Der Gesellschaftsvertrag der GmbH – Teil 20 – Gesellschaftsanteile: Einziehung

5.4. Einziehung

Unter gewissen Umständen kann die Einziehung eines Geschäftsanteils notwendig sein. Diese ist nur möglich, wenn sie in der Satzung bestimmt ist, § 34 GmbHG. Im Hinblick auf die Gefährdungen von Rechten und Anteilen durch das Verhalten anderer Gesellschafter sollte die Satzung eine dahingehende Anordnung enthalten. Die Einziehung betrifft nicht nur den Gesellschafter, sondern alle Mitgesellschafter, weil das Kräfteverhältnis innerhalb der GmbH verändert wird.

5.4.1. Gründe

Die Gründe für einen solchen Vorgang können vielfältig sein. In erster Linie kommt eine schwerwiegende Pflichtverletzung eines Gesellschafters in Betracht. Soll der Geschäftsanteil ohne die Zustimmung des Betroffenen eingezogen werden, muss die Satzung dies regeln. Die Regelung muss so formuliert sein, dass sie die Risiken hervorhebt und das Vorliegen eines Einziehungsgrundes gerichtlich überprüfbar macht.

Beispiel:

Gesellschafter A wird am 03.11.2014 wegen Betruges gegenüber einem Geschäftspartner der GmbH zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Die Satzung sieht Folgendes vor:

§ 11 Einziehung von Geschäftsanteilen
Aus nachfolgenden Gründen kann per Gesellschafterbeschluss die Einziehung des Geschäftsanteils eines Gesellschafters bestimmt werden:
a. Der Geschäftsanteil wird von einem Gläubiger gepfändet.
b. Der Gesellschafter wird insolvent.
c. Der Gesellschafter erreicht das Alter von 75 Jahren.
d. Der Gesellschafter legt seine Tätigkeit als Geschäftsführer nieder.
e. Der Gesellschafter tätigt eine geschäftliche Handlung, die die Interessen der Gesellschaft beeinträchtigt.
f. Der Gesellschafter verstößt gegen das Wettbewerbsverbot.

Durch den Betrug hat A die Interessen der Gesellschaft beeinträchtigt. Die übrigen Gesellschafter B, C, D und E beschließen von daher am 15.12.2014 einstimmig, die Einziehung der Geschäftsanteile von A wegen dessen geschäftsschädigender Handlung.

5.4.2. Zustimmung des Betroffenen

Stimmt der betroffene Gesellschafter der Einziehung zu und beschließt die Gesellschafterversammlung diese, ist sie wirksam. Die Satzung kann die Zustimmung eines Dritten fordern, wenn z. B. der Gesellschafter die Einziehung verweigert oder Anteile eingezogen werden sollen, die eine bestimmte Grenze überschreiten.

Beispiel:

In der Satzung der Wein und Käse GmbH ist Folgendes geregelt:

§ 11 Einziehung von Geschäftsanteilen
Erreicht ein Gesellschafter das Alter von 70 Jahren, kann per Gesellschafterbeschluss die Einziehung des Geschäftsanteils des Gesellschafters bestimmt werden. Beträgt der einzuziehende Anteil über 25 % der Geschäftsanteile, muss der externe Berater der GmbH der Einziehung zustimmen.

A hält 30 % der Anteile an der W-GmbH. Am 12.11.2014 feiert er seinen 70. Geburtstag. Die übrigen Gesellschafter beschließen in der darauffolgenden Gesellschafterversammlung einstimmig die Einziehung von As Anteilen. Weil dies mehr als 25 % der Geschäftsanteile sind, muss der externe Berater der W-GmbH der Einziehung zustimmen.


5.4.3. Entbehrlichkeit der Zustimmung

Die Satzung kann regeln, dass eine Einziehung ohne die Zustimmung des Betroffenen erfolgen kann, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Wichtige Gründe können die Insolvenz des Mitgesellschafters oder die Verletzung des Wettbewerbsverbots sein.

Beispiel:

A hat sich des Betruges strafbar gemacht. Die anderen Gesellschafter wollen ihn von der GmbH ausschließen und seine Geschäftsanteile einziehen. In der Satzung ist geregelt:

§ 12 Einziehung
1. Die Gesellschafter können bei Vorliegen eines wichtigen Grundes mit einer Mehrheit von mindestens 51 % der abgegebenen Stimmen die Einziehung des Geschäftsteils eines Mitgesellschafters beschließen. Der betroffene Gesellschafter ist hierbei nicht stimmberechtigt.
2. Wichtige Gründe sind unter anderem die Insolvenz des Mitgesellschafters oder die Verletzung des Wettbewerbsverbots etc.

Aufgrund der strafbaren Handlung des A liegt ein wichtiger Grund für die Einziehung vor. Die Gesellschafterversammlung bestimmt mit einer Mehrheit von 90% die Einziehung.

5.4.4. Kompetenz

Für die Einziehung sollte in der Satzung die Notwendigkeit eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung geregelt werden. Die Entscheidung über sie kann neben der Gesellschafterversammlung einem anderen Organ, wie z.B. dem Geschäftsführer, übertragen werden. Er hat dann dafür Sorge zu tragen, dass tatsächlich ein wichtiger Grund vorliegt.

Beispiel:

In der Zinn und Kupfer GmbH ist satzungsmäßig geregelt, dass die Geschäftsanteile eines Gesellschafters eingezogen werden können, wenn der Gesellschafter eine Straftat begeht. Ebenso ist in der Satzung geregelt, dass diese Entscheidung der Geschäftsführer zu treffen hat.Begeht nun Gesellschafter V eine strafbare Handlung, so muss der Geschäftsführer sich über das strafbare Verhalten vergewissern und die Umstände den anderen Gesellschaftern darlegen. Sodann kann er die Einziehung bestimmen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Gesellschaftsvertrag der GmbH – Die GmbH Satzung in Theorie und Praxis“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Fabian Dietz, Rechtsanwalt, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-40-3.


 

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Stand: Januar 2015


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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

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    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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