Vereinspraxis im Sozialversicherungsrecht - Beschäftigte im Verein: Teil 2.1 Krankenversicherung für den Vorstand


2.1. Beschäftigte im Verein: Krankenversicherung für den Vorstand

Die Einordnung des Vorstands eines Vereins unter den Begriff des Beschäftigten ist nicht ohne weiteres vorzunehmen. Das Vorstandsmitglied eines Vereins kann abhängig Beschäftigter oder selbständig Tätiger sein. Die früher insbesondere vom Bundesfinanzhof (BFH) vertretene Ansicht, die Organstellung des Handelnden schließe eine selbständige Tätigkeit aus, wird auch von dort nicht mehr vertreten. Maßgeblich für eine Versicherungspflicht ist dessen Vertrag mit dem Verein. Anhand der oben aufgeführten Kriterien ist im Einzelfall zu entscheiden, ob von einem Beschäftigungsverhältnis auszugehen ist.

Ist ein Vorstandsmitglied als Beschäftigter zu qualifizieren, so ist über seine Sozialversicherungspflicht noch nicht abschließend entschieden. Er ist von Gesetzeswegen versicherungsfrei oder er kann sich mit Antrag von seiner Versicherungspflicht befreien lassen. Dabei ist zwischen den einzelnen Sozialversicherungszweigen zu differenzieren.

Gesetzliche Krankenkasse
In der Praxis am bedeutsamsten ist die Krankenversicherungsfreiheit eines beschäftigten Vorstandes nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Hiernach sind Personen, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreitet, in der Krankenversicherung versicherungsfrei.

Unter Arbeitsentgelt sind laut § 14 Abs.1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung zu verstehen. Zum Arbeitsentgelt gehört:

  • Gezahltes Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld (wenn es aufgrund eines Arbeitsvertrages, eines Tarifvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder einer betrieblichen Übung gezahlt wird)
  • Nachtzuschläge (wenn sie über den steuerlichen Freibetrag liegen)
  • Sachbezüge z.B. in Form eines Dienstwagens
  • Vermögenswirksame Leistungen
  • Provisionen
  • Überstundenvergütungen (wenn sie als Pauschale gezahlt werden)
  • Bonus oder Tantiemen (soweit finanziell fixierbar)


Im Gegensatz dazu sind Fortbildungskosten, sowie Direktversicherungen und Familienzulagen unerheblich.

Dabei ist unbeachtlich:

  • Ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahme besteht
  • Unter welcher Bezeichnung
  • In welcher Form sie geleistet werden
  • Ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden


Die Jahresarbeitsentgeltgrenze entspricht der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung. Sie beträgt 48.150 Euro (vgl. § 6 Abs. 6 SGB V). Sie wird von der Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach § 160 SGB VI festgesetzt und ändert sich zum 01.01 eines jeden Jahres. Lagen wegen Überschreiten der Jahresentgeltsgrenze eine Versicherungsfreiheit und eine Versicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen vor, so gelten verringerte Beträge, vgl. § 6 Abs. 7 SGB V.
Die Beurteilung der Krankenversicherungspflicht ist bei Beginn der Beschäftigung, bei jeder Änderung der Bezüge und zu Beginn eines jeden Kalenderjahres vorzunehmen.

Die Versicherungspflicht endet mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Jahresentgeltgrenze überschritten wird, § 6 Abs. 4, S. 1 SGB V; sie endet nicht im Zeitpunkt der Überschreitung der Jahresentgeltgrenze. Von diesem Grundsatz macht der Satz 2 des § 6 Abs. 4 SGB V eine Ausnahme. Eine Versicherungsfreiheit des Vorstandes tritt nicht ein, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht überschreitet.

In der Praxis kommt es häufig zu Veränderungen in der Höhe des Entgelts. Diese wirken sich unterschiedlich auf die Krankenversicherungspflicht aus. Laut § 6 Abs. 4, S. 3 SGB V endet die Versicherungspflicht bei rückwirkender Erhöhung des Entgelts mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist. Vermindern sich im umgekehrten Fall allerdings die Einkünfte des Vorstandes unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze, so beginnt die Krankenversicherungspflicht mit Beginn des Monats, ab dem diese erstmals nicht erreicht werden.

Kommt es nur deshalb zur Versicherungspflicht des Vorstandes, weil die Jahresarbeitsentgeltgrenze erhöht wurde, so besteht auf Antrag die Möglichkeit sich innerhalb von drei Monaten von der Versicherungspflicht befreien zu lassen (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Die Befreiung wirkt vom Beginn der Versicherungspflicht an, wenn seit diesem Zeitpunkt noch keine Leistung in Anspruch genommen wurde; ansonsten vom Beginn des Kalendermonats an, der auf die Antragsstellung erfolgt (§ 6 Abs. 2 SGB V). Der Abschluss einer freiwillig gesetzlichen oder privaten Krankienversicherung nach § 9 SGB V bleibt unbenommen.

Diese Befreiung von der Krankenversicherungspflicht hat auch auf die soziale Pflegeversicherung Auswirkungen (s.u.).



Auszug aus dem Buch „ Der Verein als Arbeitgeber – Vereinspraxis im Arbeit-, Sozial-, und Lohnsteuerrecht und Personalwesen“ von Marc Wandersleben und Isabell Hartung, Verlag Mittelstand und Recht, 2008



Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: 2008/05


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