40 Jahre Betriebsrentengesetz – betriebliche Altersversorgung – Teil 16 – Ruhegeldanspruch: Arbeitsverhältnis, Versetzung in den Ruhestand, Wartezeit



Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


5. Kapitel Ruhegeldanspruch

Ob und wie ein Versorgungsanspruch entsteht, richtet sich allein nach dem Inhalt der jeweiligen Versorgungsordnung beziehungsweise deren Zusage. Im Allgemeinen wird der Anspruch an bestimmte Bedingungen geknüpft. So wird an das Bestehen des Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Versorgungsfalles festgehalten; der Arbeitnehmer muss in den Ruhestand versetzt werden; er muss eine gewisse Wartezeit zurückgelegt haben; eine vorgegebene Altersgrenze erreicht haben und er muss dienst-, arbeits-, erwerbs- oder berufsunfähig bzw. vermindert erwerbsfähig sein.

5.1. Arbeitsverhältnis

5.1.1. Allgemeines

Der erste Anknüpfungspunkt ist hier das bestehende Arbeitsverhältnis, das in der Regel nur besteht, wenn von dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis bei Eintritt des Versorgungsfalles noch besteht. Dieser Grundsatz wird bei einem langjährigen Arbeitsverhältnis durch die Unverfallbarkeit der Anwartschaften aufgefangen, sodass in einem solchen Fall der Arbeitnehmer einen berechtigten und durchsetzbaren Anspruch auf die Zusage hat.

5.1.2. Teilzeitbeschäftigte

Die wohl am strittigste Frage ist, ob und in welchem Umfang ein Teilzeitbeschäftigter einen Anspruch auf Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung begründen kann. Hierbei ist zu beachten, das Teilzeitbeschäftigte nicht schlechter als Vollzeitbeschäftigte behandelt werden dürfen; nur bei Gesamtversorgungszusagen sind Ausnahmen zu Lasten geringfügig Beschäftigter, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei sind, gerechtfertigt.

Der Europäische Gerichtshof hatte in einer jüngeren Entscheidung darüber zu entscheiden, ob ein Teilzeitrichter ein Anspruch auf Zugang zu einem Altersversorgungssystem hat oder ob er wirksam davon ausgeschlossen werden kann. Das Gericht kam zu der Auffassung, dass ein Teilzeitrichter einen Anspruch auf Zusage zu einem Versorgungssystem hat, da es bei der Beurteilung des Ausschlusses vielmehr darauf ankommt, dass sowohl Voll- sowie Teilzeitrichter im Wesentlichen dieselbe Tätigkeit ausüben. Allerdings hat es dem nationalen Recht freigestellt, dass zu den Voraussetzungen für den Zugangs zum Altersversorgungssystem nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeitrichtern unterscheiden darf, es sei denn, dass objektive Gründe eine solche unterschiedliche Behandlung rechtfertigen, was zu beurteilen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

Auch das Bundesarbeitsgericht hat in einer jüngeren Entscheidung darüber zu entscheiden gehabt, ob ein Ausschluss eines Teilzeitbeschäftigten von Leistungen einer betrieblichen Altersversorgung möglich ist. So heißt es in nunmehr ständiger Rechtsprechung:

„Selbst wenn eine Benachteiligung Teilzeitbeschäftigter deshalb vorliegen sollte, weil bei Teilzeitbeschäftigten typischerweise das rentenfähige Alter unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt, so dass die vorgesehene höhere Bewertung von Einkommensteilen oberhalb dieser Grenze nicht stattfindet, wäre die Benachteiligung durch einen sachlichen Grund im Sinne von § 4 Abs. 1 Teilzeitbefristungsgesetz sachlich gerechtfertigt. Daraus folgt, dass Teilzeitbeschäftigte in aller Regel einen Anspruch auf Zusage einer betrieblichen Altersversorgung haben, der nur ausgeschlossen werden kann, wenn es dafür objektiv sachliche Gründe gibt.“

5.1.3. Leiharbeitnehmer

Eine ebenfalls nicht leicht zu beantwortende Frage war, ob ein Leiharbeitnehmer ein Anspruch auf Leistungen einer betrieblichen Altersversorgung begründen kann. Das Bundesarbeitsgericht nimmt anstandslos an, wenn nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz für einen bestimmten Zeitraum ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer entstanden ist, so nimmt der Leiharbeitnehmer auch an einer in dieser Zeit begründeten betrieblichen Altersversorgung teil. Eine Überlassung zur Arbeitsleistung in diesem Sinne liegt vor, wenn einem Entleiher Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt werden, die voll in dessen Betrieb eingegliedert sind und ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführen.

5.1.4. Befristete Arbeitnehmer

Eine erneute problematische Konstellation entsteht im Zusammenhang mit Leistungen einer betrieblichen Altersversorgung und einem befristeten Arbeitnehmer. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es sachlich gerechtfertigt, nur vorübergehend beschäftigte Arbeitnehmer von betrieblicher Altersversorgung auszuschließen. Die betriebliche Altersversorgung bezweckt unter anderem die Betriebstreue des Arbeitnehmers zu fördern und zu belohnen. Bei nur vorübergehender Beschäftigung ist der Arbeitgeber nicht daran interessiert, den Arbeitnehmer an den Betrieb zu binden. Erst mit der Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses entsteht nach der Versorgungsvereinbarung eine gesicherte betriebsrentenrechtliche Rechtsposition des Arbeitnehmers. Die während des befristeten Arbeitsverhältnisses erbrachte Betriebstreue wird dadurch ausreichend berücksichtigt, dass die im befristeten Arbeitsverhältnis zurückgelegte Beschäftigungszeit bei der Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis angerechnet wird. Wenn sich das unbefristete Arbeitsverhältnis unmittelbar anschließt, rechnet die Beschäftigungszeit vom Beginn der ununterbrochenen Tätigkeit an.

5.2. Versetzung in den Ruhestand

Der zweite Anknüpfungspunkt für die Gewährung von Leistungen einer betrieblichen Altersversorgung ist die Versetzung in den Ruhestand. Dieser kann durch verschiedene Wege erreicht werden; nämlich durch Kündigung, Einigung durch Aufhebungsvertrag oder aber auch durch eine Altersgrenzenregelung.

5.3. Wartezeit

Vielfach sehen Versorgungsordnungen eine Wartezeit als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vor. Dabei hängt es allein von der Ausgestaltung der Versorgungsordnung ab, welche Bedeutung einer Wartezeit zukommt. So kann es z.B. an einer Erfüllung von einer Mindestbeschäftigungsdauer für das Entstehen des Ruhegeldanspruchs abhängig gemacht werden.

Die Bestimmung in einer vom Arbeitgeber geschaffenen Versorgungsordnung, wonach ein Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nur besteht, wenn der Arbeitnehmer eine mindestens 15-jährige Betriebszugehörigkeit (Wartezeit) bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zurücklegen kann, ist wirksam und widerspricht nicht dem Regelungsgedanken des § 1b Abs. 1 Satz 5 Betriebsrentengesetz. Es ist auch möglich, dass ein bestimmtes Mindestalter als Wartezeit festgelegt werden kann, wenn es objektiv, angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung des Ziels verhältnismäßig sind.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „40 Jahre Betriebsrentengesetz – betriebliche Altersversorgung“ von Dr. Maren Augustin, Fachanwältin für Insolvenzrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter.


 

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Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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