Der Firmenverkauf als Königsweg der Unternehmensnachfolge


Autor(-en):
Prof. Dr. Ing. Wolfgang Guth


In diesem Artikel werden zentrale Aspekte des Unternehmensverkaufs betrachtet, die selten angesprochen bzw. diskutiert werden. Sie betreffen die Situation des Inhabers, der verkaufen will, und die Situation der Geschäftsführung. Spätestens seit dem Beschluss, die Firma zu verkaufen, verlaufen nämlich die Interessen dieser beiden nicht mehr parallel. Gerade für die verantwortliche Geschäftsführung birgt der Verkaufsprozess erhebliche Probleme und Risiken. Dies gilt insbesondere für den Fremdgeschäftsführer, der nach dem Verkauf überwiegend weiterhin für den neuen Eigentümer tätig werden soll.

Die deutsche Wirtschaft ist maßgeblich von mittelständischen Unternehmen einer Umsatzgröße zwischen 2,5 und 50 Mio. € geprägt (Fußnote). Weit über 50 Prozent dieser Unternehmen sind inhabergeführte Familienunternehmen. Der Trend der letzten Jahre zeigt allerdings, dass die überwiegende Anzahl der Firmen nicht länger durch die Familie weitergeführt, sondern häufig an Dritte veräußert wird. So investierten zum Beispiel in 2007 die Beteiligungsgesellschaften (Fußnote) 4,1 MRD € in 1078 Unternehmen. Durch die aktuelle Krise am Finanzmarkt liegt der Fokus der Transaktionen derzeit eindeutig auf kleineren und mittleren Firmen. Das Angebot an attraktiven mittelständischen Unternehmen ist hier besonders groß.

Gerade bei inhabergeführten klein- und mittelständischen Unternehmen ist die Nachfolgeregelung aus der Familie heraus oft problematisch. Auch sind Gewinne aus Unternehmenstransaktionen steuerfrei: Man träumt von einem finanziell gesicherten, sorglosen Lebensabend. Schnell kann dieser schöne Traum zum Albtraum werden: vor allem durch fehlende Erfahrung in dem äußerst komplexen Mergers- & Akquisitions- (M&A-) Prozess mit seinen juristischen und steuerlichen Finessen, d.h. durch Unkenntnis und damit letztlich durch eigenes Verschulden.

In den letzten Jahren haben sich bei Unternehmenstransaktionen insbesondere Private Equity Gesellschaften gut positioniert. Diese Gesellschaften, deren Kernkompetenz das Handeln (Fußnote) von Firmen ist, sind hoch professionell organisiert und arbeiten insbesondere bei der Due Diligence mit einem großen Netzwerk M&A-erfahrener Anwälte, Steuerberater, Investmentbankern und Beratungsfirmen zusammen, um eine höchstmögliche Transparenz zur Minimierung ihres Risikos und damit zur Absicherung des Investments zu erreichen.

Der Begriff „Due Diligence“ stammt aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum und bezeichnet die „gebotene Sorgfalt“, mit der beim Kauf bzw. Verkauf von Unternehmensbeteiligungen das Objekt im Vorfeld der Akquisition oder des Börsengangs geprüft wird. Due-Diligence-Prüfungen beinhalten insbesondere eine systematische Stärken-/Schwächen-Analyse des Objekts, eine Analyse der mit dem Kauf verbundenen Risiken. Bestandteil ist auch eine fundierte Bewertung des Kaufobjektes, Gegenstand der Prüfungen sind etwa Bilanzen, personelle und sachliche Ressourcen, strategische Positionierung, rechtliche und finanzielle Risiken, Umweltlasten. Für die rechtliche Bewertung werden in der Regel sämtliche Verträge – abgestuft nach Geheimhaltungsbedürftigkeit in einen so genannten Datenraum eingestellt. Damit wird dem Käufer eine fundierte Betrachtung der rechtlichen Risiken aufgrund bestehender Vertragsbeziehungen ermöglicht.

Gezielt wird nach so genannten Dealbreakern gesucht, d.h. nach Sachverhalten, die einem Kauf entgegenstehen könnten – z.B. Altlasten beim Grundstückskauf oder ungeklärte Markenrechte beim Unternehmenskauf. Erkannte Risiken können entweder Auslöser für einen Abbruch der Verhandlungen oder Grundlage einer vertraglichen Berücksichtigung in Form von Preisabschlägen oder Garantien sein.
Die Eigentümer kleiner und mittlerer Firmen treten dagegen in der Regel nur einmal im Leben als Verkäufer auf: Sie verfügen beim Verkauf ihres Unternehmens in der Regel über keinerlei Erfahrung. Damit sind sie gegenüber den erfahrenen Firmenkäufern wie Finanzinvestoren oder internationalen Konzernen gravierend im Nachteil. Hinzu kommt, dass das vertraute Umfeld des Verkäufers häufig nicht in der Lage ist, ihm bei den komplexen und vielschichtigen Fragestellungen einer Unternehmenstransaktion weiterzuhelfen. Andere professionelle Dienstleister am Markt stehen aus bestimmten Gründen nicht zur Verfügung. So ist z.B. die Marge der Investmentbanken für die Größe einer Transaktion von kleineren Unternehmen schlichtweg zu klein. M&A- erfahrene Berater oder Spezialisten werden vom Verkäufer häufig nicht angefragt.

