Wettbewerbsrecht - Einführung ins Recht des unlauteren Wettbewerbs - UWG - Teil 36 - Schutz der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Teil 2

7.2.1.1. Das Verraten von Geheimnissen

„Wer als eine bei einem Unternehmen beschäftigte Person ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das ihr im Rahmen des Dienstverhältnisses anvertraut worden oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an jemand zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, mitteilt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“ (Fußnote).

Erfasst werden alle Beschäftigten eines Unternehmens. Es kommt nicht auf die Art, die Dauer, den Umfang oder die Bezahlung ihrer Tätigkeit an. Auch Leiharbeiter sind betroffen.

Zur Erläuterung der Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse ist auf die Erklärung in 7.2. zurückzugreifen.

Das Geheimnis muss aufgrund des Dienstverhältnisses erlangt worden sein, also wenn man ohne das Dienstverhältnis keine Kenntnis von dem Geheimnis erlangt hätte. Ein zufälliges Erlangen der Kenntnis reicht nur dann nicht aus, wenn der Zufall auch ohne das Dienstverhältnis zu der Kenntnis geführt hätte. Ein rein rechtliche Bestehen des Dienstverhältnisses zur Tatzeit reicht bereits aus.

Eine Mitteilung ist jedes Handeln, durch das ein Dritter Kenntnis von dem Geheimnis erlangt.

Unbefugt ist der Verstoß, wenn er gegen eine Geheimhaltungspflicht verstößt. Bei Dienstverhältnissen besteht so eine Pflicht eigentlich immer, kraft Gesetzes oder durch den Arbeitsvertrag.

7.2.1.2. Die Verschaffung oder Sicherung eines Geheimnisses

„Ebenso wird bestraft, wer sich ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis durch

a) Anwendung technischer Mittel,
b) Herstellung einer verkörperten Wiedergabe des Geheimnisses oder
c) Wegnahme einer Sache, in der das Geheimnis

verkörpert ist, unbefugt verschafft oder sichert“ (Fußnote).

Täter kann hier jeder sein, es muss sich nicht zwingend um einen Beschäftigten handeln.

Der Täter muss sich Kenntnis verschafft oder das Geheimnis in seine Gewalt genommen haben. Zudem muss er sich die Möglichkeit einer genauen oder bleibenden Kenntnis gesichert haben. Unbefugt bedeutet hier, dass er ohne Einwilligung oder Ermächtigung gehandelt hat.

Die meisten technische Geräte fallen unter den Begriff der technischen Mittel.

Beispiele:

Kameras, Abhörvorrichtungen oder der Einsatz von Computern.

Die Herstellung einer verkörperten Wiedergabe ist eigentlich jede Aufzeichnung oder Kopie des Geheimnisses. Die spätere Aufzeichnung einer bloßen Gedächtnisspeicherung genügt schon.

Beispiele:

Fotografie, Übertragung auf Datenträger, Fotokopie oder Nachbau.

Eine Wegnahme ist gegeben, sobald eine Weitergabe oder Verwertung ermöglicht ist. Dies ist auch der Fall, wenn der Beschäftigte eine dienstlich überlassene Verkörperung des Geheimnisses unerlaubt mit nach Hause nimmt.

7.2.1.3. Die Verwertung des Geheimnisses

Ebenso wird bestraft, wer „ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das er durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Mitteilungen oder durch eine eigene oder fremde Handlung nach Nummer 1 erlangt oder sich sonst unbefugt verschafft oder gesichert hat, unbefugt verwertet oder jemandem mitteilt“ (Fußnote).

Dies ist in der Praxis öfters der Fall, wenn ein Beschäftigter nach Beendigung seines Dienstverhältnisses mit seinen - in unredlicher Weise erlangten - Kenntnissen oder Geheimnissen selbst in Wettbewerb zu seinem ehemaligen Betrieb tritt oder bei einem Konkurrenzunternehmen angestellt wird und seine Kenntnisse dort verwertet oder mitteilt.

Als Täter kann auch hier jeder Beschäftigte in Betracht kommen.

Es muss entweder der Tatbestand von 7.2.1.1. vom Verwertenden oder Mitteilenden erfüllt sein oder der Täter oder ein Dritter muss den Tatbestand von 7.2.1.2. erfüllt haben.

Bei einem unbefugten Verschaffen oder Sichern von Geheimnissen, bei denen der Tatbestand der Fälle 7.2.1.1. oder 7.2.1.2. nicht erfüllt ist, werden die sonstigen Fälle erfasst, die einen Unrechtsgehalt aufweisen.

