Kreditvertragsrecht – Teil 52 – Bankgeheimnis bei Forderungsabtretung


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Alena Kehret
wissenschaftliche Mitarbeiterin


5.4. Bankgeheimnis bei Forderungsabtretung aus einem Darlehensvertrag

Tritt eine Bank eine Forderung aus einem Darlehensvertrag mit ihren Kunden an einen Dritten, z.B. an einen Hedge-Fonds oder einen anderen Investor ab, wirkt sich diese Abtretung auf das Bankgeheimnis aus. Die Bank ist gem. § 402 BGB verpflichtet, dem Erwerber der Forderung bestimmte Auskünfte zu erteilen, die den Bankkunden und damit dem Bankgeheimnis unterliegende Informationen betreffen.

Wird ein Kunde davon in Kenntnis gesetzt, dass seine Bank die Forderung gegen ihn an einen Dritten abgetreten hat, stellt sich für den Kunden die Frage, ob die Bank mit dieser Abtretung nicht gegen das Bankgeheimnis verstoßen hat, das die Bank nach ihren eigenen allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Verschwiegenheit über alle kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen verpflichtet, von denen sie Kenntnis erlangt und der Bank die Weitergabe von Informationen über den Kunden nur dann erlaubt, wenn gesetzliche Bestimmungen dies gebieten oder der Kunde eingewilligt hat oder die Bank zur Erteilung einer Bankauskunft befugt ist.

Für eine Verletzung des Bankgeheimnisses im Falle der Forderungsabtretung spricht, dass ein Abtretungsverbot dann allgemein anerkannt ist, wenn Forderungen von denjenigen Vertragspartnern abgetreten werden, die aufgrund ihres Berufes zu Verschwiegenheit verpflichtet sind, wie z.B. Ärzte. Eine trotzdem erfolgte Abtretung ist wegen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot gem. § 134 BGB nichtig (Fußnote)

Beispiel

Rechtsanwalt H hat gegen seine Mandantin Frau M eine Vergütungsforderung, weil er Frau M im Rahmen ihrer Scheidung anwaltlich beraten und vor Gericht vertreten hat. Diese Forderung tritt Herr H an eine Firma ab, der er noch Geld schuldet. Nach der Berufsordnung für Rechtsanwälte ist aber die Abtretung von rechtsanwaltlichen Vergütungsforderungen verboten, es sei denn, es wird an einen anderen Rechtsanwalt abgetreten. Die Abtretung von Herrn H verstößt gegen dieses Verbot. Sie ist daher nichtig.

Bei privaten Darlehen wird ebenfalls zum Teil durch die Rechtsprechung ein Abtretungsverbot des Darlehensgebers bezüglich Forderungen gegen den privaten Darlehensempfänger angenommen, indem von einem stillschweigenden Abtretungsverbot (§ 399 BGB) zwischen Darlehensgeber und -nehmer ausgegangen wird (Fußnote)

Beispiel

Herr U und Herr D sind Nachbarn und gute Bekannte. Beide arbeiten in einer nahe gelegenen Autowerkstatt, deshalb bekommt Herr U mit, dass Herr D sich seit langem für einen gebrauchten Mercedes interessiert, ihm aber noch ein paar tausend Euro fehlen, damit er ihn sich leisten kann. Als guter Kollege entschließt sich Herr U, Herrn D 5.000 EUR zu leihen. Die beiden schließen einen Darlehensvertrag ab. Ein paar Monate später will Herr U die Rückzahlungsforderung gegen Herrn D an eine Firma abtreten, der er noch Geld schuldet. Diese Abtretung wäre unwirksam, weil ein privates Darlehen vorliegt. Deshalb ist davon auszugehen, dass Herr U und Herr D sich stillschweigend darauf geeinigt haben, dass ein Abtretungsverbot bestehen soll. Herr U kann die Forderung nicht wirksam abtreten.

Von einem Abtretungsverbot für Banken aufgrund des Bankgeheimnisses kann jedoch trotzdem nicht ausgegangen werden.

Zum einen ist die Bank darauf angewiesen, notleidende Kreditforderungen verwerten zu können, um sich Liquidität zu verschaffen - eine Situation, für welche der Darlehensnehmer in der Regel selbst teilweise Verantwortung trägt, z.B. durch das Versäumen von Ratenzahlungen. Darüber hinaus sind die Empfänger der durch die Bank abgetretenen Forderungen in aller Regel selbst zu Stillschweigen und Geheimhaltung bezüglich der erhaltenen Informationen verpflichtet oder die Daten verschlüsselt, sodass der Darlehensnehmer nicht gefährdet wird.

Insbesondere wenn die Forderung an eine andere Bank abgetreten wird, unterliegt diese gegenüber dem Darlehensnehmer ihrerseits wieder dem Bankgeheimnis.

Beispiel

Frau W hat bei der X-Bank ein Darlehen aufgenommen. Die Rückzahlungsraten erfolgen nur stockend. Die Bank entschließt sich daher, die Rückzahlungsforderung an eine andere Bank, die T-Bank abzutreten. Diese Abtretung ist wirksam. Insbesondere ist die T-Bank genau wie die X-Bank an das Bankgeheimnis gebunden und darf keine Informationen über Frau W oder ihr Darlehen nach außen geben. Frau W entstehen also keine Nachteile durch die Abtretung.

