Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG – Teil 06 – das Innenverhältnis: Grundlagen und rechtliche Stellung der Kommanditisten


2. Das Innenverhältnis der Publikumskommanditgesellschaft

a) Grundlagen des gesellschaftlichen Innenverhältnisses

Im Recht der Kommanditgesellschaft ist - anders als im AktG – keine Organisation angelegt, die auch dem Schutz der Anlagegesellschafter dient. Dies betrifft die Vorschriften über die Gründung, die Ausgestaltung der Gesellschafterrechte, den Minderheitsschutz und die Verantwortlichkeit der Organe. Zwar ermöglicht das Recht der Kommanditgesellschaft dank seiner großen Flexibilität rechtstechnisch zufriedenstellende Lösungen auch für die Publikumskommanditgesellschaft. Allerdings wird bei der Publikums-KG der Gesellschaftsvertrag von einem kleinen Kreis der Initiatoren oder Gründer abgeschlossen. Inwieweit der Vertrag nur deren eigene Interessen oder auch die Interessen der Anleger wahrt, ist im Einzelfall zu prüfen. Eine Richtigkeitsgewähr individuell ausgehandelter Verträge wie bei der normalen KG besteht jedenfalls nicht.44


b) Rechtliche Stellung der Kommanditisten in der Publikumskommanditgesellschaft

Wenn ein Anleger einer Publikumskommanditgesellschaft als Kommanditist beigetreten ist, dann hat er die Rechtsstellung, die der Gesetzgeber in §§ 161 ff. HGB dem Kommanditisten garantiert, soweit der Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes bestimmt. Er hat seinen Gesellschafterbeitrag zu leisten. Am Gewinn und Verlust muss er teilhaben (§ 167 HGB). Als Kommanditist ist er von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen (§ 164 HGB). Seine Haftung gegenüber Dritten (Gläubigern) ist beschränkt und richtet sich nach den Regeln der §§ 171 - 176 HGB, die nicht vertraglich abdingbar sind.45

Die Kapitalanleger werden zum einen unmittelbar Gesellschafter der Publikums-KG. Bei ihrem Beitritt ermächtigen sie die persönlich haftenden Gesellschafter, nach deren Wahl weitere Kommanditisten aufzunehmen. Mithin haben die bereits beigetretenen Anleger-Gesellschafter keinen Einfluss auf die personelle Zusammensetzung der Gesellschaft und stehen weder untereinander noch zu den eigentlichen Unternehmer- Gesellschaftern in persönlichen Beziehungen.46 Zum anderen wird das Kapital durch eine mittelbare Beteiligung der Kapitalgeber über einen Treuhand-Kommanditisten gesammelt, der gesellschaftsvertraglich berechtigt ist, „seine“ Einlage insoweit zu erhöhen, als ihm hierfür Kapital von den Treugebern zur Verfügung gestellt wird.47 Bei dieser Gestaltung werden die Kapitalanleger nicht selbst Gesellschafter; allein der Treuhänder ist Kommanditist und mithin Träger mitgliedschaftlicher Rechte.
Den Kommanditisten steht das Recht zu, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Kommt die Komplementärin dem Verlangen nicht nach, können sie die Versammlung selbst einberufen.48 Das Teilnahmerecht der Gesellschafter ist substantiell unentziehbar. Es besteht auch bei Ausschluss des Stimmrechts.49 Das Stimmrecht der Gesellschafter kann dagegen im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden.50

Ist eine Gesellschafterversammlung in Folge eines Ladungsmangels nicht ordnungsgemäß einberufen worden und aus diesem Grunde ein Gesellschafter nicht erschienen, sind die in der Versammlung gefassten Beschlüsse grundsätzlich nichtig, weil Gesellschafter nur im Rahmen von Gesetz und Satzung an Mehrheitsentscheidungen gebunden sind.51 Steht allerdings fest, dass der Fehler das Abstimmungsergebnis auf keinen Fall beeinflusst haben kann, ist der Beschluss wirksam. Diese Voraussetzung kann erfüllt sein, wenn die Stimme des abwesenden Gesellschafters für das Beschlussergebnis auf keinen Fall relevant gewesen wäre. Sie ist nicht erfüllt, wenn vorgesehen war, dass der Abstimmung eine Aussprache vorausgehen sollte, und wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die nicht eingeladenen Mitglieder, wären sie erschienen, auf die Stimmabgabe anderer Gesellschafter Einfluss genommen hätten und auf Grund dessen ein Beschluss mit entgegengesetztem Ergebnis gefasst worden wäre.52

Durch gesellschaftsvertragliche Regelung kann auch bei der Publikums-KG vorgeschrieben werden, dass die Kommanditisten oder bestimmte Gruppen von ihnen ihre Verwaltungsrechte nur durch einen Vertreter ausüben können. Bei der Publikums-KG wird mit einer solchen Klausel die Zusammenfassung der Verwaltungsrechte einer Vielzahl von Anlagekommanditisten erreicht.53 Der Gruppenvertreter ist weisungsabhängig. Über die zu erteilenden Weisungen beschließen die Vertretenen einstimmig, soweit keine abweichende Regelung getroffen ist. Sind Weisungen nicht erteilt, hat der Vertreter seine Entscheidung an der Wahrung der Interessen der Vertretenen auszurichten.54

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Insolvenzrecht, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-28-1.


 

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Stand: Mai 2014


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Über die Autoren:

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Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

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    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
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