Besonders exponiert – und damit gefährlich – ist in der Situation des Verkaufs auch die Position der Geschäftsführung. Sie ist, wenn sie nicht gleichzeitig Gesellschafter ist, nicht in die Verhandlungen eingebunden. Gerade ihre Position wird aber im Verkaufsfall oftmals ganz neu definiert, da sich Private Equity Gesellschaften sehr stark in das operative Geschäft einmischen und Entscheidungen diktieren, ohne Verantwortung übernehmen zu müssen: Diese liegt immer auf Seiten der Geschäftsführung.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, bei der Gestaltung des Verkaufsvertrags vor allem das Thema Garantien und Gewährleistung insbesondere für Schadens- und Haftungsfälle näher zu beleuchten.

In Betracht kommt der Verkauf des Unternehmens zunächst einmal auf dem Wege des Asset Deals oder des Share Deals. Diese rechtliche Unterscheidung hat Auswirkungen auf die Gewährleistungs- und Garantiefragen, auf die Verjährungsfrage der gegenseitigen Ansprüche aus dem Verkauf sowie auf die arbeitsrechtliche Situation der ArbeitnehmerBei einem Asset Deal handelt es sich um eine Unterart des Unternehmenskaufs. Der Kauf des Unternehmens vollzieht sich dabei durch den Erwerb sämtlicher Wirtschaftsgüter (Fußnote) des Unternehmens, also Grundstücke, Gebäude, Maschinen etc. Hierbei werden diese und einzelne Verbindlichkeiten im Rahmen der Singularsukzession einzeln übertragen. Der Share Deal ist dagegen der Kauf von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft. Der Share Deal stellt einen Rechtskauf gemäß § 453 I BGB dar. Aktien, GmbH-Anteile, sowie Geschäftsanteile an einer Personengesellschaft sind Kaufgegenstand. Hierdurch wird der Erwerber Anteilseigner und erhält die mit der Beteiligung verbundenen Rechte und Pflichten.

Die besagten Garantien und Gewährleistungen sind ein elementar wichtiger Bestandteil des Kaufvertrages, denn hier werden mögliche Ansprüche des Käufers gegenüber dem Verkäufer definiert. Höchstes Interesse des Verkäufers ist es, solche Ansprüche nach Möglichkeit vollständig oder zumindest für alle die Sachverhalte, die dem Käufer bei Vertragsunterzeichnung oder der Übertragung der Kaufsache bekannt waren oder bekannt sein konnten, auszuschließen. Der Käufer seinerseits wünscht möglichst umfassende, allgemein gehaltene Garantien, die sein Risiko minimieren und gegebenenfalls erlauben, aus einer starken rechtlichen Position heraus nachzuverhandeln und finanzielle Ansprüche geltend zu machen. Garantien und Gewährleistungen reduzieren das Risiko des Käufers erheblich. In Sonderfällen werden aber auch andere Garantien gegeben. Vertraglich unabdingbar ist die Haftung für das arglistige Verschweigen.

In dieser Situation geraten die Geschäftsführer oftmals zwischen die Fronten. Sie sitzen sozusagen in der Zwickmühle, da sie einerseits loyal die Interessen des Verkäufers - von dem sie ja noch wirtschaftlich abhängig sind –, aber andererseits auch loyal die Interessen des Käufers – von dem sie zukünftig wirtschaftlich abhängig sein werden – wahrnehmen müssen. In dem kurzen Zeitraum zwischen Vorbereitung des Kaufvertrages, dessen Unterzeichnung (Fußnote) und dem rechtlichen Zeitpunkt der Unternehmensübertragung (Fußnote) ist eine praktisch unüberschaubare Vielzahl von Dokumenten zu unterzeichnen, die der Geschäftsführer aus dem herrschenden Zeitdruck heraus oftmals nicht alle sorgfältig prüfen kann. Schließlich muss er gleichzeitig dafür Sorge tragen, dass er seiner Hauptaufgabe gerecht wird, das operative Geschäft erfolgreich weiterzuführen.

Der durch den Verkauf vom Käufer häufig bewusst eingeleitete Wandel in der Unternehmenskultur, einhergehend mit dem vielfach geplanten Austausch des Managements, erschwert die Situation und erhöht den Druck auf die bestehende Geschäftsführung. Denn das oberste Ziel ist die kurzfristige Rendite, die kompromisslos erzielt werden muss.

