Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis – Teil 35 – Rücktrittsvorbehalt


Autor(-en):
Michael Kaiser
Rechtsanwalt

Sebastian Galle
wissenschaftlicher Mitarbeiter


4.4.3 Nr. 3 – Rücktrittsvorbehalt in AGB

Nach Nr. 3 sind Rücktrittsvorbehalte, die nicht sachlich gerechtfertigt sind und keines im Vertrag genannten Grundes bedürfen unwirksam, außer bei Dauerschuldverhältnissen.Grundsätzlich ist es erlaubt, per AGB zusätzliche, neben dem Gesetz existierende Rücktrittsgründe vorzubehalten. Diese müssen derartig konkret benannt werden, dass der Vertragspartner erkennen kann, zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Voraussetzungen der Verwender zum Rücktritt berechtigt sein soll.
Zu diesen AGB-Klauseln zählen ebenso Lieferfähigkeitsklauseln („Lieferfähigkeit vorbehalten“) oder Vorratsklauseln („solange der Vorrat reicht“), deren Rechtswirksamkeit streitig ist sowie Teuerungsklauseln („sofern sich der Preis der Vorlieferungen nicht unerwartet steigert“). Bei Teuerungsklauseln ist dahingehend einzuschränken, dass sie unwirksam sind, wenn der Verwender zurücktreten darf, obwohl seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht überschritten wurde. Folglich dürfen marginale Änderungen seiner Einkaufspreise ihn nicht bereits zum Rücktritt berechtigen. Bei Lieferfähigkeits- und Vorratsklauseln gilt, dass sie unwirksam sind, wenn nach dem Fälligkeitszeitpunkt wieder geliefert werden könnte. Gleiches gilt, wenn bereits vorher bekannt ist, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht geliefert werden kann, später die Lieferung wieder möglich ist. So soll dem Verwender der AGB nicht ermöglicht werden, sich leichtfertig vom Vertrag zu lösen, um so eine , von ihm zu vertretende Lieferverzögerung zu vermeiden.Bei zeitweiligen, vorübergehenden Lieferstörungen liegt der sachlich gerechtfertigte Grund eben gerade nicht vor. Hierfür stünden andere Möglichkeiten zur Verfügung, wie die Unterrichtung und Neuverhandlung mit dem Vertragspartner, Deckungsgeschäfte oder Minderung des Kaufpreises.
Diese Mittel sind der „harten“ Lösung vom Vertrag durch Rücktritt vorzuziehen.Unwirksam sind AGB-Klauseln, die diesen ohne Grund gestatten oder unbestimmt sind („aus sachlich gerechtfertigten Grund“).Für den sachlich gerechtfertigten Grund muss das schützenswerte Interesse des AGB-Verwenders am Rücktritt größer sein, als das des Vertragspartners am weiteren Festhalten am Vertrag. Dies gilt umso mehr, je weiter von den Rücktrittsmöglichkeiten des Gesetzes abgewichen wird. Je stärker und überzeugender die objektive Begründung des Rücktritts ausfällt, desto stärker ist deren Indiz für die Rechtswirksamkeit des Rücktritts. Allein subjektive, unlogische und unspezifische Gründe, wie das nicht mehr Wollen des Vertrages genügen nie.
Gründe, die bereits vor Vertragsschluss bekannt waren oder die der Verwender selbst zu verantworten hat, berechtigen nicht zum Rücktritt. Gründe, die in der Verwendersphäre liegen, aber nur vorübergehender Natur sind, wie Streiks, Behinderung durch Behörden, berechtigen ebenfalls nicht dazu. Kurzfristige Störungen sollen grundsätzlich nicht zur Beendigung eines Vertrags führen.
Eine Ausnahme gilt bei Fixgeschäften (§ 376 HGB, § 323 II, Nr. 2 BGB). Trifft die kurzfristige Störung den Fälligkeitszeitraum, so berechtigt dies zum Rücktritt.
Zur Beschreibung der Rücktrittsgründe sind Unmöglichkeit, Pflichtverletzung und höhere Gewalt erlaubt und stellen – je nach Grad ihres Vorliegens – einen Rücktrittsgrund dar. Falschangaben des Vertragspartners zu seiner Kreditwürdigkeit sind als ein solcher Grund für den Verwender anerkannt.
Im unternehmerischen Verkehr liegt Indizwirkung vor. Hier müssen Rücktrittsgründe sachlich gerechtfertigt sein. Die geläufigsten Klauseln sind (teilweise eingeschränkt) für gültig befunden worden. Die Gründe sind nicht derartig detailliert wie im Verbrauchergeschäft zu benennen, so reicht der bloße Lieferungsvorbehalt beispielsweise aus (Fußnote).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis“ von Michael Kaiser, auf AGB-Recht spezialisierter Rechtsanwalt, und Sebastian Galle, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-36-6.


 

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Stand: Dezember 2014


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Über die Autoren:

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Portrait Michael-Kaiser

Michael Kaiser entwirft, prüft und überarbeitet seit vielen Jahren Allgemeine Geschäftsbedingungen für mittelständische Unternehmen.
Er bearbeitet klassische AGB wie Fernabsatzvereinbarungen, Widerrufsbelehrungen, Einkaufsbedingungen, Bestellbedingungen, Lieferbedingungen oder Datenschutzvereinbarungen. Daneben prüft er die AGB-Rechts-Konformität von Verträgen, die zu mehrfacher Benutzung bestimmt sind und damit bereits AGB darstellen, wie z.B. Rahmenverträge, Kooperationsverträge, Mietverträge oder Kaufverträge.

Michael Kaiser hat im AGB-Recht veröffentlicht:

  • Einführung ins Recht der AGB – Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis, 2014, Michael Kaiser und Sebastian Galle, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-36-6

  • AGB-Recht – eine Einführung in das Recht der AGB; Anwendung und Fallen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-36-6

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist Dozent für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

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  • AGB und ihre Anwendung – Mitarbeiterschulung; Fallen in der Praxis
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen im Onlinehandel und Fernabsatz
  • Widerrufsbedingungen im Fernabsatz: Gestaltung und Anwendung
  • Haftungsbegrenzung in AGB: Gestaltungsmöglichkeiten und Grenzen

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