Factoring als neuer Erlaubnistatbestand im Kreditwesengesetz (KWG)


Factoring ist ein zwischenzeitlich weit verbreitetes Instrument der (kurzfristigen) Unternehmensfinanzierung und bezeichnet den laufenden Verkauf von Forderungen des Factoringkunden an einen Kunden, der je nach vertraglicher Ausgestaltung auch noch die Debitorenbuchhaltung sowie das Mahnwesen übernehmen kann.

Die Bedeutung von Factoring lieferte dem Gesetzgeber auch die Begründung für die Aufnahme in den Erlaubniskatalog des KWG:

„Aufgrund der zentralen Funktion, die Finanzierungsleasing und Factoring bei der Finanzierung der deutschen Industrie und insbesondere bei der Finanzierung des Mittelstandes spielen, können Funktionsstörungen als Folge einer unsoliden Geschäftsführung schwere Schäden nicht nur im Kundenkreis der betreffenden Unternehmen, sondern auch in weiteren Teilen der Wirtschaft verursachen. Diese Gefahr rechtfertigt es, diese Unternehmen einer eingeschränkten Aufsicht zu unterstellen.“ (Quelle: Bundestags-Drucksache 16/11108, S. 54)

Zu unterscheiden sind grundsätzlich zwei Varianten des Factoring:

  • beim echten Factoring übernimmt der Factor das Zahlungsausfallrisiko der Schuldner (sog. Delkredererisiko),
  • beim unechten Factoring behält sich der Factor ein Rückgriffsrecht auf den Forderungsverkäufer bei schlechter Bonität oder Zahlungsunfähigkeit des Schuldners vor.

Aufsichtsrechtlich soll diese Unterscheidung keine Rolle spielen (siehe hierzu weiter unten).

§ 32 I Kreditwesengesetz (KWG) enthält die allgemeine Erlaubnispflicht für das gewerbsmäßige Erbringen von Finanzdienstleistungen. Im Erlaubniskatalog ist unter § 1 Ia 2 Nr. 9 KWG das Factoring als der laufende Ankauf von Forderungen auf der Grundlage von Rahmenverträgen mit oder ohne Rückgriff enthalten.

Zu den Tatbestandsmerkmalen im Einzelnen:

 

Ankauf von Forderungen

Üblicherweise sind nur Geldforderungen Gegenstand des Factoring. Da das Gesetz jedoch allgemein von Forderungen spricht, können darunter theoretisch auch andere Forderungen verstanden werden.

"Ankauf" ist jeder schuldrechtliche Vertrag, der auf den Erwerb einer oder mehrerer Forderungen gerichtet ist. Die Betrachtung muss dabei losgelöst vom allgemeinen Zivilrecht erfolgen. Zivilrechtlich unterliegt nur das echte Factoring dem Kaufrecht. Das unechte Factoring muss dagegen aufgrund des vom Factor nicht übernommenen Bonitätsrisikos dem Darlehensrecht unterworfen werden.

Trotzdem erfüllt auch das unechte Factoring eine Finanzierungsfunktion.

Daher soll auch das unechte Factoring nach Wunsch des Gesetzgebers unter die Erlaubnispflicht des KWG fallen:

„Die Wahrnehmung der Finanzierungsfunktion rechtfertigt es, Factoringunternehmen gleichermaßen unter die Regelung des § 1 Ia 2 Nr. 9 KWG zu ziehen, ob sie nun neben der Finanzierungsfunktion auch die Delkrederefunktion übernehmen (so genanntes echtes Factoring) oder nicht (so genanntes unechtes Factoring).“ (Quelle: Bundestags-Drucksache 16/11108, S. 55)

 

Laufender Ankauf aufgrund von Rahmenverträgen

Zwischen Factoringkunde und Factor muss eine laufende Geschäftsverbindung bestehen. Der einmalige Kauf einer oder mehrerer Forderungen genügt nicht, um die Genehmigungspflicht auszulösen. Vielmehr muss der Factor dauerhaft und planmäßig dem Kunden Forderungen abkaufen.

Daneben muss für die Forderungsverkäufe ein Rahmenvertrag vorliegen. Dabei muss sich zumindest konkludent aus der Geschäftsbeziehung ergeben, dass zukünftig weitere Forderungen vom Factor gekauft werden sollen.

 

Mit oder ohne Rückgriff

Wie bereits oben erwähnt unterfallen sowohl das echte als auch das unechte Factoring aufgrund ihrer Finanzierungsfunktion der Erlaubnispflicht des KWG. Die Erlaubnispflicht tritt nur dann nicht ein, wenn die Finanzierungsfunktion ganz wegfällt, wie es bei bestimmten Formen des Fälligkeitsfactorings vorkommen kann.

Ob tatsächlich eine erlaubnispflichtige Geschäftstätigkeit vorliegt oder nicht, entscheidet im Zweifel nach § 4 KWG verbindlich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

Unternehmen, die mit ihrer Geschäftstätigkeit die oben dargestellten Tatbestandsvoraussetzungen des Factoring erfüllen, werden somit materiell Finanzdienstleistungsinstitut gemäß § 1 Ia 1 KWG und bedürfen daher vor Aufnahme der Geschäftstätigkeit einer Erlaubnis der BaFin.

