Kreditsicherheiten – Teil 02 – Bürgschaftsarten

2.2. Bürgschaftsarten

Es gibt unterschiedliche Arten von Bürgschaften (Kreditsicherungsmittel), die sich nach dem Umfang, dem Haftungszeitraum und der geschuldeten Haftungshöhe unterscheiden.

2.2.1. selbstschuldnerische Bürgschaft

In der Praxis der Banken spielt die sog. selbstschuldnerische Bürgschaft als Kreditsicherungsmittel eine große Rolle. Dabei verzichtet der Bürge auf die Einrede der Vorausklage, d.h. der Gläubiger kann vom Bürgen die Zahlung der geschuldeten Bürgschaftssumme verlangen ohne vorher den Schuldner in Haftung nehmen zu müssen.

Beispiel

Herr Fink möchte sich ein neues Auto kaufen. Er geht zum Autohaus Schnell, sucht sich eins aus und erklärt dem Autohaus, dass er den Kaufpreis nur in Raten bezahlen kann. Das Autohaus Schnell ist mit der Ratenzahlung einverstanden, wenn jemand Drittes für die Verbindlichkeiten bürgt (Personalsicherheit).Der Arbeitskollege von Herrn Fink erklärt sich bereit, zu bürgen und unterschreibt folgende Formulierung: Für den Anspruch des Autohauses Schnell gegen Herrn Fink auf Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 20.000 Euro aus dem Kaufvertrag vom 13.04.2014 über den VW Golf verbürge ich mich selbstschuldnerisch. Wenn Herr Fink den Ratenzahlungen nicht mehr nachkommt, kann das Autohaus Schnell sofort den Arbeitskollegen in Anspruch nehmen, ohne vorher Herrn Fink verklagen zu müssen.

2.2.2. Zeitbürgschaft

Die Verpflichtung des Bürgen, für die Verbindlichkeiten des Schuldners einzustehen, kann sich auf einen bestimmten Zeitraum beschränken. Mit Ablauf des Zeitraums der sog. Zeitbürgschaft (§ 777 BGB) wird der Bürge von den Verpflichtungen frei.

Beispiel

Herr Sommer, der Solaranlagen herstellt, kauft regelmäßig bei Herrn Gustav Maschinen ein, die er zur Herstellung der Solaranlagen benötigt. Herr Gustav hört, dass es der Solarbranche in den nächsten drei Jahren schlecht gehen soll. Er verlangt von dem Schuldner Herrn Sommer eine Sicherheit. Der Investor Herr Bürger ist bereit, diese zu geben und unterschreibt folgende Vereinbarung: „Ich verbürge mich für die Verbindlichkeiten des Herrn Sommer gegenüber Herr Gustav aus den Kaufverträgen über Maschinen für die nächsten drei Jahre.“
Wenn innerhalb der nächsten drei Jahre Herr Sommer die Kaufpreisforderungen des Herrn Gustav nicht mehr bedienen kann, kann dieser den Investor Herrn Bürger auf Zahlung der Kaufpreisforderung in Anspruch nehmen. Nach Ablauf der drei Jahre ist dies allerdings nicht mehr möglich.

2.2.3. Höchstbetragsbürgschaft

Beschränkt sich die Übernahme der Bürgschaft auf einen bestimmten Höchstbetrag, spricht man von Höchstbetragsbürgschaft.

Beispiel

Herr Breit verpflichtet sich, im Sicherungsfalle für eine Summe die den Betrag von 50.000 Euro nicht übersteigt, zu bürgen. Der Gläubiger Günther haftet gegenüber Herrn Breit demnach nur bis zu einer Höhe von 50.000 Euro, selbst wenn die Forderung, die er gegen den Schuldner hat, 80.000 Euro beträgt.

2.2.4. Globalbürgschaft

Verbürgt sich der Bürge für alle bestehenden und künftigen, auch bedingte oder befristete Forderungen des Gläubigers gegen den Hauptschuldner, spricht man von einer Globalbürgschaft.

Eine Globalbürgschaft, bei der sich der Bürge für alle bestehenden, künftigen, bedingten oder befristeten Forderungen des Gläubigers gegen den Hauptschuldner verbürgt, genügt dem Bestimmtheitsgrundsatz, wenn die Haftung ausdrücklich für alle Forderungen übernommen wird. Die Haftung des Bürgen beschränkt sich jedoch auf die Verbindlichkeiten, die den Anlass zur Verbürgung gebildet haben.

Überraschend und nichtig kann eine AGB-Klausel sein, die den Bürgen für einen Kredit in Anspruch nimmt, der aus einem anderen Anlass eingeräumt wird.

Beispiel

Herr Baum verbürgt sich im Januar 2014 gegenüber der Baden Bank für alle bestehenden Forderungen seines Neffen Simon. Herr Simon nimmt im November 2014 ein Darlehen über 500.000 Euro auf. Nachdem er dies nicht zurückzahlen kann, wird Herr Baum von der Bank für die geschuldete Darlehensforderung in Haftung genommen. Hierbei wird die Verpflichtung von Herrn Baum als Bürge unangemessen erweitert, denn künftige Verbindlichkeiten waren nicht Gegenstand des Vertragsverhältnisses. Herr Baum kann nur für die bis zum Januar 2014 bestehenden Forderungen in Anspruch genommen werden.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditsicherheiten“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Daria Lehmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27.


 

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Stand: Januar 2015


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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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