Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG – Teil 19 – Entscheidung des OLG München vom 12.2.2010

OLG München, Urteil vom 12.2.2010

Das OLG München hat in seinem Urteil vom 12. 2. 2010 die Treuhandkommanditistin antragsgemäß zur Offenlegung der Namen und Adressen der Gesellschafter und Treugebergesellschafter gegenüber den klagenden Treugeber-Kommanditisten verurteilt, obwohl auch der streitgegenständliche Treuhandvertrag eine Anonymitätsklausel enthielt, die einen entsprechenden umfassenden Offenlegungsanspruch ausdrücklich ausschloss.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger hatte sich über die beklagte Treuhandkommanditistin an einer Publikums-KG beteiligt. Er verlangte entgegen einer Anonymitätsklausel im Treuhandvertrag von der Treuhandkommanditistin die Herausgabe einer Liste mit Namen und Anschriften aller Mitgesellschafter und Mittreugeber. Auch hier ging es ihm vor allem darum, sich mit anderen Gesellschaftern und Treugebern in Verbindung setzen zu können, um das Quorum von 20% für die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung erreichen zu können.

Das OLG München hat den Offenlegungsanspruch auf das im Treuhandvertrag geregelte Weisungsrecht des Treugeber-Kommanditisten i.V.m. § 666 BGB gestützt. Im Übrigen folgt es der Argumentation des lI. Zivilsenats in dessen Hinweisbeschluss vom 21. September 2009 zur Publikums -GbR, den es insbesondere deshalb auf die Publikums-KG übertragbar hielt, weil es sich bei beiden um „Personengesellschaften“ handele und der Unterschied zwischen der Haftung der GbR- Gesellschafter und der der KG-Gesellschafter „im hier interessierenden Zusammenhang“ nicht bestehe, weil auch der Treugebergesellschafter einer Publikumsgesellschaft des bürgerlichen Rechts im Außenverhältnis ebenso wenig hafte wie der Treugeber-Kommanditist einer Publikums-KG nach erbrachter Einlage.

Darauf, ob der Anleger an der KG unmittelbar oder nur mittelbar über einen Treuhandvertrag mit der Treuhandkommanditistin an der KG beteiligt sei, komme es deshalb nicht an, weil der Gesellschaftsvertrag den unmittelbar und mittelbar beteiligten Kommanditisten für die Ausübung seiner Gesellschafterrechte ausdrücklich gleichstelle (sog. Gleichstellungsklausel).

Das Urteil wurde dahingehend kritisiert, dass es den zur GbR ergangenen Beschluss des BGH vom 21.9. 2009 auf den Fall der Publikums-KG überträgt.102 Entgegen der Auffassung des OLG München sei die Argumentation des BGH zur Publikums-GbR gemäß Beschluss vom 21. September 2009 nicht auf die Publikums-KG übertragbar.103

Die Anonymitätsklausel sei mit Rücksicht auf die aktienrechtliche Wertung des § 67 AktG wirksam und halte der vertraglichen Inhaltskontrolle gem. § 242 BGB auch deshalb stand, weil die Anonymität des Treugeber-Kommanditisten Wesensmerkmal der Publikums-KG sei und die Vereinbarung dessen, was „wesenstypisch“ ist, nicht gegen Treu und Glauben verstoßen könne. Ein Offenlegungsanspruch lasse sich infolgedessen auch nicht auf der Grundlage des Weisungsrechts des Treugebers i.V.m § 666 BGB begründen.104


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-28-1.


 

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Stand: Oktober 2014


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Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
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