Websiten abmahnsicher gestalten – Teil 17 – Zugang einer Abmahnung; Unterlassungserklärung

3.5. Reaktion auf eine Abmahnung

Zunächst muss die Abmahnung nach den allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen der §§ 130 ff. BGB zugegangen sein (Fußnote). Mit Zugang einer Abmahnung gilt es für den Abgemahnten auf die Abmahnung zu reagieren.

3.5.1. Zugang einer Abmahnung

Bei der Abmahnung handelt es sich um eine geschäftsähnliche Handlung, auf die die Vorschriften für empfangsbedürftige Willenserklärung Anwendung finden(Fußnote). Gemäß § 130 I 1 BGB wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Insoweit muss sie in den Empfangsbereich des Abgemahnten gelangt sein. Hierzu zählen beispielsweise der Einwurf in den Briefkasten, die Abspeicherung auf dem Anrufbeantworter oder die Ablage im E-Mail Postfach(Fußnote).

Beispiel:

Eine Abmahnung ist nicht zugegangen, wenn die Abmahnung auf dem Postweg versandt wurde, beim Empfänger aber nicht angekommen ist.

Der Abgemahnte muss unter gewöhnlichen Umständen vom Inhalt der Erklärung Kenntnis nehmen können(Fußnote).

Reagiert der Rechtsverletzer auf eine nicht zugegangene Abmahnung nicht, lässt sich darauf freilich kein Anlass zur Klage stützen(Fußnote). Fraglich ist, wer die Beweislast für den Zugang der Abmahnung trägt. Der BGH vertritt die Auffassung, dass die Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich den Abgemahnten trifft(Fußnote).

Beispiel:

Wählt der Abmahnende das Einschreiben mit Rückschein als Versendungsart, dann kann der Adressat zwar den Zugang durch Nichtannahme oder durch Nichtabholung des bei der Post hinterlegten Abmahnschreibens verhindern, geht gleichzeitig die Gefahr einer Obliegenheitsverletzung ein(Fußnote). Dies hätte zur Folge, dass er nach § 242 BGB [Treu und Glauben] so behandelt wird, als wäre ihm die Abmahnung zugegangen, weil er den Nichtzugang durch Nichtabholung des Schreibens vereitelt hat(Fußnote). Der Abmahnende ist anschließend nicht verpflichtet nach Rückerhalt des Abmahnschreibens, dem Schuldner das Schreiben nochmals per Post zuzustellen. In Wettbewerbssachen ist die mit einem erneuten Zustellversuch verbundene Zeitverzögerung dem Abmahnenden regelmäßig nicht zumutbar(Fußnote).

Bei der Beurteilung berücksichtigt der BGH, dass der Nicht-Abgemahnte durch § 93 ZPO bei der Kostenregelung begünstigt wird(Fußnote). Daher trifft ihn, hat er eine Unterlassungserklärung abgegeben und bestreitet den Zugang einer Abmahnung, die Darlegungs- und Beweislast(Fußnote). Der Abmahnende trägt auf die Behauptung des Abgemahnten hin, die sekundäre Darlegungs- und Beweislast und ist verpflichtet, die genauen Umstände der Absendung vorzutragen(Fußnote). In seinem Interesse liegt es zu beweisen, dass er ein Abmahnschreiben abgesandt hat und es den Abgemahnten zugegangen ist, damit die Tatbestandsvoraussetzung des § 93 ZPO nicht erfüllt ist. Andernfalls trägt er das Risiko für den Verlust des Abmahnschreibens, mag es auch abgesandt worden sein(Fußnote). Für den Abmahnenden ist es daher von Vorteil, parallele Abmahnungen per Post, als Telefax und per E-Mail zu versenden(Fußnote). Dann wird das Bestreiten des Zugangs durch den Abgemahnten die Richter nur wenig überzeugen (§ 286 ZPO)(Fußnote).

Beispiel 1:

Eine Abmahnung als Telefax gilt grundsätzlich mit Abschluss des Druckvorgangs beim Empfänger als zugegangen(Fußnote). Aus dem Sendeprotokoll Faxgeräts ergibt sich, wann das Telefax ausgedruckt wurde.

