Websiten abmahnsicher gestalten – Teil 18 – Unterlassungserklärung, Verweigerung, Kosten einer berechtigten Abmahnung

3.5.3.1 Verhalten nach Unterzeichnung der Unterlassungserklärung

Hat der Abgemahnte die ihm zugegangene Unterlassungserklärung unterzeichnet und an den Abmahnenden zurückgeschickt, muss er jetzt dafür Sorge tragen, dass es nicht zu weiteren Rechtsverletzungen kommt. Würde die Rechtsverletzung, zu dessen Unterlassung sich der Abgemahnte verpflichtet hat, weiterhin bestehen oder würden neue Rechtsverletzungen der gleichen Art begangen werden, so würde sich der Abgemahnte der Vertragsstrafe aussetzen. Der Abgemahnte muss prüfen, welche Rechtsverletzungen er genau zu unterlassen hat und wie er die Rechtsverletzungen vermeiden kann.

3.5.3.1.1. Zu unterlassende Rechtsverletzungen

Die Unterlassungserklärung ist grundsätzlich einer Auslegung durch die Parteien zugänglich (Fußnote). Das bedeutet, dass auch die Handlungen, die zu deren Unterlassung sich der Abgemahnte verpflichtet hat, ausgelegt werden können. Eine Abmahnung muss die vorgeworfene Rechtsverletzung konkret und eindeutig beschreiben.(3.3.3.1). Gleiches gilt für die Unterlassungserklärung. Verallgemeinerungen sind nur im sehr begrenzten Umfang zulässig (Fußnote). Es sind nicht nur die konkret und eindeutig beschriebenen Rechtsverletzungen zu unterlassen, sondern zudem alle im Kern gleichen Verletzungen (Fußnote). Diese sogenannte Kerntheorie besagt, dass im Kern gleichartige Abwandlungen, in denen das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt, neben der eigentlichen konkreten Verletzungshandlung, von der Unterlassungserklärung umfasst sind (Fußnote).

Beispiel:

Wird durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung erwirkt, dass eine gedruckte Zeitung einen bestimmten Titel nicht tragen darf, so ist die Veröffentlichung dieser Zeitung unter dem gleichen Titel im Internet eine im Kern gleiche Verletzungshandlung (Fußnote).

3.5.3.1.2. Pflichten des Abgemahnten

Der Abgemahnte hat alles Erforderliche und ihm zumutbare zu unternehmen, um einer weiteren Verletzung vorzubeugen (Fußnote).

Für den Webmaster bedeutet es, die in der Unterlassungserklärung benannte Verletzung von der Webseite zu entfernen. Das Entfernen der benannten Verletzung sollte unverzüglich durchgeführt werden, um nicht in die Gefahr einer Forderung der Vertragsstrafe zu kommen. Dass das Entfernen der gegenständlichen Rechtsverletzung unter den vorliegenden Umständen unverzüglich geschehen ist, hat der Abgemahnte zu beweisen (Fußnote).

Die Pflichten, die den Abgemahnten treffen stellen sich anders dar, wenn der Abgemahnte nicht selbst für die Webseite verantwortlich ist, bzw. sich die Inhalte dieser Webseite nicht in seiner Handlungssphäre befinden. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die gegenständliche Verletzung auf Webseiten von Drittanbietern zu finden ist.

Beispiel 1:

Ein Hotel wird wegen einer fehlerhaften Werbung (beispielsweise der Werbung mit 3-Sternen (Fußnote) abgemahnt. Diese Werbung taucht auf Hotel-Buchungs-Portalen auf, für deren Inhalte allein die Portale verantwortlich sind.

Beispiel 2:

Die fehlerhafte Werbung (beispielsweise wieder das Hotel mit der fehlerhaften Werbung mit 3-Sternen) ist zudem in der Trefferliste der gängigsten Internet-Suchmaschinen zu finden (Cache).

Liegt ein Fall in der Konstellation des Beispiel 1 vor, bei dem ein Hotel-Buchungs-Portal im Auftrag des Abgemahnten handelt, so muss der Abgemahnte das Portal eingehend über die fehlerhafte Werbung belehren und auffordern die fehlerhafte Werbung unverzüglich zu entfernen (Fußnote). Bei der Belehrung sollte darauf hingewiesen werden, dass der Abgemahnte eine Unterlassungserklärung unterzeichnet hat (Fußnote). Bestenfalls läuft die Kommunikation mit den Portalen in einer beweisbaren Art und Weise ab (E-Mail oder sonstige schriftliche Korrespondenz).

