17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen – Teil 28 – Vortat der Geheimniserlangung: Mitteilung

5.5.2. Vortat der Geheimniserlangung

Die erste Voraussetzung für den Straftatbestand der Geheimnishehlerei ist eine Handlung, durch die der Täter das Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis erlangt hat.

Konkret nennt § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG drei Alternativen, durch welche eine Geheimniserlangung als Vortat erfolgen kann:

  • die Mitteilung eines Beschäftigten 5.5.2.1.
  • eigene oder fremde Handlung 5.5.2.2.
  • sonstiges Verschaffen oder Sichern 5.5.2.3.

Für die Geheimniserlangung ist es ausreichend, wenn eine der drei Alternativen erfüllt ist.

Bei der Aufzählung der drei Möglichen Tatbestandsalternativen der Geheimniserlangung als Vortat handelt es sich um eine abschließende Aufzählung.

5.5.2.1. 1. Alternative der Vortat - Mitteilung

Bei der ersten Variante der Geheimniserlangung hat der Täter der Geheimnishehlerei das Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis durch einen Geheimnisverrat nach § 17 Abs. 1 UWG als Mitteilungsempfänger erlangt.

Wortlaut des § 17 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. UWG: [...] ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das er durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Mitteilungen [...] erlangt oder [...]

Für den Tatbestand der Geheimnishehlerei muss der Täter demnach durch eine Mitteilung nach § 17 Abs.1 UWG von dem Geheimnis Kenntnis erlangt haben.

Ein Täter hat ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zu dem Zeitpunkt erlangt, an dem er durch die Mitteilung die Verfügungsgewalt über das Geheimnis bekommen hat. Erlangt hat der Täter das Geheimnis auch dann, wenn er dessen Inhalt nicht detailliert kennt. Ein inhaltliches Verständnis der geheimen Informationen ist für das Erlangen nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG nicht notwendig.

Beispiel:
Der Inhaber eines Softwareunternehmens I erhält von einem Bekannten B, der Mitarbeiter eines Pharmaunternehmens ist, die Auswertung über die chemische Zusammensetzung eines neuen
Medikaments. B hat diese geheimen Informationen aus Frust gegen seinen Arbeitgeber entwendet und dem seiner Meinung nach geschäftstüchtigen I gegeben. Auch wenn dieser die Auswertung nicht inhaltlich versteht, hofft er dennoch die Informationen an ein anderes Pharmaunternehmen gewinnbringend verkaufen zu können.

War das Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis in einem Gegenstand oder einer Sache verkörpert, so erlangt der Täter dieses, sobald er die Sache in seinem Gewahrsam genommen hat. Das Geheimnis muss dem Täter in allen Fällen so zugänglich sein, dass dieser jederzeit in der Lage ist, es selbst zu verwerten oder inhaltlich weiterzugeben.

Das Merkmal des Erlangens gleicht dem Tatbestandsmerkmal des Sichverschaffens der Betriebsspionage (? 4.5.3.1.) Im Unterschied zum Sichverschaffen, setzt das Erlangen eines Geheimnisses jedoch keine aktive Tätigkeit voraus.

In der ersten Alternative der Geheimniserlangung müssen demnach zwei Personen zusammenwirken (sonst siehe ?5.5.2.2.). Im ersten Schritt begeht ein Beschäftigter eines Unternehmens als Vortäter den Tatbestand des Geheimnisverrats nach § 17 Abs. 1 UWG. Das Geheimnis wird dann im darauffolgenden Schritt durch die zweite Person verwertet. Der Geheimnisverrat und die anschließende Verwertung müssen zwingend durch verschiedene Personen erfolgen. Eine Personengleichheit ist in der ersten Alternative der Geheimniserlang nicht zulässig.

Der Täter muss das Geheimnis von einem Beschäftigten erlangt haben, der durch Mitteilung des
Geheimnisses den Tatbestand des Geheimnisverrates begangen hat.

Der Geheimnisverrat als Vortat muss ursächlich für die Handlung der anschließenden Verwertung sein. Es muss ein konkreter Zusammenhang zwischen beiden Taten erkennbar sein.

Das Geheimnis muss dem Täter nicht unmittelbar durch den Beschäftigen selbst mitgeteilt worden sein.
Die Geheimniserlangung kann durch einen Mittelsmann erfolgen. Dieser macht sich als erstes Glied in der Kette je nach Ausführung der Tat, des Geheimnisverrats nach § 17 Abs.1 UWG strafbar. Ist der Mittelsmann dagegen nur Bote und hat keine Kenntnis vom Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, schadet seine Einschaltung nicht. Als Täter der Geheimnishehlerei kommt dann ausschließlich der Mitteilungsempfänger in Betracht.

Die einzige Voraussetzung ist, dass der Täter zum Zeitpunkt der Verwertung oder Weitergabe des Geheimnisses, weiß oder wenigstens erahnt, dass der Vortäter den Geheimnisverrat nach § 17 Abs. 1 UWG begangen hat.

Es macht keinen Unterschied, ob der Vortäter den Geheimnisverrat auf eigene Initiative begangen hat oder durch Dritte angestiftet wurde. Beide Vorgehensweisen erfüllen den Tatbestand des Geheimnisverrates und genügen für die erste Alternative der Geheimnishehlerei als Vortat.

Der Vortäter muss sowohl die objektiven als auch subjektiven Tatbestandsmerkmale des Geheimnisverrates nach § 17 Abs. 1 UWG (? 3.4.) in vollem Umfang erfüllt haben.

Hat der Täter dagegen das Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis anderweitig als durch den Geheimnisverrat nach § 17 Abs. 1 UWG erlangt, ist die erste Alternative der Vortat nicht erfüllt.

Beispiel:
Jemand öffnet versehentlich einen falsch adressierten Brief, der geheime Baupläne einer neuen Maschine enthält und verwertet diese.

Gleiches gilt für den befugten Kenntniserwerb des Geheimnisses durch den Täter des Geheimnisverrats.

Die Verwertung des Geheimnisses kann in diesen Fällen nicht durch den Tatbestand der Geheimnishehlerei nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG bestraft werden.

Eine Strafbarkeit derartiger Handlungen der Geheimnisverwertung erfolgt im Rahmen der dritten Alternative möglicher Vortaten. ( 5.5.2.3.)

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“ von Harald Brennecke, auf Vertriebsrecht spezialisierter Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, und Oliver Ahnseel, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-38-0.


 

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Stand: Januar 2015


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Harald Brennecke hat im unter anderem veröffentlicht:

  • "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0.
  • "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
  • "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
  • "Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-08-3
  • "Markenrecht - eine Einführung Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung ", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-22-9

Weitere Veröffentlichungen von Harald Brennecke sind in Vorbereitung, unter anderem zum Thema

  • Recht im Marketing

 Harald Brennecke ist Dozent für Wettbewerbsrecht, Urheberrecht und Lizenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

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