Arbeitsplatzbeschreibungen in Gerichtsprozessen

Arbeitsplatzbeschreibungen in Gerichtsprozessen

In der Arbeits-, Familien- und Zivilgerichtsbarkeit taucht immer wieder die Frage auf, ob Kläger oder Beklagte gesundheitlich in der Lage waren oder sind, eine KONKRETE Tätigkeit auszuüben. Wird hierfür ein medizinisches Gutachten notwendig und aufgrund der speziellen Fachkunde ein arbeits-medizinisches Gutachten angefordert, liegt diesem Gutachten die gerichtliche Arbeitsplatzbeschrei-bung zu Grunde.

Den beteiligten Juristen ist dabei jedoch selten bewusst, dass die Art der Arbeitsplatzbeschreibung über Zeitaufwand, Kosten, Geschwindigkeit und Genauigkeit des arbeitsmedizinischen Gutachtens entscheidet.

Und genau hier fangen zumeist die Probleme und Uneinigkeiten im Verfahren an. Das Ar-beitsrecht bietet zwar im Rahmen seiner Regelungsdichte eine fast nicht überschaubare Anzahl von Regelungen an, diesen lässt sich jedoch nicht ohne weiteres entnehmen, wel-che Tätigkeit der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber letztendlich konkret schuldet. Die genaue Definition und Ausgestaltung der Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses bleibt somit einer detaillierten Arbeitsplatzbeschreibung vor-behalten.

Was ist eine Arbeitsplatzbeschreibung?

 
Die Arbeitsplatzbeschreibung ist im Idealfall eine Beschreibung der tatsächlichen Verhält-nisse eines Arbeitsplatzes. Sie sollte so konkret wie möglich die von dem Arbeitnehmer verlangten Tätigkeiten und Leistungen und seinen Aufgabenbereich beschreiben. Weiter-hin sollte sie zusätzlich die Einbindung des Arbeitnehmers in den Betriebsablauf und die konkreten Außenbedingung darstellen, unter denen die Arbeitsleistung erbracht wird.

Die Arbeitsplatzbeschreibung spiegelt den realen Ist-Zustand eines Arbeitsplatzes.

Aus diesem Grund sind auch Stellenbeschreibungen oder Tätigkeitsbeschreibungen für die gutachterliche Beurteilung eines Arbeitsplatzes und der dort herrschenden Bedingungen wenig geeignet, obwohl diese Begriffe oft mit der Arbeitsplatzbeschreibung gleichgestellt werden. Die Stellenbeschreibung ist zumeist nur die abstrakte Beschreibung der geforder-ten Tätigkeit bzw. einer vakanten Stelle. Gleiches gilt für die Tätigkeitsbeschreibung.

Inhaltlich orientiert sich die Arbeitsplatzbeschreibung an den für diese Tätigkeit und den konkreten Arbeitsplatz maßgeblichen Merkmalen. Sie sollte aus juristischer Sicht insbe-sondere folgende Angaben enthalten, wobei die Aufzählung nicht abschließend ist:

· Beschreibung der Aufgabe des Arbeitnehmers
· Beschreibung der Tätigkeit des Arbeitnehmers
· Angaben zur der hierfür erforderlichen Arbeitszeit
· Angaben zum Schwierigkeitsgrad der Tätigkeit
· Angaben, ob der Arbeitnehmer weisungsgebunden oder eigenständig arbeitet bzw. ob er sich an Richtlinien orientieren muss
· Angaben zu benötigten Fachkenntnisse, Eigenschaften oder Fähigkeiten
· Angaben zu äußeren Arbeitsbedingungen wie Lärm, Temperatur oder ähnlichem soweit erforderlich

Der Arbeitgeber ist zwar nicht verpflichtet eine schriftliche Arbeitsplatzbeschreibung zu erstellen, da nach § 81 Absatz 1 BetrVG die mündliche Information des Arbeitnehmers über die Betriebsabläufe, seine Aufgabe und seine Tätigkeit, soweit erforderlich, genügt. Sollte es im Rahmen eines Gerichtsverfahrens allerdings zum Streit kommen, ist eine schriftliche Arbeitsplatzbeschreibung von nicht zu unterschätzendem Vorteil, da sie als Urkunde in den Prozess eingeführt werden kann.

