Der Gesellschaftsvertrag der GmbH – Teil 32 – Gesellschafterversammlung: Teilnahmerechte, Protokollierung, Vorsitz, Aufgaben

2.3. Teilnahmerechte

Aufgrund der Willensbildung der GmbH durch die Gesellschafterversammlung ist es wichtig, in der Satzung zu regeln, wer neben den Gesellschaftern teilnehmen, sich aktiv durch Wortmeldungen beteiligen und Anträge stellen darf.

Nach dem Sinn und Zweck der Gesellschafterversammlung zur Willensbildung der GmbH soll eine Teilnahme externer Personen wie Beratern grundsätzlich ausgeschlossen sein. Die Satzung kann Ausnahmen zulassen. Dies macht zum Beispiel dann Sinn, wenn die Gesellschafter geschäftsunerfahren sind, wenn sie weit reichende Entscheidungen treffen müssen und ihnen jegliche Sachkunde fehlt.

Beispiel:

Die Freunde E, F und G wollen im Bereich der Solarenergie ein Startup-Unternehmen in Form einer GmbH gründen. Das Geschäftsfeld der GmbH soll die Entwicklung und der Verkauf von Solaranlagen sein. Die drei Gesellschafter sind noch sehr jung und im Bereich der Solarenergie unerfahren. Sie beschließen daher, Berater an den Gesellschafterversammlungen teilnehmen zu lassen, die sie unterstützen sollen. Dementsprechend treffen E, F und G in Ihrer Gesellschaftssatzung folgende Regelung:

§ 14 Teilnahmerecht von Beratern an Gesellschafterversammlungen
1. Der Geschäftsführer hat in der Ladung anzufragen, ob ein Gesellschafter einen Berater hinzuziehen möchte. Der Gesellschafter muss innerhalb einer Frist von einer Woche antworten und mitteilen, aus welchen Gründen er den Berater hinzuziehen möchte.
2. Zieht ein Gesellschafter einen Berater zu der Gesellschafterversammlung hinzu, eröffnet der Geschäftsführer dies den anderen Gesellschaftern bei Eröffnung der Versammlung.
3. Der Berater kann das Stimmrecht für den von ihm vertretenen Gesellschafter ausüben.
4. Die Gesellschafter können das Teilnahmerecht eines Beraters durch Mehrheitsbeschluss ablehnen bzw. das Stimmrecht des Beraters auf bestimmte Beschlüsse begrenzen.

2.4. Protokollierung

Von jeder Gesellschafterversammlung sollte ein Protokoll erstellt werden. Es ist sinnvoll, in der Satzung die Inhalte für das Protokoll festzulegen. Zum unabdingbaren Inhalt kann zum Beispiel gemacht werden:

  • Feststellung, dass ordnungsgemäß einberufen wurde
  • Teilnehmerverzeichnis
  • Ort und Datum der Versammlung
  • Nennung des Versammlungsleiters und Protokollführers
  • Feststellung der Tagesordnung
  • Abstimmungsart und Abstimmungsverfahren
  • Gefasste Beschlüsse und deren Inhalt, Ergebnisse mit Stimmangabe
  • Widerspruch von Gesellschaftern
  • Darstellung der Redebeiträge
  • Bestellung von Vertretern und Bevollmächtigten

Die Satzung sollte weiter regeln, dass das Protokoll aufgezeichnet und den Gesellschaftern innerhalb einer bestimmten Frist zur Verfügung gestellt wird. Gemäß § 51 a GmbHG haben die Gesellschafter ohne eine satzungsmäßige Regelung ein Auskunftsrecht über die Angelegenheiten der Gesellschaft. Dies ist alles, was mit der Geschäftsführung, den wirtschaftlichen Verhältnissen, den Beziehungen zu Dritten wie z. B. Behörden zusammenhängt.


2.5. Vorsitz

Liegt keine Regelung über den Vorsitz der Gesellschafterversammlung vor, entscheidet die Gesellschafterversammlung am Anfang über den Vorsitz. Mangelt es an einer Satzungsregelung kann es von daher schon vor der eigentlichen Versammlung zu Streitigkeiten kommen. Es empfiehlt sich, den Vorsitz in der Satzung zu regeln.

