Kreditsicherheiten – Teil 14 – Widerruf des Bürgen: Zustandekommen des Vertrages und Belehrung über Widerrufsrecht


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Daria Lehmann
wissenschaftliche Mitarbeiterin


2.7.4.3. Zustandekommen des Bürgschaftsvertrages

Der Bürgschaftsvertrag muss außerdem unter bestimmten situativen Umständen geschlossen worden sein, damit ein Widerrufsrecht besteht. Einer der häufigsten Fälle ist der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Vertrag (§§ 356, 312b BGB). Hier wird ein Vertrag bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist. Dem steht es gleich, wenn der Vertrag zwar in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen wird, der Verbraucher jedoch unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume individuell angesprochen wurde. Außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge liegen insbesondere bei den sogenannten Haustürgeschäften vor. Hier wird der Vertrag durch mündliche Verhandlungen am Arbeitsplatz oder im Bereich der Privatwohnung (nicht unbedingt der des Verbrauchers) angebahnt bzw. abgeschlossen, sodass der Verbraucher in besonderem Maße überrumpelt wird. Schließlich muss diese Überrumpelung für den Vertragsschluss ursächlich sein, was anzunehmen ist, wenn der Vertrag ohne die besondere Situation nicht oder nicht in der konkreten Fassung zustande gekommen wäre.

Nach der Rechtsprechung ist es ausreichend, wenn diese Voraussetzungen für die Bürgschaftserklärung vorliegen. Es ist bis jetzt noch nicht erforderlich, dass die Hauptforderung, für die sich der Bürge verbürgt in einer Haustürsituation abgeschlossen wurde.

Beispiel

Unangekündigt sucht ein Bankmitarbeiter Herrn Breit in seiner Wohnung auf und bittet ihn, einen Bürgschaftsvertrag zu unterzeichnen um sich für die Darlehensschuld seines Freundes Herrn Schmidt zu verbürgen.
Herr Breit möchte seinen langjährigen Freund nicht hängen lassen und unterschreibt den Vertrag in seiner Wohnung. Nach einigen Tagen bereut Herr Breit seine voreilige Entscheidung.
Hier liegt ein außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossener Bürgschaftsvertrag vor. Weil Herr Breit aus rein privaten Gründen handelte, ist er als Verbraucher einzuordnen. Der Vertrag wurde auch gegenüber einem Unternehmer (nämlich gegenüber der Bank, vertreten durch den Mitarbeiter) abgeschlossen. Dies gibt Herrn Breit das Recht, sich durch Widerruf von dem Vertrag zu lösen.

2.7.4.4. Belehrung über das Widerrufsrecht

Steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht hinsichtlich seiner Bürgschaftserklärung zu, hängt die Widerrufsfrist davon ab, ob er über sein Widerrufsrecht rechtmäßig belehrt wurde. Ist dies der Fall, muss der Widerruf innerhalb von zwei Wochen nach Abschluss des Bürgschaftsvertrags erfolgen. Für die Einhaltung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung. Bei unwirksamer oder fehlender Widerrufsbelehrung läuft erst gar keine Frist an. Sie beginnt erst, wenn die Belehrung nachgeholt wird.

Beispiel

Wurde Herr Breit bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages innerhalb seiner Wohnung über sein Widerrufsrecht belehrt, hat er 2 Wochen Zeit, sich vom Vertrag zu lösen. Wenn der Vertrag am Mittwoch, den 14.01.2015 abgeschlossen wurde, muss der Widerruf also bis zum 28.01.2015 abgeschickt werden.
Wenn Herr Breit nicht belehrt wurde, beginnt die Frist nicht zu laufen. Bis die Bank die Belehrung nachholt kann Herr Breit also jederzeit seine Bürgschaftserklärung widerrufen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditsicherheiten“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Daria Lehmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

Beispiele aus dem Tätigkeitsbereich von Rechtsanwältin Carola Ritterbach:

  • Beratung und Vertretung von Bankkunden bei allen Fragen hinsichtlich Darlehensverträgen, Kreditsicherheiten, wie beispielsweise Bürgschaften oder Grundschulden und Kapitalanlagen wie z.B. Wertpapiere oder Fonds
  • Durchsetzung von Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüchen bei Bankberatungsfehlern, z.B. beim Abschluss von offenen oder geschlossenen Immobilienfonds, Schiffsfonds, Zinsdifferenzgeschäften, Swapverträgen etc.
  • Beratung bei Fragen zur Anlagevermittlung und Prospekthaftung
  • Rückabwicklung von Bankanlageprodukten, die sich im Nachhinein als Verlust erweisen
  • Abwehr von Ansprüchen aus sittenwidrigen Angehörigen-Bürgschaften oder Darlehensmitübernahmen
  • Abwehr von Forderungen aus unzulässigen Klauseln in Bankverträgen
  • Rückabwicklung unberechtigter Gebührenzahlungen an Banken
  • Widerruf und Rückabwicklung von Immobiliendarlehen aufgrund fehlerhafter Widerrufserklärungen
  • Abwicklung von Leasingverträgen
  • Begleitung bei Sanierungen notleidender Finanzierungen
  • Unterstützung bei allen Fragen rund um das Girokonto, Sparbuch und dem elektronischen Zahlungsverkehr Wahrung des Bankgeheimnisses und Beanspruchung von Bankauskünften
  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
  • Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
  • Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
  • Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
  • Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
  • Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?

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