40 Jahre Betriebsrentengesetz – betriebliche Altersversorgung – Teil 20 – Auskunfts- und Informationspflicht § 4a BetrAVG



Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


7. Kapitel Besondere Rechte und Pflichten aus einer betrieblichen Altersversorgung

Ein Anspruch auf betrieblichen Altersversorgung ist mit Erteilung der Versorgungszusage entstanden und unabhängig davon, wann dieser Anspruch erdient wurde. Bei einer versprochenen Versorgungzusage trägt der Arbeitgeber die Hauptpflicht diese auch tatsächlich zu erbringen. Er haftet dabei nicht nur mit seinem Betriebs- sondern auch begrenzt mit seinem Privatvermögen. Dementsprechend haben der Bundesgerichtshof und das Bundesarbeitsgericht ohne weitere Differenzierung auf den Zeitpunkt der Versorgungszusage abzustellen.

7.1. Auskunfts- und Informationspflicht § 4a BetrAVG

Die gesetzlichen Auskunfts- und Informationspflichten des Arbeitgeber und Versorgungsträger ergeben sich nicht nur aus § 4a Betriebsrentengesetz, sondern auch aus dem Versicherungsaufsichtsgesetz und bei Betriebsübergängen aus § 613a Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch. Vom Arbeitgeber oder vom Versorgungsträger gegebene Auskünfte müssen sachlich richtig (wahrheitsgemäß), eindeutig und vollständig sein. Falsche Auskünfte, insbesondere die, eine Anwartschaft sei unverfallbar, können zu Schadensersatzansprüchen führen. Grundsätzlich besteht keine Verpflichtung des Arbeitgebers oder Versorgungsträger, den Arbeitnehmer zu beraten. Wenn beraten wird, können Beratungsfehler zu Schadensersatzansprüchen führen. Zugunsten des Arbeitnehmers gilt die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Besondere Informationspflichten können bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehen. Grundsätzlich gilt zwar, dass jeder Vertragspartner selbst für die Wahrnehmung seiner Interessen zu sorgen hat. Die Abwägung der beiderseitigen Interessen kann jedoch ergeben, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über die versorgungsrechtlichen Folgen zu unterrichten hat. Der Umfang des Informationsbedürfnisses hängt insbesondere von der Schwierigkeit der Materie sowie dem Ausmaß der drohenden Nachteile und deren Vorhersehbarkeit ab.

§ 4a Abs. 1 Nr. 1 Betriebsrentengesetz übernimmt dabei den Inhalt der bisherigen Auskunftsverpflichtung und erstreckt diese auch auf das aktive Arbeitsverhältnis. Gleichzeitig wird klargestellt, dass die Verpflichtung ein entsprechendes Auskunftsverlangen des Arbeitnehmers voraussetzt. Damit wird die bereits bisher aufgrund der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht bestehende Pflicht des Arbeitgeber, den Arbeitnehmer bei einem berechtigten Interesse über den Stand seiner Betriebsrente zu informieren, ausdrücklich normiert und konkretisiert. Auslegungsbedürftig ist die Formulierung berechtigtes Interesse. Ein berechtigtes Interesse wird regelmäßig vorliegen, wenn der Arbeitnehmer einen schlüssigen Grund für sein Begehren vorträgt, der erkennen lässt, dass die Auskunft für ihn von einiger Wichtigkeit und zur Befriedigung seines berechtigten Interesses erforderlich und geeignet ist. So liegt ein berechtigtes Interesse z.B. vor, wenn der Arbeitnehmer beabsichtigt, ergänzende Eigenvorsorge zu betreiben.

Nach § 4a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Betriebsrentengesetz kann der Arbeitnehmer kann von diesem Recht praktisch nur Gebrauch machen, wenn er einschätzen kann, wie hoch seine beim alten Arbeitgeber aufgebaute betriebliche Altersversorgung im Vergleich zu der vom neuen Arbeitgeber auf der Basis des Übertragungsbetrages neu zugesagten ist. Deshalb muss er die Höhe des Übertragungswertes ebenso kennen wie den Inhalt der neuen Versorgungszusage.

Überdies hat das Bundesarbeitsgericht in einer jüngeren Entscheidung folgende Grundsätze aufgestellt:

  • Jedem Arbeitsverhältnis wohnt die Nebenpflicht des Arbeitgebers inne, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitnehmer so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung der Interessen und Belange beider Vertragspartner nach Treu und Glauben verlangt werden kann. Daraus können sich zum einen Hinweis-, Auskunfts- und Informationspflichten des Arbeitgebers ergeben. Zum anderen hat er, wenn er seinen Arbeitnehmer bei der Wahrnehmung ihrer Interessen behilflich ist, zweckentsprechend zu verfahren und sie vor drohenden Nachteilen zu bewahren.
  • Der Arbeitgeber darf weder durch das Bestehen noch durch den Inhalt einer arbeitsvertraglichen Informationspflicht überfordert werden.
  • Der Arbeitgeber muss seinen Arbeitnehmern jedoch in die Lage versetzen, zweckgerechte Anfragen zu stellen. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer über die gebotene Ausgestaltung eines gerichteten Auskunftsersuchens zu unterrichten, überfordert den Arbeitgeber nicht, sondern berücksichtigt in angemessener Weise die Interessen und Möglichkeiten beider Vertragspartner.
  • Wenn ein für Personalfragen zuständiger Mitarbeiter des Arbeitgebers einem Arbeitnehmer bei der Wahrnehmung seiner Rechte behilflich ist, darf er sich darauf verlassen, sachgerecht unterstützt zu werden.
  • In der Regel ist anzunehmen, dass sich der Arbeitnehmer aufklärungsrichtig verhalten, also seine Interessen in vernünftiger Weise wahrgenommen und Rentenschäden vermieden hätte. Ob es sich bei dieser Vermutung um eine Umkehr der Beweislast oder einen Beweis des ersten Anscheins handelt kann offenbleiben.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „40 Jahre Betriebsrentengesetz – betriebliche Altersversorgung“ von Dr. Maren Augustin, Fachanwältin für Insolvenzrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter.


 

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Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Normen: § 4a BetrAVG

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