Fehlerhafte Zinsberechnung von Banken - Teil 06 - Das außerordentliche Kündigungsrecht der Banken sowie ordentliche und außerordentliche Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Igor Ivanov
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


1.7.2. Außerordentliches Kündigungsrecht der Banken

Eine Bank kann nach Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen außerordentlich und fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund gegeben ist. Dies ist der Fall, wenn es der Bank nicht mehr zumutbar ist, das Darlehensverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist aufrechtzuerhalten.

Nach § 490 BGB kann ein Darlehen außerordentlich gekündigt werden, wenn

  • sich die Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers wesentlich verschlechtern

und

  • dadurch die Rückzahlung des Darlehens in Gefahr gerät.

Das gleiche gilt, wenn sich der Wert einer für das Darlehen gestellten Sicherheit wesentlich verschlechtert oder eine solche Verschlechterung einzutreten droht.

Befindet sich der Darlehensnehmer mit der Rückzahlung des Darlehens in Verzug, kann der Darlehensgeber außerordentlich kündigen. Hierfür genügt es, dass sich der Darlehensnehmer mit zwei vollen aufeinander folgenden Raten in Verzug befindet.

Wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer so zerstört ist, dass dem Darlehensgeber die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zumutbar ist, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag aus sonstigen Gründen ausnahmsweise fristlos und außerordentlich kündigen.


1.7.3. Ordentliche Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers

Bei einem Darlehen mit einem gebundenem Sollzinssatz kann der Darlehensnehmer nach § 489 Abs. 1 BGB erst zum Ablauf der Zinsbindung kündigen, wenn noch keine neue Vereinbarung hinsichtlich der Zinsbindung getroffen ist. Bis zum Ablauf der Zinsbindung ist der Darlehensnehmer an den Zinssatz und den Darlehensvertrag gebunden. Kann er kündigen, hat der Darlehensnehmer eine Kündigungsfrist von einem Monat einzuhalten.

Beispiel

A hat im Januar 2000 bei der B-Bank ein Darlehen aufgenommen, dass er spätestens bis Ende Dezember 2004 zurück zu zahlen hat. Es wurde vereinbart, dass bis Dezember 2001 der Zinssatz 5 % beträgt. Danach liegt ein festverzinsliches Darlehen vor, wobei die Zinsbindung bis Ende Dezember 2001 bestehen soll. Eine Vereinbarung über die Höhe der Zinsen von Januar 2002 bis Dezember 2004 fehlt.
A kann den Darlehensvertrag frühestens zum Tag des Ablaufs der Zinsbindung, d.h. zum 31.12.2001 kündigen. Die Kündigungsfrist beträgt einen Monat, so dass A die Kündigung spätestens am 30.11.2001 erklären muss.
Kündigt A den Darlehensvertrag nicht, so gilt für die Zeit ab Januar 2002 der gesetzliche Zinssatz nach § 246 BGB, welcher 4 % beträgt, wenn die Parteien sich nicht vor Ablauf der Zinsbindung auf einen neuen Zinssatz einigen.

Spätestens zehn Jahre nach Empfang des Darlehens kann jedes Darlehen mit gebundenem Zinssatz mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden, selbst, wenn die Zinsbindung noch besteht.

Bei Darlehen mit veränderlichem Sollzinssatz kann der Darlehensnehmer jederzeit ordentlich kündigen. Er muss dabei jedoch eine Kündigungsfrist von drei Monaten einhalten.

Beispiel

Herr M, der einen Solaranlagenbetrieb führt, nimmt bei der B-Bank im Jahr 2010 ein Geschäftsdarlehen über 1 Mio. € auf.
Bezüglich der Zinsen wird im Darlehensvertrag vereinbart, dass die Bank Zinsen in Höhe von 7,5 % erheben darf, wobei der Zins an die wirtschaftlichen Gegebenheiten und die Bonität des Darlehensnehmers angepasst werden soll. Der Zinssatz soll jedoch eine Zinshöhe von 10 % nicht überschreiten.
Einen Monat nach Vertragsschluss verzeichnet die Solarbranche einen deutlichen Rückgang von Aufträgen. Die B-Bank erhöht den Zinssatz auf 8,2 %. Diese Erhöhung ist rechtmäßig, da der Auftragsrückgang in der Solarbranche eine Veränderung ist, die die Bonität des A betrifft. Da hier ein Darlehensvertrag mit einem veränderlichen Zinssatz vorliegt, kann M jedoch nach der Erhöhung das Darlehen mit einer Frist von 3 Monaten kündigen.


1.7.4. Außerordentliche Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers

Gem. § 490 Abs. 2 BGB kann der Darlehensnehmer außerordentlich kündigen, wenn

  • ein festverzinsliches Darlehen besteht und
  • dieses zugleich mit einem Grundpfandrecht (z.B. einer Hypothek oder Grundschuld) gesichert worden ist und
  • das berechtigte Interesse des Darlehensnehmers die Kündigung gebietet und
  • seit dem vollständigen Empfang des Darlehens mindestens 6 Monate vergangen sind.

Der Darlehensnehmer hat darüber hinaus ein außerordentliches Kündigungsrecht gem. § 314 BGB, also wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der das Interesse der Bank am Beibehalten des Darlehensvertrages überwiegt.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Igor Ivanov, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-45-8.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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