Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG – Teil 23 – BGH-Rechtsprechung zur Publikumsgesellschaft als GmbH & CO. KG


3. Aktuelle Rechtsprechung des BGH ZR 134/11 und BGH ZR 136/11 zur Publikumsgesellschaft in Form der GmbH & Co. KG

Der BGH hat in seinen Urteilen vom 05.02.2013116 unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 21. September 2009 (II ZR 264/08) und das Urteil vom 11. Januar 2011 (II ZR 187/09) entschieden, dass bei einem Gesellschaftsvertrag einer Personen- bzw. Personenhandelsgesellschaft das Recht, seinen Vertragspartner zu kennen, selbstverständlich ist. Es folge als unentziehbares mitgliedschaftliches Recht aus dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnis als solchem. Das auf Kenntnis seiner Mitgesellschafter gerichtete Auskunftsbegehren des Gesellschafters sei lediglich durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot gemäß § 226 BGB begrenzt. Wortgleich mit Text S. 49 und S. 57. Wie kommt das ?
Dieses Auskunftsrecht stehe auch einem Treugeber zu, der im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und der Gesellschafter zu den Treugebern einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleichgestellt ist.
Zwischen dem Kläger als Treugeber, den übrigen Treugebern und den unmittelbaren Gesellschaftern bestehe ein durch den Gesellschaftsvertrag und den Treuhandvertrag begründetes Rechtsverhältnis, das infolge der Verzahnung von Gesellschafts- und Treuhandverhältnis dadurch gekennzeichnet sei, dass der Kläger über seine schuldrechtliche Beziehung zu der Treuhänderin hinaus entsprechend einem unmittelbaren Gesellschafter in den Gesellschaftsverband einbezogen ist. Durch diese Einbeziehung in den Gesellschaftsverband unterscheide sich die vorliegende Gestaltung von dem klassischen Treuhandverhältnis mit bloß schuldrechtlichen Beziehungen.

Es entspreche seit der Entscheidung des Senats vom 13. Mai 1953 (II ZR 157/52, BGHZ 10, 44, 49 f.) der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass im Falle einer sogenannten offenen oder qualifizierten Treuhand, gerade bei der treuhänderischen Zusammenfassung zahlreicher Geldgeber, die an der Gesellschaft Beteiligten ihr gesellschafterliches Innenverhältnis so gestalten können, als ob die Treugeber selbst Gesellschafter wären. Durch eine solche Regelung bestehe für die Beteiligten die Möglichkeit, ihre Rechtsbeziehungen untereinander der wirklichen Sachlage anzupassen; in dieser Hinsicht, d. h. bezogen auf die Einbeziehung der Treugeber als Träger der gesellschaftsrechtlichen Befugnisse und Pflichten in das Innenverhältnis als solches, seien sie durch zwingendes Recht nicht eingeschränkt, da die Gestaltung ihrer internen Rechtsbeziehungen unter Beachtung der sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ergebenden Bindungen im Allgemeinen einer freien vertraglichen Vereinbarung zugänglich sei.
Ein solches Vertragsverhältnis mit den Gesellschaftern sei regelmäßig anzunehmen, wenn - wie bei Publikumsgesellschaften häufig - die mittelbare Beteiligung erst noch zu werbender Anleger und damit eine Verzahnung von Gesellschaft und Treuhand im Gesellschaftsvertrag von vornherein vorgesehen ist und im Hinblick darauf bestimmte Rechte und Pflichten der Anleger schon im Gesellschaftsvertrag geregelt sind.

Eine solche Regelung sei rechtlich unbedenklich. Sollen im Einzelfall die Treugeber Rechte ausüben dürfen, die, wie zum Beispiel das Stimmrecht, von der Mitgliedschaft des Treuhänders grundsätzlich nicht abgespalten werden können, sei das ausnahmsweise zulässig, weil dem alle Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag zugestimmt haben. Der Anleger müsse die ihn betreffenden Regelungen des Gesellschaftsvertrages, auf den er bei seinem Beitritt Bezug nimmt, regelmäßig so verstehen, dass die Gesellschafter damit schlüssig den Treuhandgesellschafter, mit dem er unmittelbar abschließt, bevollmächtigt haben, ihn wie einen Gesellschafter in das Gesellschaftsverhältnis (den Gesellschaftsverband) einzubeziehen, soweit seine Rechtsstellung im Gesellschaftsvertrag angesprochen ist.

Aufgrund der vertraglichen Bestimmungen, insbesondere der Verzahnung der Gesellschafts- und Treuhandverträge, habe der Kläger im Innenverhältnis zu den anderen Treugebern, den Kommanditisten, der Komplementärin und den beklagten Fondsgesellschaften eine solche einem unmittelbaren Gesellschafter entsprechende Rechtsstellung erlangt.

Nach dem Inhalt der Gesellschaftsverträge und unter Berücksichtigung der Treuhandverträge handele es sich bei dem Verhältnis zwischen der Gesellschaft und den unmittelbaren Gesellschaftern einerseits und den Treugebern andererseits nicht um einfache zweiseitige Treuhandverhältnisse. Bereits in der Beitrittserklärung bzw. den Anteilsübernahmeerklärungen und dem Zeichnungsschein habe der Kläger erklärt, er beteilige sich bzw. er erwerbe einen Anteil an der jeweiligen Fondsgesellschaft, wobei die Treuhänderin nur als rechtstechnisches Mittel zum Zweck erwähnt wird. Die Beitrittserklärungen des Klägers seien darauf gerichtet, dass seine Stellung in den Gesellschaften sowohl durch die Gesellschaft als auch die Treuhandverträge verbindlich geregelt wird. Die Gesellschaftsverträge bestimmten übereinstimmend, dass im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und der Gesellschafter zu den Treugebern die Treugeber wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter behandelt werden würden und die Regelungen des Gesellschaftsvertrages auch dann für den Treugeber gelten sollen, wenn dort lediglich der "Gesellschafter" genannt sei.
Für jeden Gesellschafter, d. h. danach auch für jeden Treugeber, werde "seine Einlage" auf ein Festgeldkonto gebucht, das den Kapitalanteil "des Gesellschafters" bilde und maßgeblich unter anderem "für alle Gesellschafterrechte" sei. Der Treuhänder solle das Stimmrecht nur aufgrund einer Bevollmächtigung durch den Treugeber ausüben dürfen; er habe ansonsten kein eigenes Stimmrecht. Die gesetzlichen Kontrollrechte (§ 166 HGB) stünden den Kommanditisten/Treugebern in gleichem Umfang selbst zu.

Bei diesen durch den Beitritt bzw. den Anteilserwerb zustande gekommenen Rechtsverhältnissen zwischen dem Kläger und den unmittelbaren Gesellschaftern handele es sich nicht um bloß schuldrechtliche Rechtsbeziehungen, sondern um von gesellschaftsrechtlichen Bindungen überlagerte Vertragsverhältnisse.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-28-1.


 

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Stand: Dezember 2014


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Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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Gericht / Az.: BGH ZR 134/11; BGH ZR 136/11; BGH Urt. 13.05.1953 - II ZR 157/52; BGHZ 10, 44, 49f.
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