Bankvertragsrecht – Teil 17 – Fehlerhafte Banküberweisungen und Haftung

3.2.5. Fehlerhafte Banküberweisungen und Haftung

Insbesondere wegen der unterschiedlichen Rechtsbeziehungen der an einem Zahlungsvorgang Beteiligten, ergeben sich bei einer fehlerhaften Überweisung schwierige Fragen bezüglich der Haftung und Rückabwicklung. So stellt sich nicht nur die Frage, welche Auswirkungen die Rückabwicklung auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Zahlenden und dem Empfänger hat, sondern auch wer wessen Anspruchsgegner bei welchem Fehler ist.

In der Rechtsprechung und juristischen Literatur werden hierzu viele verschiedene Lösungen vorgeschlagen. Die Diskussion erfolgt insbesondere vor dem Hintergrund der sog. „Rückabwicklung im Mehrpersonenverhältnis“. Im einfachsten Fall sind an der Rückabwicklung nur zwei Personen beteiligt. Folgt man aber dem Fluss des Geldes sind neben dem Überweisenden und dem Zahlungsempfänger die Zahlungsdienstleister der jeweiligen Personen beteiligt. Somit ergeben sich vier unterschiedliche fehleranfällige Beziehungen.

Die Rückabwicklung kann hierbei in verschiedene Fallgruppen eingeteilt werden.

3.2.5.1. Falsche Angabe der Kontodaten

Gibt der Anweisende bei der Überweisung eine falsche Kontonummer an und wird hierdurch der Betrag dem Konto eines anderen gutgeschrieben, so kann sich der Anweisende nicht darauf berufen, dass sein Zahlungsdienstleister (Bank) einen Fehler gemacht hat. Vielmehr hat er einen gültigen Zahlungsauftrag autorisiert. Daher muss sich der Anweisende nun an denjenigen wenden, der von der Fehlüberweisung profitiert hat. Er trägt insoweit auch das Risiko, dass dieser insolvent oder ggf. den Betrag überhaupt nicht mehr zur Verfügung hat.

Beispiel

Herr Komer muss aufgrund des Ausfalls seiner Buchhalterin die Überweisungen selbst tätigen. Er weist seine B-Bank an,
an Herrn Maier 15.000 € wegen einer Lieferung zu bezahlen. Da er jedoch wegen der zusätzlichen Arbeit sehr im Stress ist, gibt Herr Komer die falsche Kontonummer an. Unter der Kontonummer führt die Bank das Konto des Herrn Müller. Diesem wird das Geld überwiesen. Herr Komer muss nun an Herrn Müller herantreten und von diesem das Geld, notfalls durch Klage, herausverlangen.

3.2.5.2. Fehlen einer Anweisung

Wurde der Zahlungsauftrag wirksam widerrufen oder lag überhaupt keiner vor, und nimmt der Zahlungsdienstleister trotzdem die Überweisung vor, hat derjenige, dessen Konto belastet wird gegen seinen Zahlungsdienstleister einen Anspruch auf Korrektur des Fehlbetrags auf seinem Konto.

Die Bank hingegen muss sich an denjenigen halten, der die Zahlung erhalten hat und trägt damit das Risiko des Zahlungsausfalls.

3.2.5.3. Irrtümliche Zuvielüberweisung

Wird durch den Zahlungsdienstnutzer ein Zahlungsauftrag in einer bestimmten Höhe autorisiert (Überweisung) und überweist der Zahlungsdienstleister (Bank) irrtümlich einen höheren Betrag, ist nach der Rechtsprechung zu beachten, dass der Anweisende zumindest grundsätzlich den Zahlungsvorgang an sich „auf den Weg“ gebracht hat und dass aus Sicht des Empfängers eine Leistung des Zahlenden vorliegt und nicht eine der Bank, die nur als Zahlstelle fungiert. Aus diesem Grund soll in der Regel eine Rückabwicklung in den einzelnen Leistungsverhältnissen stattfinden, sodass der Zahlende einen Rückforderungsanspruch des zu viel geleisteten Betrages gegen den Zahlungsempfänger hat. Solange der Betrag nicht vom Konto des Zahlenden abgebucht ist, hat die Bank gegen den Zahlenden einen Ausgleichsanspruch.

Der Anweisende hat allerdings, sollte sein Konto zu viel belastet worden sein, einen Erstattungsanspruch gegen seine Bank. Macht er diesen geltend, kann die Bank vom Zahlenden die Abtretung seines Rückforderungsanspruchs gegen den Zahlungsempfänger verlangen.

In der Regel hat also die Bank keinen direkten Anspruch gegen den Zahlungsempfänger

Beispiel

Herr Reimer weist seine Bank zur Überweisung von 200 € an Frau Grau an. Versehentlich werden aber 300 € von Herrn Reimers Konto abgebucht und dem Konto von Frau Grau gutgeschrieben. Frau Grau geht davon aus, dass Herr Reimer ihr wohl die 300 € geschuldet hat.
Wegen dem Fehler der Bank kann Herr Reimer von der Bank die 100 €, die zu viel überwiesen wurden, erstattet verlangen.
Weil aus Frau Graus Sicht hier eine Leistung von Herrn Reimer und nicht von der Bank vorliegt, kann die Bank nicht direkt von Frau Grau die 100 € zurück verlangen. Vielmehr hat Herr Reimer einen Anspruch gegen Frau Grau. Diesen kann sich die Bank von Herrn Reimer abtreten lassen.
Anders ist es, wenn aus Sicht des Empfängers die Zuvielzahlung nicht auf Anweisung des Zahlenden hin geschehen ist. Dann liegt nämlich aus Empfängersicht gerade keine Leistung des Zahlenden vor. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Empfänger wusste, dass eine versehentliche Zuvielzahlung erfolgte.

Beispiel

Wenn Frau Grau genau wusste, dass Herr Reimer ihr nur 200 und nicht 300 € schuldete, liegt aus ihrer Sicht gerade keine Leistung von Herrn Reimer vor. Die Bank kann in diesem Fall direkt von Frau Grau die 100 € ersetzt verlangen.

Daher erscheint es sinnvoller, der Bank stets einen Anspruch gegen den Zahlungsempfänger einzuräumen.

Beispiel

Herr Müller möchte Frau Freudig 10.000 € überweisen und erteilt seiner B-Bank einen entsprechenden Zahlungsauftrag. Die B-Bank überweist Frau Freudig jedoch irrtümlich 100.000 € und belastet sodann das Konto des Herrn Müller mit 100.000 €. Herr Müller kann hinsichtlich des fehlerhaft ausgeführten Betrages die Erstattung von seiner Bank verlangen, § 675 y I S. 2 BGB. Die Bank muss sich hinsichtlich des zu viel überwiesenen Geldes an Frau Freudig halten und von ihr Zahlung der 90.000 € verlangen.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bankvertragsrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Dezember 2014


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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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