Beispiel 2:

Eine Abmahnung per E-Mail, die an eine im geschäftlichen Verkehr verwendete E-Mail-Adresse geschickt wurde, gilt mit Eingang in das entsprechende E-Mail-Postfach des Empfängers als zugegangen(Fußnote). Wird die E-Mail durch die Firewall oder einen Spam-Filter abgefangen, gilt die Abmahnung nicht als zugegangen. Wird die Abmahnung an eine private E-Mail-Adresse übermittelt, dann reicht die Ankunft im E-Mail-Postfach für den Zugang nicht aus. Der Abgemahnte muss die Abmahnung zur Kenntnis genommen haben, was durch eine automatische elektronische Empfangsbestätigung nachgewiesen werden kann(Fußnote).

Problematisch kann es sein, wenn das Abmahnschreiben an die E-Mail angehangen ist und der Abmahntext nicht in die E-Mail aufgenommen wurde(Fußnote). Es kann vom Abgemahnten nicht verlangt werden, Dateianhänge unbekannter Absender zu öffnen.

3.5.3. Unterlassungserklärung

Der vorgeworfene Rechtsverstoß sollte vor der Reaktion auf die Abmahnung genau geprüft werden. In der Praxis ist es oft sinnvoll, zwar die Unterlassungserklärung abzugeben, die Erstattung der Kosten aber abzulehnen(Fußnote).

Im Allgemeinen entscheidet sich der Abgemahnte zur Abgabe einer Unterlassungserklärung, wenn er die Abmahnung als sachlich gerechtfertigt einschätzt(Fußnote). Der Abgemahnte unterwirft sich darüber hinaus, um ein Klageverfahren zu vermeiden. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung sollte dann innerhalb der vom Abmahnenden geforderten Frist abgegeben werden. Geht eine Unterlassungserklärung erst nach Ablauf einer angemessenen Frist beim Abmahnenden ein, entfällt zwar der Anlass zur Klage, der Abgemahnte hat jedoch einen Anspruch auf den Ersatz der Prozesskosten (à 3.1.3.)[(Fußnote).

Der Abmahnende kann, sobald der Abgemahnte fristgerecht die von ihm verlangte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben hat, keine Klage mehr erheben(Fußnote), da diese die Wiederholungsgefahr beseitigt. Gleiches gilt, wenn die versprochene Vertragsstrafe an sich zu niedrig ist, um eine Widerholungsgefahr tatsächlich effektiv zu vermeiden, aber aus dem wirklichen Willen der Vertragsparteien und den gegeben Umständen abgeleitet werden kann, dass keine Widerholungsgefahr bestehen bleiben wird(Fußnote).

Bei einer vorformulierten Unterlassungserklärung, die dem Wortlaut nach zu weit geht, kann der Abgemahnte eine eingeschränkte Erklärung abgeben, die die vorgeworfene Verletzungshandlung abdeckt und die Wiederholungsgefahr insoweit beseitigt(Fußnote). Damit lehnt der Abgemahnte das zu weit gehende Angebot ab, verbunden mit einem neuen Angebot (§ 150 II BGB) zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrages(Fußnote). Für die Formulierung empfiehlt es sich stets, anwaltlichen Rat einzuholen. Vorformulierte Unterlassungserklärungen sollten mit Vorsicht behandelt werden. Ist einmal (unbedacht) eine zu weit gefasste Unterlassungserklärung abgegeben worden, kann dies erhebliche Vertragsstrafeverpflichtungen bewirken.

Geht dem Abgemahnten das Abmahnschreiben verspätet zu und hat dies eine Fristverkürzung zur Folge, kann er unverzüglich um einen Aufschub der Frist beim Abmahnenden bitten(Fußnote). Er sollte jedoch beachten, dass der Abmahnende eine Frist von vier Wochen ab Kenntnis des Abmahnsachverhaltes hat, um eine einstweilige Verfügung zu beantragen, so dass der Abmahnende sich in der Regel nicht auf weiträumige Fristverlängerungen einlassen wird.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Websiten abmahnsicher gestalten“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, und Sandra Kuley, Bachelor of Laws (LL.B.), mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-42-7.


 

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
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