Beispiele:

Nötigung, Erpressung oder Betrug.

Ein Verwerten beinhaltet jede Art der wirtschaftlichen Nutzung des Geheimnisses, sei es z.B. zur Gewinnerzielung oder zur Kostensenkung. Eine Mitteilung ist jedes Handeln, durch das ein Dritter Kenntnis von dem Geheimnis erlangt.

7.2.1.4. Rechtsfolgen

Die Strafandrohung ist bis zu 3 Jahre Haft oder eine Geldstrafe.
Sie beträgt bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe, wenn der Täter

  • gewerbsmäßig handelt,
  • bei der Mitteilung weiß, dass das Geheimnis im Ausland verwertet werden soll,
  • eine Verwertung im Ausland selbst vornimmt
  • bei sonstigen schweren Fällen, insbesondere bei schweren oder volkswirtschaftlich bedeutsamen Schäden, oder wenn diese Schäden drohen,

Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Antragsberechtigt ist nur der unmittelbare Verletzte. Wann ein besonderes öffentliches Interesse gegeben ist, liegt im Beurteilungsspielraum der Staatsanwaltschaft.

Nach Nr. 260a I des RiStBV (Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren) wird „ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung von Verletzungen von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen (Fußnote) insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Täter wirtschaftsstrafrechtlich vorbestraft ist, ein erheblicher Schaden droht oder eingetreten ist, die Tat Teil eines gegen mehrere Unternehmen gerichteten Plans zur Ausspähung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen ist oder den Verletzten in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht.“

Bei Zuwiderhandlungen gegen eine dieser Normen wird im Normalfall auch der Tatbestand des § 3 UWG i.V.m. § 4 Nr. 11 UWG, dies ist die Wettbewerbsverletzung durch Rechtsbruch, (Fußnote) erfüllt sein. Darüber hinaus sind sie auch Schutzgesetze im Sinne des § 823 II BGB mit den damit verbundenen Rechtsfolgen. Die sonstigen zivilrechtlichen Ansprüche bleiben von den lauterkeitsrechtlichen Ansprüchen unberührt. Demnach kann der Verletzte auch sonstige ihm zustehende Ansprüche etwa vertragliche oder einen Unterlassungsanspruch geltend machen, wenn die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Wettbewerbsrecht - Einführung ins Recht des unlauteren Wettbewerbs - UWG" von Harald Brennecke und Florin Brückner, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-12-0.


 

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Stand: November 2009


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist als Strafverteidiger, Anzeigenerstatter, Nebenklagevertreter oder Zeugenbeistand ausschließlich im Wirtschaftsstrafrecht tätig. 
Er verteidigt bei Insolvenzdelikten wie Insolvenzverschleppung, Bankrottdelikten, Buchführungsdelikten, Gläubigerbegünstigung und Schuldnerbegünstigung sowie allen anderen typischen Straftaten im Insolvenzbereich wie Betrug oder Untreue. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht kann er Rechtsfragen im materiellen Bereich in einer Tiefe aufbereiten, die für Richter und Staatsanwälte nicht immer leicht zu durchdringen ist.    
Als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz ist er im Bereich der UWG-Straftaten tätig, unter anderem bei Strafbarer Werbung, 16 UWG oder Verrat von Geschäftsgeheimnissen, 17 UWG, wie z.B. die unberechtigte Verwendung von Kundendaten.
 
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Rechtsanwalt Brennecke unterstützt auch Strafverteidiger durch rechtliche Zuarbeit im Hintergrund oder offene Begleitung in Bezug auf materiellrechtliche Themen.
   

Harald Brennecke hat im Wirtschaftsstrafrecht und angrenzenden Gebieten veröffentlicht:

  • „17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl. ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag
  • „Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers“, 2014, ISBN 978-3-939384-29-8, Verlag Mittelstand und Recht
  • „Gesellschaftsrecht in der Insolvenz“, 2014, ISBN 978-3-939384-26-7, Verlag Mittelstand und Recht

sowie etliche weitere Veröffentlichungen im Gesellschafts- und Insolvenzrecht.

Weitere Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung, unter anderem:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht
  • Compliance
  • Insolvenzstraftaten

Harald Brennecke ist Dozent für Wirtschaftsstrafrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Im Bereich Wirtschaftsstrafrecht bietet er Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

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  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis


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