Somit ist schon fraglich, ob überhaupt von einer Verletzung des Bankgeheimnisses ausgegangen werden kann.

Zum anderen wirkt das Bankgeheimnis nur auf schuldrechtlicher Ebene zwischen der Bank und dem Bankkunden, nicht aber zwischen der Bank und einem Dritten. Insbesondere ist das Bankgeheimnis kein Verbotsgesetz, das bei einem Verstoß Nichtigkeit nach § 134 BGB auslösen könnte. Außerdem geht das BGB vom Grundsatz der freien Abtretbarkeit von Forderungen aus, sodass ein Abtretungsverbot nur ausnahmsweise und nur in gesetzlich festgelegten Fällen anzunehmen ist. Das alles ändert jedoch nichts daran, dass die Bank grundsätzlich gegenüber dem Kunden zur Weitergabe von Informationen an Dritte nicht berechtigt ist und somit das Bankgeheimnis durch die Abtretung verletzt werden kann. Dies kann dann zu Schadensersatzansprüchen des Bankkunden gegen seine Bank führen. Dem Darlehensnehmer kann zum Beispiel dadurch ein Schaden entstehen, dass der neue Darlehensgeber die Rechte des Darlehensnehmers aus dem Darlehensvertrag missachtet. (Fußnote).

Um einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, muss der Bankkunde einen konkreten Vermögensschaden nachweisen.

Beispiel

Herr J hat bei der X-Bank ein Darlehen aufgenommen. Ihre Rückzahlungsansprüche gegen Herrn J tritt die X-Bank an Firma W ab, die nicht an das Bankgeheimnis gebunden ist. Gegenüber der Firma W erteilt die X-Bank Auskünfte über Herrn J, das Darlehen sowie über sein Rückzahlungsverhalten in den letzten Monaten. Firma W bewahrt über diese Informationen nicht Stillschweigen: sie gibt die Informationen an die Q-Bank weiter, mit der Herr J sich gerade in Vertragsverhandlungen befindet. Er will bei der Q-Bank ein weiteres Darlehen aufnehmen, weil er ein günstiges Angebot für den Pkw erhalten hat, den er schon lange kaufen will. Wegen der Informationen, die Firma W an die Q-Bank weitergibt, bricht die Q-Bank die Vertragsverhandlungen mit Herrn J ab, obwohl der Abschluss des Darlehensvertrages schon unmittelbar bevorstand. Herr J muss sich ein neues Darlehen bei einer anderen Bank suchen und kann das Angebot für den Pkw nicht rechtzeitig annehmen. Dadurch muss er den Pkw bei einem anderen Händler für 1.000 EUR mehr kaufen.

Hier hat die X-Bank das Bankgeheimnis zum Nachteil von Herrn J verletzt, indem sie die Informationen an die Firma W weitergab. Somit steht Herrn J ein Schadensersatzanspruch gegen die X-Bank zu. Dieser ist auf denjenigen Vermögensschaden gerichtet, den Herrn J infolge der Informationsweitergabe erlitten hat und bestehen in den 1.000 EUR, die er nun zusätzlich für den Pkw bezahlen muss.

Zwar sind mittlerweile zahlreiche gesetzliche Regelungen erlassen worden, die den Bankkunden in einem solchen Fall unterstützen sollen, so etwa das Risikobegrenzungsgesetz, die Regelungen zur Anzeigepflicht der Abtretung gem. § 496 Abs. 2 BGB oder die vorvertragliche Hinweispflicht auf die Abtretbarkeit bei Verbraucher-Immobiliarkrediten, Art. 247 § 9 S.2 EGBGB. Diese Regelungen ändern aber nichts an der Abtretbarkeit der Forderungen durch die Bank und daran, dass der Kunde nur einen Schadensersatzanspruch gegen die Bank hat, jedoch in den meisten Fällen keinen Schaden nachweisen kann.

Gerade bei hohen Darlehenssummen empfiehlt es sich daher, den Darlehensvertrag vor Abschluss rechtlich überprüfen zu lassen und gegebenenfalls mit der Bank individualvertraglich die Abhängigkeit der Abtretung von Darlehensforderungen von dem Einverständnis des Bankkunden zu vereinbaren.

Beispiel

Herr J benötigt ein zweites Darlehen, das er bei der P-Bank aufnehmen will. Weil er mit der X-Bank so schlechte Erfahrungen gemacht hat, lässt er sich zuvor anwaltlich beraten. Sein Anwalt setzt ihm eine Klausel auf, die Herr J dann mit der P-Bank verhandelt. Laut dieser Klausel soll eine Abtretung der Forderungen der P-Bank gegen Herrn J nur mit dem schriftlichen Einverständnis von Herrn J erfolgen dürfen. Die P-Bank willigt ein, die Klausel wird in den Darlehensvertrag aufgenommen.

Hier liegt ein ausdrücklich vereinbartes, wirksames Abtretungsverbot vor, wenn die Bank später die Forderungen gegen Herrn J abtritt, ohne das Einverständnis von Herrn J einzuholen, ist die Abtretung unwirksam.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditvertragsrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Alena Kehret, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Dezember 2014


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Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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