Der Bebauungsplan – Teil 36 – Bauweise, Einschränkungs- und Gliederungsmöglichkeiten, Änderungen des Bebauungsplanes


Autor(-en):
Pascal Bothe
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


9.3 Die Bauweise und die überbaubaren Grundstücksflächen

Die Bauweise regelt das Verhältnis eines Gebäudes zu den seitlichen Grundstücksgrenzen.Man unterscheidet die offene und die geschlossene Bauweise.

Im vorliegenden Beispiel ist das Baugebiet mit dem Kennzeichen „o“ versehen, was die offene Bauweise vorschreibt. Die offene Bauweise lässt folgende Möglichkeiten zu:

Bei der offenen Bauweise werden folgende Hausformen unterschieden:

Einzelhaus:
Ein an allen Seiten freistehender Baukörper mit Abstand zu den seitlichen und rückwärtigen Grundstücksgrenzen. Es kann sich dabei beispielsweise um ein Einfamilienwohnhaus, ein Mietshaus oder einen Gebäudekomplex handeln. Ausschlaggebend für die Zuordnung ist, dass das Gebäude sich auf einem einzigen Grundstück befindet.

Doppelhaus:
Zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken werden durch Aneinanderbauen an derngemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt. Die beiden Häuser werden dabei baulich aufeinander abgestimmt.

Hausgruppe:
Aus mindestens drei aneinandergebauten Häusern (Reihenhäusern) bestehend, die sich jeweils auf eigenen Grundstücken befinden. Die Hausgruppe muss als Ganzes an den Kopfenden einen Abstand zu den Nachbargrenzen einhalten.

Alle drei Hausformen dürfen jeweils eine Gesamtlänge von 50 Metern nicht überschreiten.

Textbild

Abbildung 14 - Zulässigkeit am Beispiel

Die geschlossene Bauweise hingegen bedeutet, dass die Baugrundstücke zwischen den seitlichen Grenzen in voller Breite überbaut werden. Dabei ist eine Durchfahrt durch das Gebäude zu dem rückwärtigen Grundstücksteil erforderlich, wenn dort Gebäude oder Einstellplätze vorgesehen sind. Bebauungsformen in geschlossener Bauweise sind z. B. die Blockbebauung oder entlang der Straße errichtete Reihenhäuser.
Vorteil: die Bebauung ist kompakter und flächeneffektiver. Ebenso werden nicht so große Grundstückflächen benötigt.

Letztlich gilt es zu betrachten, was die GRZ = „Grundflächenzahl“ aussagt.Im Beispiel ist die Zahl 0,3 vorgegeben (siehe roter Pfeil am Bild auf der vorherigen Seite).

Sie legt das Maß der maximal überbaubaren Fläche fest. Bei einem Grundstück mit 1000 m² Grundfläche und einer GRZ von 0,3 dürfen also maximal 1000m² x 0,3 = 300m² Grund überbaut werden.

Festhalten lässt sich für unser gezeigtes Beispiel daher folgendes:

Wir befinden uns in einem allgemeinen Wohngebiet. Zulässig ist eine Einzelhausbebauung in offener Bauweise, das vorrangig dem Wohnen. Denkbar sind Ausnahmen, sofern die Bebauung kirchlichen, sozialen, mildtätigen Zwecken dient. Dabei darf dieses max. über ein Vollgeschoss verfügen, wobei das Vollgeschoss max. eine Fläche von 300m2 haben darf Insgesamt darf eine Fläche von max. 300 m2 überbaut werden.

9.4 Einschränkungs- und Gliederungsmöglichkeiten

Nicht immer wollen Bauherren nur ein Gebäude errichten, um darin wohnen zu können – und nicht immer ist die gewünschte Nutzung für die Gemeinde und deren Bewohner unproblematisch:

Wie bereits dargestellt, dienen die meisten Gebietstypen von ihrer grundsätzlichen Zweckbestimmung her jedenfalls auch dem Wohnen, es gibt aber auch durchaus Ausnahmen. So ist z. B. in Gewerbe- und Industriegebieten die Wohnnutzung nach der Grundidee der BauNVO nur ausnahmsweise in bestimmten Fällen zulässig. Nach der Baunutzungsverordnung sind Kommunen aber berechtigt, solche Ausnahmen auszuschließen, oder allgemein zuzulassen. Gemeinden nutzen dies vorrangig, um Vorhaben nur in bestimmten Bereichen des Gebietes zuzulassen, die in einigen Bereichen unerwünscht sind. Dazu zählen vor allem SB-Märkte, soweit dort schon in großer Anzahl vorhanden, Diskotheken, Spielhallen. Damit hat die Gemeinde ebenso die Möglichkeit über das Baurecht im Rahmen des Jugendschutzes (Schutz vor Spielwahn etc.) zu steuern. Aber auch ein aktiver Eingriff in die kommunale Wirtschaft ist gegeben, wenn Handel in bestimmten Stadtteilen die Ansiedlung versagt wird. Geschützt wird damit das bestehende Angebot zu Lasten neuer Planungen. Mit diesem Instrument ist daher vorsichtig umzugehen, zumal seine Anwendung immer latent durch Art. 14 GG grundrechtlich geschützte Positionen berühren kann, da das Eigentum, beispielsweise in der Gestalt des „eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs“ betroffen sein kann. Zwar liegen die Entscheidungen in der Hoheit der zuständigen Gemeindeverwaltung, werden aber denkbar oft Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen.

