Rechtliche Risiken beim Unternehmenskauf – Teil 03 – Der Betriebsübergang

1.3 Der 7-Punkte-Katalog des EuGH und des BAG

Ob tatsächlich ein Betriebsübergang vorliegt, bereitet in der rechtlichen Praxis trotz dieser vordergründig einfach erscheinenden Definition erhebliche Probleme. Deshalb haben der Europäische Gerichtshof und das Bundesarbeitsgericht einen Katalog mit 7 Punkten aufgestellt, anhand derer man das Vorliegen eines Betriebsübergangs prüfen kann.

1.3.1 Art des Unternehmens

Bei verschiedenen Arten von Unternehmen können unterschiedliche Merkmale für einen Betriebsübergang sprechen. So kommt es etwa bei Unternehmen des produzierenden Gewerbes hauptsächlich darauf an, welche materiellen Betriebsmittel, etwa Maschinen, auf den Erwerber übergehen. Bei einem Dienstleistungsbetrieb, etwa einem Call-Center, kommt es mehr auf die immateriellen Betriebsmittel an, wie etwa bestehende Dienstleistungsverträge mit Auftraggebern.

1.3.2 Materielle Betriebsmittel

Materielle Betriebsmittel sind beispielsweise Maschinen, Grundstücke bei landwirtschaftlicher Nutzung, Einrichtungsgegenstände, Fuhrpark, Rohstoffe oder Halb- und Fertigprodukte. Entscheidend ist, dass dem Unternehmenskäufer die Betriebsmittel dann zugerechnet werden können, wenn er in die arbeitstechnische Organisationsgewalt eintritt.(Fußnote) Der Erwerber muss nicht unbedingt das Eigentum an diesen Gegenständen erwerben. Für die Erlangung der arbeitstechnischen Organisationsgewalt ist es ausreichend, wenn er die Sachherrschaft etwa durch einen Pachtvertrag erhält.

Auch wenn der Erwerber alleine sachliche Betriebsmittel erhält, kann ein Betriebsübergang vorliegen. Voraussetzung ist hier aber, dass diese Betriebsmittel den Kern der wirtschaftlichen Wertschöpfung ausmachen. Dass ist etwa der Fall, wenn der Erwerber industrielle Spezialmaschinen übernimmt. Das BAG hatte bei der Übernahme von technischen Einrichtungen eines Schlachthofes für Schlacht-, Ausbein- und Zerlegearbeiten die Übernahme von identitätsstiftenden Maschinen bejaht und ist somit auch von dem Vorliegen eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB ausgegangen.(Fußnote) Ebenso ging das BAG bei der Übernahme von wertvollen und standortgebundenen Maschinen zum Zeitungsdruck von einer Betriebsübernahme aus.(Fußnote)

Nach der Rechtsprechung liegt hingegen kein Betriebsübergang vor, wenn der neue Unternehmer einer Busstrecke im Linienverkehr die übernommene Strecke mit seinen eigenen Busen bedient.(Fußnote)

1.3.3 Immaterielle Betriebsmittel

Unter immateriellen Betriebsmitteln versteht man unter anderem alle Rechte des geistigen Eigentums wie Marken, Unternehmensnamen, Urheber- und Nutzungsrechten und Patente. Weiter zählen hierzu öffentliche Gestattungen, wie etwa eine Gaststätten-Konzession oder eine Betriebserlaubnis sowie Kunden- und Lieferantenbeziehungen und die Kundenkartei.
Ein Betriebsübergang liegt daher vor, wenn eine Gaststätte von einem anderen Gastwirt übernommen wird, der eine ähnliche Gaststätte betreiben möchte. Kein Betriebsübergang liegt allerdings vor, wenn eine gutbürgerliche Gaststätte als arabisches Spezialitätenrestaurant weitergeführt werden soll.(Fußnote)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Unternehmenskauf – Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-18-2.


 

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Stand: Oktober 2014


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

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    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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