Websiten abmahnsicher gestalten – Teil 16 – Entbehrlichkeit der Abmahnung

3.4. Entbehrlichkeit der Abmahnung

Nicht immer ist eine Abmahnung vor der Klageerhebung erforderlich.

Eine vorherige Abmahnung ist entbehrlich, wenn sie für den in seinen Rechten Verletzten

  • unzumutbar ist (3.4.1.) und
  • voraussichtlich keine Erfolgsaussichten (3.4.2.)

haben wird(Fußnote).

3.4.1. Unzumutbarkeit

Besteht die ernstliche Gefahr, dass der Schuldner, den Unterlassungsanspruch vereiteln wird, beispielsweise indem er wettbewerbswidrig nachgeahmte Ware vor einer drohenden Beschlagnahme beiseiteschafft(Fußnote), dann ist die Abmahnung entbehrlich und dem Verletzten unzumutbar.

Ebenso kann in Fällen von besonderer Dringlichkeit (Eilbedürftigkeit) eine vorherige Abmahnung für den Verletzten unzumutbar sein(Fußnote), wenn ein Rechtsverstoß nur durch sofortige Inanspruchnahme des gerichtlichen Rechtsschutzes noch verhindert werden kann(Fußnote). In diesem Zusammenhang muss überprüft werden, ob nicht dennoch mit Hilfe einer der Eilformen der Abmahnung mittels Telefon, Telefax, E-Mail oder Boten(Fußnote) und gegebenenfalls verkürzter Fristsetzung vorher abgemahnt werden kann(Fußnote).

In Ausnahmefällen kann die Abmahnung für den Verletzten schließlich unzumutbar sein, wenn bei objektiver Würdigung aus dem Verhalten des Schuldners geschlossen werden kann, dass dieser nicht bereit sein wird, sich zu unterwerfen(Fußnote). Die daraus entstehenden Nachteile für den Verletzten sind dann so schwerwiegend, dass sie nicht hinnehmbar erscheinen(Fußnote). Gleiches gilt in Fällen von besonders hartnäckiger oder böswilliger Zuwiderhandlungen und nicht nur ein einzelner Verstoß, sondern eine Serie von Verstößen vorliegt(Fußnote).

3.4.2. Voraussichtlich keine Erfolgsaussichten

Eine Abmahnung ist ebenso entbehrlich, wenn sie voraussichtlich keinen Erfolg haben wird(Fußnote). Maßgeblich ist die Kenntnis des Verletzten von den Umständen des Einzelfalls vor der Klageerhebung(Fußnote).

Beispiel:

Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main hat entschieden, dass eine Abmahnung entbehrlich sein kann, wenn der Rechtsverletzer deutlich zu erkennen gibt, dass er es auf eine gerichtliche Klärung ankommen lassen möchte(Fußnote). Vorliegend hat ein Unternehmen ohne vorausgegangene Abmahnung gegen seinen Konkurrenten wegen wettbewerbsverletzenden Äußerungen auf dessen Webseite eine einstweilige Verfügung erwirkt. Die Abmahnung war entbehrlich, weil in der vorangegangenen E-Mail-Korrespondenz dem Unternehmer durch seinen Konkurrenten „der juristische Krieg“ angedroht wurde(Fußnote). Damit gab der Rechtsverletzer eindeutig zu verstehen, dass er an einer außergerichtlichen Einigung nicht interessiert war.

Der Verletzte kann von einer Entbehrlichkeit der Abmahnung ausgehen, wenn dem Schuldner durch einstweilige Verfügung etwas untersagt worden ist und dieser nach Zustellung des Beschlusses, sich erneut in einem vergleichbaren Sachverhalt zuwider verhält(Fußnote). Eine Entbehrlichkeit kommt unter dem Gesichtspunkt einer vorausgegangenen Unterwerfung in Betracht, ebenso wenn der Schuldner sich bereits berühmt hat, die beanstandete Handlung sei rechtmäßig und dass er sich durch eine Abmahnung nicht von seinem Verhalten abbringen lassen werde(Fußnote).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Websiten abmahnsicher gestalten“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, und Sandra Kuley, Bachelor of Laws (LL.B.), mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-42-7.


 

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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