9.5. Änderungen des Bebauungsplanes

„Nichts ist so beständig wie die Änderung.“

Das gilt auch für die Bauplanung. Denn oftmals wurden B-Pläne vor Jahrzehnten aufgestellt, können aber heutige Ansprüche nicht mehr erfüllen. Dann ist eine Änderung des Bebauungsplanes durchaus üblich.

Wir bleiben in Goslar, genauer gesagt im Stadtteil Sudmerberg. Entwickelt wurde dieser Stadtteil in den 1930er-Jahren. Vorrangig zu finden sind dort Einfamilien-Reihenhäusern mit recht kleinen Grundstücken. Angelegt als Stadtteil für Familien mit Kindern, gehörte auch die Anlage von mehreren Spielplätzen dazu. Doch der demografische Wandel greift auch in die Bauplanung ein: weil immer weniger Kinder im Stadtteil leben, entschied sich die Stadt, den Spielplatz rückzubauen. Im Flächennutzungsplan, sowie im Bebauungsplan war diese Fläche im Stadtteil als Spielplatz gekennzeichnet. Nun war die Verwaltung bestrebt die Nutzung umzuwidmen. Ein Investor trat mit dem Wunsch an die Stadt Goslar heran, dort 14 Garagen bauen zu dürfen. Dies bedarf einer grundlegenden Änderung des Bebauungsplanes. In der Begründung für den Rat der Stadt Goslar wurde das Vorhaben wie folgt dargestellt:

Es handelt sich um einen ehemaligen Spielplatz. Er befindet sich im Eigentum der Stadt. Ein Interessent möchte die Fläche des zurückgebauten Gerätespielplatzes (ca. 625 m²) kaufen, um dort 14 Garagen zu bauen. Die vorhandene Umpflanzung aus Sträuchern und Bäumen bleibt erhalten. Auch der angrenzende Bolzplatz bleibt weiterhin erhalten, da er von Jugendlichen nach wie vor genutzt wird.
Um eine Bebauung der ehemaligen Spielplatzfläche mit Garagen vornehmen zu können, ist eine Änderung des bestehenden Bebauungsplanes Nr. Nr. 45 A "Ginsterbusch" vom 30.5.2002 notwendig. Der bestehende Bebauungsplan setzt die ehemalige Spielplatzfläche als "öffentliche Grünfläche, Spielplatz" fest.Ziel der Bebauungsplanänderung ist eine Bebauung mit 14 Garagen zu ermöglichen.
Konkret muss dazu auf der Fläche des ehemaligen Spielplatzes eine "Fläche für Garagen" festgesetzt werden. Der geplante Garagenhof soll zur Straße "Ginsterbusch" mit einer ca. 1,5m hohen Hainbuchenhecke abgeschirmt werden, sodass dieser optisch besser in das Straßenbild eingefügt wird. Der Flächennutzungsplan stellt das Grundstück als "Spielplatz" innerhalb einer "Grünfläche" dar. Die Darstellungen des Flächennutzungsplanes werden gem. § 13a (2) Nr. 2 BauGB dem zu ändernden Bebauungsplan angepasst.
Ein anderer, weiterer Garagenstandort innerhalb der Grünanlage entlang der Straße wurde abgelehnt, da es sich dort um eine stadtgestalterische Rasenfläche handelt und eine weitere Konzentration von Garagenhöfen auch aus städtebaulichen Gründen (Stadtbild) nicht vertretbar ist.

Es wird das "beschleunigte Verfahren" nach §13a BauGB durchgeführt, da alle Kriterien erfüllt werden. Eingriffe, die Aufgrund der Aufstellung des Bebauungsplanes zu erwarten sind, gelten als erfolgt oder zulässig (s. § 13a (2) Nr. 4 BauGB).

Deutlich wird hier nicht nur die Abwägung, die vorgenommen wurde ob weitere Garagen zulässig sind und überhaupt gebraucht werden, sondern auch die Berücksichtigung von Landschafts- und Umweltschutzbelangen wird deutlich.

Hier: Bebauungsplan in geänderter Fassung. Sichtbar im Hintergrund einige Grundstücke kleinerer Reihenhäuser.

Textbild

Abbildung 15 - Geplanter Garagenhof in Goslar-Sudmerberg


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Bebauungsplan Einführung in das Bauplanungsrecht“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Pascal Bothe LL.B.,wissenschaftlicher Mitarbeiter.


 

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Pascal Bothe
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Stand: Januar 2015


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