Diese Erlaubnis ist hinfällig, wenn das Unternehmen zum 25.12.2008 bereits eine Erlaubnis für Bank- und bzw. oder Finanzdienstleistungsgeschäfte hatte oder wenn das Unternehmen diese Tätigkeit je nach Unternehmensgröße entsprechend der Übergangsregelung des § 64j KWG bis spätestens 31. Januar 2009 bzw. 31. Dezember 2009 der BaFin anzeigte.

Es ist daraufhin hinzuweisen, dass Unternehmen, die noch keine Erlaubnis haben und 2009 ihre Geschäftstätigkeit nicht angezeigt haben, nach § 54 KWG strafbar handeln.



Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Februar 2010


Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.


Das Referat Bankrecht wird bei Brennecke & Partner Rechtsanwälte betreut von:

Portrait Carola-Ritterbach Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

Beispiele aus dem Tätigkeitsbereich von Rechtsanwältin Carola Ritterbach:

  • Beratung und Vertretung von Bankkunden bei allen Fragen hinsichtlich Darlehensverträgen, Kreditsicherheiten, wie beispielsweise Bürgschaften oder Grundschulden und Kapitalanlagen wie z.B. Wertpapiere oder Fonds
  • Durchsetzung von Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüchen bei Bankberatungsfehlern, z.B. beim Abschluss von offenen oder geschlossenen Immobilienfonds, Schiffsfonds, Zinsdifferenzgeschäften, Swapverträgen etc.
  • Beratung bei Fragen zur Anlagevermittlung und Prospekthaftung
  • Rückabwicklung von Bankanlageprodukten, die sich im Nachhinein als Verlust erweisen
  • Abwehr von Ansprüchen aus sittenwidrigen Angehörigen-Bürgschaften oder Darlehensmitübernahmen
  • Abwehr von Forderungen aus unzulässigen Klauseln in Bankverträgen
  • Rückabwicklung unberechtigter Gebührenzahlungen an Banken
  • Widerruf und Rückabwicklung von Immobiliendarlehen aufgrund fehlerhafter Widerrufserklärungen
  • Abwicklung von Leasingverträgen
  • Begleitung bei Sanierungen notleidender Finanzierungen
  • Unterstützung bei allen Fragen rund um das Girokonto, Sparbuch und dem elektronischen Zahlungsverkehr Wahrung des Bankgeheimnisses und Beanspruchung von Bankauskünften
  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
  • Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
  • Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
  • Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
  • Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
  • Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-26

 

Portrait Monika-Dibbelt Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Mandanten in allen Bereichen des Bank- und Kapitalmarktrechts. Im Bereich Kapitalanlegerrecht prüft Sie, ob Ansprüche gegen Vermittler, Kreditinstitute oder freie Anlageberater wegen Beratungsfehlern in Betracht kommen und macht etwaige Ansprüche außergerichtlich und gerichtlich für Sie geltend.

Ein Schwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt im Bereich des Bank- und Bankvertragsrecht sind Fragestellungen rund um die Rechtmäßigkeit und Inanspruchnahme aus Darlehensverträgen, Krediten und Bürgschaften. Durch ihre Tätigkeit im Insolvenzrecht hat Frau Rechtsanwältin Dibbelt regelmäßig insbesondere auch immer wieder mit Fragen zur Verrechnung von Haben und Salden bei Kreditinstituten sowie der Berücksichtigung einer Inanspruchnahme aus (persönlichen und sachlichen) Sicherheiten im Rahmen von Insolvenzen zu tun.

Kreditsicherheiten sowie die Gestaltung klassischer Formen der Fremdkapitalfinanzierung, Mezzanine- und strukturierter Finanzierungen bilden einen weiteren Tätigkeitsschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt.

Sie unterstützt ihre Mandanten auch bei Kontenpfändungen durch Einrichtung von P-Konten bzw. eines Antrages auf Erhöhung des Pfändungsschutzbetrages. Derartige Pfändungsschutzanträge können nicht nur Verbraucher sondern auch Selbständige stellen.

Darüber hinaus berät und prüft Frau Rechtsanwältin Dibbelt, ob für eine Erlaubnis der Finanzaufsichtsbehörde (BaFin) erforderlich ist und erstellt ggf. die notwendigen Anträge.

Rechtsanwältin Monika Dibbelt ist Mitglied der Bankrechtlichen Vereinigung e.V.

Sie bereitet derzeit mehrere Veröffentlichungen im Bank- und Kapitalmarktrecht vor.

Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Dibbelt bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Haftung von Vermittlern und freien Anlageberatern bei Beratungsfehlern
  • Sicherheiten und ihr Nutzen in der Krise des Sicherheitengebers
  • BaFin – erlaubnispflichtige Tätigkeit oder nicht?
  • Zinsswap und Cross-Currency – was ist das?
  • Kapitalanlagen in der Insolvenz
  • Streitschlichtung und Mediation im Bank- und Kapitalmarktrecht

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Dibbelt unter:
Mail: dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0421-2241987-0

Normen: § 1 KWG

Mehr Beiträge zum Thema finden Sie unter:

RechtsinfosBankrechtKapitalmarktrechtKreditwesengesetz (KWG)
RechtsinfosBankrechtKapitalanlagerecht
RechtsinfosBankrechtKapitalmarktrecht
RechtsinfosInkassoFactoring
RechtsinfosBankrechtDarlehen
RechtsinfosBankrechtKapitalmarktrechtKreditwesengesetz (KWG)
RechtsinfosBankrechtBankhaftung
RechtsinfosKapitalmarktrecht