17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen – Teil 25 – Geheimnisdiebstahl (Nr. 1 c)

4.5.4.3. Geheimnisdiebstahl (Nr. 1 c)

Eine dritte mögliche Ausspähhandlung beschreibt § 17 Abs. 2 Nr. 1 lit. c) UWG als „die Wegnahme einer Sache, in der das Geheimnis verkörpert ist“.

Nach § 90 BGB bzw. § 242 Abs. 1 StGB ist eine Sache jeder körperliche Gegenstand.

Für diese Alternative der Betriebsspionage ist es irrelevant, in welcher medialen Form das weggenommene Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis verkörpert ist. Der potentielle Täter kann eine Sache wegnehmen, in der das Geheimnis verkörpert ist.

Beispiel:
Der Praktikant der Entwicklungsabteilung eines Kameraherstellers entwendet den Prototyp einer neuen Spiegelreflexkamera, welche ein geheimes Belichtungsverfahren verwendet.

Der Geheimnisdiebstahl kann ferner durch die Wegnahme einer verkörperten Wiedergabe des Geheimnisses erfolgen.

Beispiel:
Der Praktikant der Entwicklungsabteilung eines Linsenherstellers entwendet die geheimen Konstruktionspläne für die neuartige Linse.

Eine Strafbarkeit ist problematisch, wenn das Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis auf mehreren Medien verteilt ist.
In diesen Fällen führt die Wegnahme des einzelnen Mediums unter Umständen nur über Hinweise zum eigentlichen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis. Damit ist der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Nr. 1 lit. c) UWG nicht erfüllt.

Für den Tatbestand des Geheimnisdiebstahls ist es nicht ausreichend, dass die weggenommene Sache ausschließlich zur Aufklärung oder Entzifferung des Geheimnisses dient. Das Geheimnis muss sich in der Sache selbst befinden.

Als weitere Voraussetzung muss der Täter das Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis beim Geheimnisdiebstahl nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 lit. c) UWG weggenommen haben.

Die Wegnahme einer Sache im Sinne des § 17 UWG ist der Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams.

Der Täter muss das Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis an sich bringen und in der Lage sein, dieses selbst zu verwerten oder an Dritte weiterzugeben.

Hatte der Täter bereits Alleingewahrsam über die Verkörperung des Geheimnisses, findet die Tatbestandsalternative des § 17 Abs. 2 Nr. 1 lit. c) UWG keine Anwendung.

Beispiel:
Der Mitarbeiter des Maschinenbauunternehmens nimmt mit Zustimmung seines Arbeitgebers Angebotslisten und Preiskalkulationen auf einem USB Stick mit nach Hause, um von dort aus weiter arbeiten zu können. Später wird das Arbeitsverhältnis aufgelöst. Daraufhin fordert der Arbeitgeber des Mitarbeiters die Rückgabe der Angebotslisten und Kalkulationen. Dieser Aufforderung kommt der Mitarbeiter nicht nach.

Unabhängig von dem Tatbestand des Sichverschaffens (--> 4.5.3.1.), muss im vorgenannten Beispiel für die Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 lit. c) UWG eine Wegnahme erfolgt sein. Der Mitarbeiter war bereits im Gewahrsam des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses zu dem Zeitpunkt, als er die Herausgabe verweigerte. Der Bruch des Gewahrsams erfolgte während seines Beschäftigungsverhältnisses mit Zustimmung seines Arbeitsgebers. Eine Wegnahme liegt somit nicht vor.
Eine Strafbarkeit nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 lit c) kommt daher nicht in Betracht.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“ von Harald Brennecke, auf Vertriebsrecht spezialisierter Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, und Oliver Ahnseel, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-38-0.


 

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Stand: Januar 2015


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Harald Brennecke hat im unter anderem veröffentlicht:

  • "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0.
  • "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
  • "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
  • "Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-08-3
  • "Markenrecht - eine Einführung Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung ", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-22-9

Weitere Veröffentlichungen von Harald Brennecke sind in Vorbereitung, unter anderem zum Thema

  • Recht im Marketing

 Harald Brennecke ist Dozent für Wettbewerbsrecht, Urheberrecht und Lizenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
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Normen: § 17 UWG; § 90 StGB; 242 StGB

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