-18-2.


 

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Stand: Dezember 2014


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt

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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

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    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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Normen: Art. 106 AEUV, Art. 107 AEUV, Art. 108 AEUV

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