Bankvertragsrecht – Teil 10 – Rechtsgeschäftliche Vertretung: die Vollmacht

2.3.3.2 rechtsgeschäftliche Vertretung: die Vollmacht

Von einer rechtsgeschäftlichen Vertretung spricht man, wenn die Vertretung nicht aufgrund gesetzlicher Vertretungsmacht erfolgt, sondern auf Grundlage einer Vollmacht des Vertretenen. Anders als bei der gesetzlichen Vertretungsmacht hat hier also der Kontoinhaber willkürlich und freiwillig den Vertreter zu Verfügungen über das Konto ermächtigt.

Rechtsgeschäftliche Kontovollmachten sind sowohl bei Privat- als auch bei Firmen- und Geschäftskonten möglich.


Beispiel

Frau Grau bevollmächtigt ihre Schwester Frau Heller zu Verfügungen über ihr Konto, indem sie ihr Kontovollmacht erteilt. Frau Heller kann daher - neben Frau Grau - wirksam über das Kontoguthaben verfügen, also Überweisungen tätigen, Geld abheben etc.


Beispiel

Die Alpha-GbR erteilt, wirksam vertreten durch ihren Gesellschafter A, ihrem leitenden Angestellten Herrn Maier Kontovollmacht bzgl. des Geschäftskontos bei der L-Bank. Herr Maier kann nun - neben den Gesellschaftern - wirksam Verfügungen über das Guthaben treffen.

Die rechtsgeschäftliche Vollmacht entsteht durch einseitige Erklärung des Kontoinhabers und bedarf keiner bestimmten Form. Die Erklärung kann entweder gegenüber dem Kreditinstitut erfolgen (sog. Außenvollmacht) oder gegenüber dem Vertreter (sog. Innenvollmacht). Wird sie nicht direkt gegenüber der Bank erklärt, ist es sinnvoll die Bank nach der Vollmachtserteilung schriftlich oder mündlich über die Vollmacht zu informieren. Andernfalls kann sich der Vertreter durch Vorlage einer schriftlichen Vollmachtsurkunde gegenüber der Bank legitimieren.

Trotz der Möglichkeit einer formlosen Bevollmächtigung, werden in der Praxis häufig vorgedruckte Formulare der Banken benutzt. Das empfiehlt sich, weil dort genaue Regelungen hinsichtlich der Vollmacht und deren Umfang getroffen sind und weil so sichergestellt wird, dass die Bank Kenntnis von der Vollmacht erhält. Darüber wird das Formular oft mit einem Unterschriftsprobeblatt ergänzt.


Beispiel

Die Zelda-GbR besteht aus drei Gesellschaftern, die alle einzelvertretungsbefugt sind. Bei Abschluss des Geschäfts-Kontovertrages hinterlegen die drei Gesellschafter der Zelda-GmbH ein Unterschriftsprobeblatt, auf dem sie alle eine Unterschriftenprobe hinterlassen.
Zwei Monate später kommt Herr Müller zur Bank und will eine Überweisung vom Geschäftskonto der Zelda-GbR tätigen. Herr Müller sagt, er sei durch Gesellschafter A bevollmächtigt und legt eine entsprechende Urkunde vor. Durch Abgleich mit der Unterschrift auf den Unterschriftsprobeblatt kann die Bank nun die Unterschrift abgleichen und erkennen, ob die Vollmacht wirksam erteilt wurde. Durch die Urkunde kann sich also Herr Müller als Bevollmächtigter legitimieren und die Überweisungen vom Geschäftskonto wirksam vornehmen.

Eine rechtsgeschäftliche Vollmacht kann durch den Kontoinhaber jederzeit widerrufen werden. Gemäß Nr. 11 Abs. 1 der AGB-Banken müssen sämtliche Änderungen und insbesondere der Widerruf der Vollmacht sofort gegenüber der Bank mitgeteilt werden. Fehlt eine entsprechende Mitteilung, läuft der Kontoinhaber Gefahr, dass der ehemals Bevollmächtigte kraft fortbestehenden Rechtsscheins der Vollmacht auch nach dem eigentlichen Erlöschen der Vollmacht weiterhin (wirksame) Verfügungen über das Kontoguthaben treffen kann.


Beispiel

Die Delta GbR hat ihrem Angestellten B eine Bankvollmacht für alle Geschäfte mit der S-Bank erteilt, bei der sie ihre beiden Geschäftskonten unterhält. Ein Jahr später entzieht sie B die Vollmacht, weil sich herausstellt, dass B Gelder der GbR veruntreut hat. Gegenüber der Bank wird das Erlöschen der Vollmacht jedoch nicht angezeigt. Kurz nach dem Widerruf der Vollmacht überweist B an einen Bekannten 5.000 EUR von dem Geschäftskonto der GbR.
Die Bank hatte von dem Widerruf der Vollmacht keine Kenntnis und ging berechtigterweise davon aus, dass B weiterhin bevollmächtigt war. Es bestand gewissermaßen der Schein der Bevollmächtigung fort, sog. Rechtsschein. Die Überweisung an den Bekannten von B war deshalb wirksam. Die GbR hat keine Erstattungsansprüche gegen die Bank, sondern muss versuchen das Geld von B oder seinem Bekannten zurück zu bekommen.

Rechtsgeschäftlich erteilte Vollmachten können hinsichtlich ihres Umfanges stark variieren. In Zusammenhang mit Kontoverträgen unterscheidet man hier zwischen Generalvollmacht, Bankvollmacht und Kontovollmacht.

2.3.3.2.1. Generalvollmacht

Bei der Generalvollmacht hat der Bevollmächtigte eine komplette Vertretungsmacht für den Vertretenen, kann also den Vertretenen in allen Belangen gleich welcher Natur wirksam vertreten. Damit sind auch Verfügungen über das Bankkonto erfasst, ebenso wie die inhaltlichen Veränderungen des Kontovertrages.

Beispiel

Die Lose-GmbH erteilt dem langjährigen Angestellten A eine Generalvollmacht. Da A die GmbH daher in allen Belangen vertreten kann, kann er auch wirksam über das Kontoguthaben auf den Geschäftskonten der GmbH verfügen. Er kann sogar den Kontovertrag wirksam kündigen.

2.3.3.2.2. Bankvollmacht

Die Bankvollmacht beschränkt die Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten auf alle Handlungen, die in Zusammenhang mit Geschäften mit einem bestimmten Kreditinstitut stehen und geht daher nicht so weit wie die Generalvollmacht.

2.3.3.2.3. Kontovollmacht

Die Kontovollmacht schließlich gibt nur eine Verfügungsbefugnis hinsichtlich eines bestimmten Kontos. Sie ermächtigt den Bevollmächtigten nicht dazu, inhaltliche Veränderungen des Kontovertrages zu bewirken.

Beispiel

Die Delta GbR hat bei der S-Bank mehrere Konten. Zur Arbeitserleichterung soll dem Angestellten B Vollmacht für die Geschäftskonten erteilt werden. Erteilt die GbR nun B eine Bankvollmacht für die Bankgeschäfte mit der S-Bank, kann B wirksam über das Guthaben auf allen Konten bei der S-Bank verfügen. Außerdem kann er die Kontoverträge inhaltlich verändern. Wird B nur Kontovollmacht bzgl. eines oder mehreren Konten erteilt, kann er nur über das Kontoguthaben auf diesem bestimmten Konto verfügen. Inhaltliche Änderungen bzgl. der Kontoverträge darf er nicht vornehmen.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bankvertragsrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8.


 

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Stand: Dezember 2014


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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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