Bezogen auf die Suchmaschinen stellt sich die Bewertung der den Abgemahnten treffenden Pflichten schon schwieriger dar. Unstreitig betrifft die Unterlassungserklärung die in den Trefferlisten der Suchmaschinen erscheinenden Ergebnisse. Ob der Abgemahnte dazu verpflichtet werden kann, auf ein Entfernen des Cache hinzuwirken, wird von den Gerichten nicht einheitlich beurteilt. So wird teilweise gefordert, dass die gängigsten Suchmaschinen überprüft werden und gegebenenfalls ein Antrag auf Löschung der gegenständlichen Werbung aus dem Cache dort gestellt wird (Fußnote). Dagegen wird der Einwand gebracht, die Pflicht des Abgemahnten umfasse nur ein Unterlassen, jedoch nicht ein aktives Handeln, insbesondere keine Handlung auf ein Hinwirken einer Löschung aus dem Cache(Fußnote). Solange noch keine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Problematik gefallen ist, sollte zumindest auf eine Löschung der zu unterlassenden Handlung aus dem Cache der gängigsten Suchmaschinen hingewirkt werden.

3.5.2. Verweigerung

Der Abgemahnte gibt eine Veranlassung zur Klageerhebung ab, wenn er auf die Abmahnung nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist reagiert oder die abgegebene Unterlassungserklärung unzureichend ist (Fußnote). Bei Verweigerung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung, braucht der Abmahnende vor der Klageerhebung oder der Einreichung einer einstweiligen Verfügung nicht erneut an den Abgemahnten herantreten. Dies gilt auch, wenn der Abgemahnte die Unterwerfung zwar angekündigt und auch die angeforderte Abmahnpauschale überweist, aber keine Unterlassungserklärung abgibt (Fußnote).

Wird der Abgemahnte unbegründet abgemahnt, dann braucht er keine Unterlassungserklärung abzugeben, wenn er keine Rechtsverletzung begangen hat. Vielmehr kann der zu Unrecht Abgemahnte eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens des Anspruchs erheben (Fußnote).

Um eine Unterlassungsverfügung im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzes zu vermeiden, sollte der zu Unrecht abgemahnte erwägen, eine Schutzschrift bei allen in Frage kommenden Gerichten zu hinterlegen. Hier ist erhebliche Eile geboten.

3.6. Kosten einer berechtigten Abmahnung

Der Abgemahnte gibt keine Veranlassung zur Klageerhebung, wenn er sich fristgerecht dem Unterlassungsverlangen des Abmahnenden unterwirft (§ 93 ZPO) (Fußnote). Anders verhält es sich, wenn der Abgemahnte auf die berechtigte Abmahnung nicht oder verspätet reagiert oder diese zurückgewiesen hat. Dann gelten die Regelungen bezüglich der Abmahnkosten, die sich aus § 12 I 2 UWG und § 97a III UrhG ergeben. Demnach kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt ist. Es können die angefallenen Kosten, die durch die Einschaltung eines Rechtanwalts entstanden sind, ersetzt bzw. an den zu Recht Abgemahnten weitergegeben werden (Fußnote). Wenn der Abmahnende selbst Rechtsanwalt ist oder einer Organisation nach § 8 III Nr. 2 – 4 UWG angehört, kann kein Ersatz dieser Kosten verlangt werden. Wird die Abmahnung allerdings einem außenstehenden Rechtsanwalt übertragen, kann zumindest die Erstattung der Rechtsanwaltskosten verlangt werden (Fußnote). Für eine Abmahnung mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad können Rechtsanwaltsgebühren zwischen 500 und 1000 Euro entstehen(Fußnote). Die Gebühren richten sich nach Nr. 2400 VV RVG in Höhe von 1,3/10. Verbände, die keinen Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten haben, können im Einzelfall die Erstattung ihrer durch die Abmahnung verursachten Personal- und Sachkosten pauschalisiert (Kostenpauschale) verlangen(Fußnote), die oftmals mehrere hundert Euro unter der Anwaltskostenerstattung liegen.

Im Fall von missbräuchlichen Massenabmahnungen (§ 8 IV UWG) werden die Abmahnkosten, insoweit erforderlich, nur hinsichtlich der ersten Abmahnung ersetzt (Fußnote).

Die Abmahnkosten sind nicht den einen Rechtstreit unmittelbar vorbereitenden Kosten zuzuordnen und sind daher keine Kosten des Rechtstreits. Mithin werden sie nicht im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt. Ebenso wenig sind die Kosten für ein Abwehrschreiben des Abgemahnten notwendige Kosten, die im Sinne des § 91 I 1 ZPO zur Rechtsverteidigung notwendig waren.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Websiten abmahnsicher gestalten“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, und Sandra Kuley, Bachelor of Laws (LL.B.), mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-42-7.


 

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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