Allgemeine Geschäftsbedingungen Contra Individualvereinbarung


Haben die Parteien eine individuelle Vertragsabrede getroffen und steht diese im Widerspruch zu einer Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), so hat die Individualabrede Vorrang vor den AGB. Das entspricht dem Willen der Vertragsparteien, denn diese wollten mit der Individualabrede deren Geltung erreichen.


Dies führt aber zu der Frage, wann eine Individualabrede und wann AGB vorliegen ist? Nur die AGB sind an den §§ 305 ff. BGB zu messen.

In § 305 Abs. 1 S. 1 BGB heißt es, dass AGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen sind, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages stellt.

Allgemein gesprochen, muss es sich bei den AGB zunächst um Vertragsbedingungen handeln. Das sind Regelungen, die den Vertragsinhalt gestalten sollen. Inhalt dieser Vertragsbedingungen können Regelungen jeder Art sein. Es kann sich um fast den ganzen Vertragsinhalt oder nur um einzelne Vertragsbestandteile handeln. Gleichgültig ist die äußere Form: Sie können einen äußerlich gesonderten Vertragsbestandteil bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden.

AGB müssen vorformuliert sein. Vorformuliert sind Vertragsbedingungen, wenn sie für eine mehrfache Verwendung schriftlich aufgezeichnet oder in sonstiger Weise fixiert sind. So genügt beispielsweise die Fixierung auf Tonband.

Wann liegt eine Vielzahl von Verträgen vor? Bei einer oder zwei Verwendungen oder erst bei zehn? Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach zu dieser Frage Stellung genommen und zieht die untere Grenze bei drei Verwendungen. Liegt die Absicht vor, die Klauseln mehr als dreimal zu verwenden, so handelt es sich bereits bei der ersten Verwendung um AGB. Die Klauseln müssen nicht gegenüber verschiedenen Vertragspartnern verwendet werden.
Die AGB können auch von einem Interessenverband oder einem Dritten aufgesetzt werden und müssen nicht aus der Feder des Verwenders stammen. Benutzt eine Vertragspartei die von einem anderen vorformulierten Bedingungen (z.B. Mietvertragsformular), ergibt sich deren AGB-Qualität bereits aus der Zweckbestimmung des Aufstellers. In diesem Zusammenhang ist nicht erforderlich, dass die Partei selbst eine mehrfache Verwendung plant.

Der Gesetzeswortlaut erfordert ein „Stellen der Vertragsbedingungen“. Dazu ist ein konkretes Einbeziehungsangebot erforderlich. „Stellen“ setzt nach dem Schutzzweck der §§ 305 ff voraus, dass der Verwender selbst unter Ausschluss des anderen Teils einseitig rechtsgeschäftlich Gestaltungsmacht in Anspruch nimmt. AGB´s werden folglich einseitig auferlegt.

Auch wenn der Kunde zwischen mehreren Alternativen wählen kann, handelt es sich um AGB. Das ist anders zu beurteilen, wenn die Parteien die gewählte Regelungsalternative ausgehandelt haben. Dazu muss es zu einem wirklichen Aushandeln gekommen sein. Achtung: Aushandeln ist mehr als bloßes Verhandeln. Ein Aushandeln kann angenommen werden, wenn der Verwender den gesetzesfremden Kerngehalt seiner AGB inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem anderen Teil Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt. Es muss die reale Möglichkeit bestehen, den Inhalt der Vertragsbedingungen zu beeinflussen.

In der Regel schlägt sich das Aushandeln in der Änderung des vorformulierten Textes nieder. Auch wenn der Text unverändert bleibt, kann aber ausnahmsweise eine Individualvereinbarung vorliegen, wenn der andere Teil nach gründlicher Erörterung von der Sachgerechtigkeit der Regelung überzeugt wurde. Ein Aushandeln einzelner Vertragsbedingungen ändert grundsätzlich nichts daran, dass die übrigen nicht ausgehandelten Klauseln AGB bleiben. Für die Individualvereinbarung sind dagegen die §§ 305 ff. BGB nicht anwendbar.





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Stand: 31.03.2008


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