Viele Details über Problemfälle und Haftungsschäden sind dem Geschäftsführer nicht in der ganzen Tragweite bekannt oder bewusst. Dennoch steht er sowohl beim Verkäufer als auch beim Käufer in der Haftung. Der Grundsatz “Das haben wir aber nicht gewusst“ gilt eben nicht. Die Antwort wird lauten: “Das hätten Sie aber wissen müssen!“ Dies betrifft auch Ereignisse, die vom Geschäftsführer vor seinem Eintritt in die Geschäftsführung aufgetreten sind und unter Umständen anders gewertet wurden.
An diesem Punkt setzen die Käufer oft nochmals den Hebel an, um nach Kaufabschluss die Einkaufskosten zu drücken und die Gewinnmarge signifikant zu verbessern (Fußnote). Der Verlierer ist in der Regel die alte Geschäftsführung, die entweder vom Käufer oder vom Verkäufer (Fußnote) zum Sündenbock gemacht wird und im Extremfall neben der fristlosen Kündigung noch auf Schadensersatz verklagt wird. Dies ist gleichzeitig ein probates Mittel, „teure“ Abfindungen zu vermeiden. Während die Kosten auf der einen Seite die Firma trägt und damit das (Fußnote) Risiko überschaubar ist, muss auf der Seite der Geschäftsführung der Privatmann mit seinem Vermögen einstehen.

Risiken: Durch den Vorwurf einer Straftat bieten selbst auf den ersten Blick sehr gut verhandelte Arbeitsverträge nicht mehr ausreichend Schutz. Man erhält eine fristlose Kündigung, wird dadurch sofort von seinen finanziellen Mitteln abgeschnitten (Fußnote), mit hohen Schadensersatzforderungen konfrontiert und hat keinen Zugang zu den firmeninternen Informationen mehr, die helfen könnten die eigene Unschuld zu beweisen. Alte Mitarbeiter und Weggefährten werden nicht aussagen aus Angst, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren.

Im Verkaufsfall ist es dringend notwendig, sich vor allem mit den Themen der offenen und verdeckten (Fußnote) Haftungsschäden auseinanderzusetzen. Wenn der Verkäufer nicht selbst über das entsprechende Knowhow und Erfahrung verfügt, ist es in seinem ureigenen Interesse geboten, eine erfahrene (Fußnote) Beratungsinstanz hinzuzuziehen.
Komplexe Vertragswerke belassen in aller Regel die Risiken über Freistellungsklauseln bei den Verkäufern. Dieser ist durch mangelnde Sachkenntnis und Erfahrung in der Regel nicht in der Lage, alle Stolperfallen zu identifizieren.

Das Geschäftsmodell bei Unternehmenstransaktionen durch Beteiligungsgesellschaften lässt sich plakativ mit dem Gebrauchtwagenhandel von Fahrzeugen vergleichen. Es gilt die Devise: preiswert einkaufen, teuer verkaufen (nachdem man bestimmte Werte wie Grundstücke und Gebäude bei Firmen herausgelöst und versilbert hat) und darüber hinaus sich durch eine komplexe Vertragsgestaltung finanzielle Vorteile verschaffen. Dies betrifft im Speziellen das Stichwort „unfallfrei“, um im Gebrauchtwagenjargon zu bleiben und die Brücke zu den Schadens- und Produkthaftungsfällen zu schlagen.

Fazit: Der Prüfung und Bewertung der technischen Risiken muss im Rahmen einer technischen Due Diligence mehr Raum eingeräumt werden; diese sollte die Legal-, Tax-, Market- und Umweltprüfungen sinnvoll ergänzen. Mangelnde Zuverlässigkeit, Qualitätsmängel und ein gehäuftes Auftreten von Schäden sowie offene Gewährleistungsfälle müssen entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Unternehmens analysiert und bewertet werden, um dann in der Vertragsgestaltung entsprechend Eingang zu finden.

Neben einem erfahrenen rechtlichen Beistand muss unbedingt ein Berater hinzugezogen werden, der über möglichst umfassende Sachkenntnis verfügt, d.h. nicht nur Erfahrungen in der Geschäftsführung von Industrieunternehmen gesammelt, sondern auch operative Kenntnisse in Entwicklung und Produktion vorweisen kann. Die Auseinandersetzung mit Reklamationen, Haftungsproblemen und/ oder Rückrufen ergänzt dieses Profil. Dies gilt insbesondere, wenn die Möglichkeit von Schadens- und Problemfällen aufgrund der Firmengeschichte oder der Produktpalette (Fußnote) nicht auszuschließen ist. Von Vorteil ist schließlich praktische Erfahrung (Fußnote) im Bereich von Unternehmenstransaktionen sowohl aus der Käufer- als auch aus der Verkäufersicht. Eine präzise Kenntnis der potentiellen Käufer und ihrer Vorgehensweisen vor, während und nach einer Transaktion rundet die Beraterkompetenz ab.

Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Guth und RAin Dr. Claudia Kohl



Autor(-en):
Prof. Dr. Ing. Wolfgang Guth


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Stand: 18.03.2008


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