Arbeitsmedizinisches Gutachten

Im Streitfall vor Gericht, zum Beispiel bei der Frage der Beurteilung der Arbeits- oder Be-rufsunfähigkeit oder bei versicherungsrechtlichen Fragestellungen, ist oft ein arbeitsmedi-zinisches Gutachten erforderlich. Die Arbeitsmediziner haben dabei wiederum eine andere Perspektive im Rahmen der Begutachtung.

Fakten statt Prosa

Arbeitsmediziner arbeiten in ihrem Arbeitsalltag in Betrieben mit technisch geprägten Ar-beitsplatzanalysen. Sie können deshalb technische Daten, Zahlen, Maße, Skizzen und Abbildungen hinsichtlich der Auswirkungen auf die menschliche Belastbarkeit bei speziel-len Erkrankungen gut umsetzen. Eine erzählerisch ausgeschmückte Beschreibung behin-dert dagegen die Gutachtenerstellung und macht eine präzise Aussage oftmals unmöglich. Beispiele:

Prosa: „Er musste sich so oft zu den schweren Teilen bücken, dass jeden Abend das Kreuz noch lange wehtat. Bei der anstrengenden Arbeit konnte er sich kaum rühren.“

Fakten: „Er musste sich stündlich 20 bis 30mal tief auf den Boden bücken, um 8-10 kg schwere tellergroße Metallringe aufzuheben. Dabei war er zwischen mannshohen Maschi-nen eingekeilt.“

Prosa: „Sie müssen sich vorstellen, er arbeitete den ganzen Tag ganz nah an so heißen Öfen, dass er ständig schwitzte.“

Fakten: „Er arbeitete in der Frühschicht von 7 – 15.30 Uhr mit einer halbstündigen Mittags-pause etwa 5 m entfernt von zwei kühlschrankgroßen ca. 200 Grad Celsius heißen Öfen.“

Nüchtern statt bewertend

Arbeitsmediziner sind grundsätzlich misstrauisch gegenüber wehklagenden und bewerten-den Arbeitsplatzbeschreibungen. Als einzige medizinische Fachgruppe können sie sich in Betrieben selber ein Bild der tatsächlichen Situation machen und sind nicht auf Beschrei-bungen von Patienten angewiesen, was ihr Bild der Realität in der Arbeitswelt geprägt hat.

Arbeitsmediziner sind es gewohnt, in Fragestellungen als neutraler Experte gegensätzli-chen Meinungen gegenüberzustehen. Für ein gutes Gutachten benötigen sie aber ebenso faktenreiche, nüchterne und präzise Angaben über den Arbeitsplatz, wie dies bei den me-dizinischen Unterlagen meist gewährleistet ist.

Zusammenfassend ist es für Juristen daher empfehlenswert, auf Folgendes zu ach-ten:

· Angaben zu Schwere und Häufigkeit sollten in Zahlen ausgedrückt werden, auch wenn dies nur ungefähre Angaben sind
· Wenn möglich, sollten Skizzen, Zeichnungen oder Fotos erstellt werden (Raumla-ge, Positionierung im Raum, Wege im Betrieb, Maschinen o.ä.)
· In manchen Fällen können Mandanten über die Fachkräfte für Arbeitssicherheit der Betriebe technische Arbeitsplatzdaten (Arbeitsplatzanalysen nach Arbeitsschutzge-setz) erfragen

Fazit

Am Ende gilt: Je besser das Datenfundament ist, auf das ein Gutachten baut, umso solider ist das Gutachten selbst. Und das nützt allen Beteiligten.

Dr. Elisabeth Kärcher
Ärztin für Allgemein- und Arbeitsmedizin
www.armeco.de
Valeska C. Walter
Rechtsanwältin

Veröffentlicht in der Zeitschrift Mittelstand und Recht


Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2010


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