Gesellschaftsrecht in der Insolvenz – Teil 46 – Bankrott § 283, § 283a StGB

5.4.2 Bankrott § 283, § 283a StGB

5.4.2.1 Allgemeines

Die Vorschrift des § 283 StGB ist die zentrale Norm der Insolvenzstraftaten und Grundtatbestand für die zahlreichen Abwandlungen in den §§ 283b - 283d StGB.

Die Insolvenzstraftaten im System des § 283 StGB dienen dem Schutz der Insolvenzmasse vor unwirtschaftlicher Verringerung, Verheimlichung oder ungerechter Verteilung. Dadurch sollen Nachteile zu Lasten der Gläubigergesamtheit verhindert und das Interesse der Gläubiger an einer vollständigen bzw. möglichst hohen Befriedigung geschützt werden (Fußnote).

Alle im System des § 283 StGB festgelegten Tathandlungen sind gemäß § 283 Absatz 6 StGB nur strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen an Gläubiger eingestellt hat, das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, oder ein Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

5.4.2.2 Eingriffe in den Bestand der Masse nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4 StGB

Durch die Strafbarkeit der in § 283 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4 StGB festgelegten Tathandlungen, soll die Insolvenzmasse vor Beeinträchtigungen geschützt werden. Bestraft wird daher derjenige, der Vermögenswerte (bewegliche und unbewegliche Gegenstände) der Insolvenzmasse dem Zugriff der Gläubiger entzieht und dadurch die Insolvenzmasse schmälert.

Danach wird betraft, wer

  • Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
  • in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
  • Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
  • Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt.

5.4.2.2.1 Grundtatbestand nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB

Nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB können Gegenstände dem Zugriff der Gläubiger durch „Beiseiteschaffen“, durch Verheimlichung oder durch unzulässiges unbrauchbar machen entzogen werden.

Vermögenswerte werden beiseite geschafft, wenn sie dem Gläubigerzugriff durch einen dinglichen oder tatsächlichen Akt entzogen werden oder der Zugriff darauf erschwert wird (Fußnote). Dies ist bspw. der Fall, wenn

  • Gegenstände an einen anderen Ort gebracht werden, um sie dort zu verstecken
  • wenn Geldtransaktionen auf ein Konto eines Dritten umgeleitet werden
  • bei Zahlung auf Eigenkapital ersetzende Darlehen in der Krise,
  • im Fall des heimlichen Verkaufes oder der Übertragung von Vermögensbestandteilen auf nahe Verwandte oder eigens zu diesem Zwecke gegründete Unternehmen im Eigentum des Täters.

Vermögenswerte werden verheimlicht, wenn sie den Gläubigern oder dem Insolvenzverwalter verschwiegen werden oder wenn die Zugehörigkeit der Vermögenswerte zur Insolvenzmasse verheimlicht wird. Ein Vermögenswert wird bspw. verheimlicht, wenn gegenüber dem Insolvenzverwalter geleugnet wird, dass der Vermögenswert überhaupt besteht bzw. zur Insolvenzmasse gehört. Dabei ist es ausreichend, wenn ein Gläubigerzugriff hinderndes Rechtsverhältnis vorgetäuscht wird. Das Verheimlichen muss nicht erfolgreich sein, eine vorübergehende Unkenntnis ist ausreichend (Fußnote).

Strafbar ist es auch, wenn Vermögensgegenstände unbrauchbar gemacht werden. Gegenstände können unbrauchbar gemacht werden, wenn sie bspw. zerstört, beschädigt oder verändert werden.

Das Beiseiteschaffen, Verheimlichen oder unbrauchbar machen ist nur strafbar, wenn es in einer der ordnungsgemäßen Wirtschaft wiedersprechenden Weise geschieht. Der Begriff ist einzelfallabhängig. Es können jedoch die handelsrechtlichen Anforderungen des ordentlich kaufmännischen Verhaltens herangezogen werden. Damit wären bspw. Austauschgeschäfte mit wertgleichen Vermögensgegenständen, Erfüllung fälliger Verbindlichkeiten oder Entnahmen zur Aufrechterhaltung eines angemessen Lebensunterhalts zulässig. Der ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechen würde es bspw. wenn ein Auto zerstört wird, nur um es dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Gesellschaftsrecht in der Insolvenz“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschafts- sowie Insolvenzrecht und Thomas Dörner, wissenschaftlicher Mitarbeiter, 1. Auflage 2014, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-26-7.


 

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Stand: Dezember 2014


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Über die Autoren:

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Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


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