Beispiel:

In der Beta-GmbH ist in der Satzung nicht geregelt, wer den Vorsitz der Gesellschafterversammlung führen soll. Vor jeder Versammlung ist daher eine kurze Abstimmung darüber durchzuführen, wer den Vorsitz führt.
Im Laufe der Zeit kommt es zu Problemen und Unstimmigkeiten unter den Gesellschaftern. Vor jeder Gesellschafterversammlung kommt es nun zu erheblichen Komplikationen, weil es - noch ehe die Versammlung überhaupt richtig beginnt und abgehalten wird - Diskussionen und Uneinigkeiten darüber gibt, wer den Vorsitz der Versammlung führen soll. Dadurch verzögert sich der Entscheidungsprozess in den Versammlungen erheblich. Die GmbH sollte daher die Satzung ändern und einen Vorsitzenden für die Gesellschafterversammlungen bestimmen. Gesellschafter A lässt dies auf die Tagesordnung der nächsten Gesellschafterversammlung setzen. Die Gesellschafter beschließen eine Satzungsänderung wie folgt:

§ 13 Gesellschafterversammlung
III. Vorsitz
Den Vorsitz der Gesellschafterversammlung übernehmen die Gesellschafter im Wechsel. Der Wechselturnus beginnt mit dem Gesellschafter, der die meisten Gesellschaftsanteile hält und endet mit dem, der die wenigsten hält. Halten zwei Gesellschafter gleich viele Anteile, entscheidet das Los. Hierzu wird von dem Gesellschafter, der den Vorsitz der letzten Gesellschafterversammlung innehatte, eine Münze geworfen.


2.6. Aufgaben der Gesellschafterversammlung

Die Aufgaben der Gesellschafterversammlung ergeben sich aus der Satzung. Diese bestimmt, über welche Themen und wie die Versammlung abzustimmen hat. § 46 GmbHG nennt u.a.:

  • Feststellung des Jahresabschlusses
  • Rückzahlung von Nachschüssen
  • Teilung und Einziehung von Geschäftsanteilen
  • Bestellung, Abberufung von Geschäftsführern
  • Geltendmachung von Ersatzansprüchen der GmbH gegen Geschäftsführer

Diese Aufgaben sind dispositiv und können einem anderen Organ oder einem Dritten übertragen werden. Zwingend hat die Gesellschafterversammlung über Satzungsänderungen, die Nachschusspflicht und die Auflösung der GmbH zu bestimmen.

2.7. Außerordentliche Versammlung

Unter gewissen Umständen, z.B. in Krisenzeiten der GmbH ist die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung notwendig. Der Geschäftsführer muss unverzüglich eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen, wenn er Kenntnis davon hat, dass die Hälfte des eingetragenen Stammkapitals verloren ist, § 49 Abs. 3 GmbHG. Dies ist erforderlich, um frühzeitige Sanierungsbemühungen zu unternehmen. Diese Pflicht kann durch die Satzung nicht ausgeschlossen werden.

Der Geschäftsführer hat Sorge dafür zu tragen, dass die Gesellschafterversammlung beschlussfähig ist. Dies ist sie, wenn alle Gesellschafter anwesend sind. Sind nicht alle Gesellschafter anwesend, ist die Gesellschafterversammlung beschlussfähig, wenn alle Gesellschafter ordnungsgemäß geladen wurden. Aus der Ladung muss sich für die Gesellschafter ergeben, aus welchem Grund die außerordentliche Versammlung stattfinden soll, d.h. die Tagesordnungspunkte sollten in der Ladung angegeben werden.

Eine ordnungsgemäße Ladung kann wie folgt aussehen:

Karlsruhe, 20.03.2013

Sehr geehrter Herr Müller,

gemäß § 49 Abs. 3 GmbHG bin ich als Geschäftsführer der A-GmbH dazu verpflichtet, Sie als Gesellschafter förmlich davon zu unterrichten, dass ich unverzüglich eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufe.
Dies ist erforderlich, da sich die A-GmbH laut der mir vorliegenden Unterlagen in einer Unternehmenskrise befindet.Zu Ihrer Information habe ich alle erforderlichen Anlagen zur Liquidität der GmbH als Anlage beigefügt.
Um zu einer Sanierung gelangen zu können, benötige ich das Mitwirken von Ihnen als Gesellschafter und lade Sie somit zu der außerordentlichen Gesellschafterversammlung für den 14.04.2013 um 9.00 Uhr im Saal 1 in den Geschäftsräumen der GmbH ein.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Gesellschaftsvertrag der GmbH – Die GmbH Satzung in Theorie und Praxis“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Fabian Dietz, Rechtsanwalt, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-40-3.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

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  • Wahl des Firmennamens
  • Gesellschaftsgründungen:
    z.B. Beratung zu Gesellschaftskonzepten, Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, Geschäftsführerverträgen, Handelsregisteranmeldungen, Vorbereitung und Begleitung  bei Notarterminen 
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  • Liquidation von Gesellschaften
  • Firmenkäufen
  • Due Diligence
  • Geschäftsführerverträgen
  • Sanierung, Insolvenzvermeidung und Insolvenzbegleitung:
    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Normen: § 49 GmbHG

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