Das Recht der GmbH – Teil 45 – § 283b - d StGB

8.6.4.3 Unvollständige/Unklare/Verspätete Buchführung § 283b StGB

Die Vorschrift stellt ein Auffangtatbestand zu § 283 Abs. 1 Nr. 5 bis Nr. 7 StGB dar. Mit der Vorschrift des § 283b StGB sollen auch Verstöße gegen die Buchführungspflicht außerhalb einer wirtschaftlichen Krise sanktioniert werden. Dadurch sind Verstöße, die weit vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung liegen, ebenfalls strafbar. Die Strafbarkeit ist nur gegeben, wenn entsprechend § 283 Abs. 6 StGB der Täter Zahlungen eingestellt hat, oder das Insolvenzverfahren beantragt wurde (vgl. Kindhäuser, StGB, § 283b, Rn. 1).

8.6.4.3.1 Tathandlung

Die Tathandlung entspricht den Ausführungen zu § 283 Abs. 1 Nr. 5 bis Nr. 7 StGB. Einziger Unterschied ist der Zeitpunkt der Ausführung der Tat. Demnach sind auch Verstöße gegen die Buchführungspflichten außerhalb einer wirtschaftlichen Krise strafbar, wenn die Gesellschaft später in eine wirtschaftliche Krise gerät. Eine Kausalität ist nicht erforderlich.

Strafbar macht sich demnach, wer

  • Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterlässt oder so führt oder verändert, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
  • Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung er nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen beiseiteschafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
  • entgegen dem Handelsrecht Bilanzen so aufstellt, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder es unterlässt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen.

8.6.4.3.2 Vorsatz und Strafmaß

Der Täter muss mit Vorsatz gehandelt haben. Bedingter Vorsatz ist dabei ausreichend. Das Strafmaß beträgt Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

8.6.4.4 Gläubigerbegünstigung § 283c

Durch diese Vorschrift wird die nicht ordnungsgemäße Verteilung der Insolvenzmasse aufgrund der Bevorzugung eines einzelnen Gläubigers unter Strafe gestellt. Eine Strafbarkeit liegt vor, wenn einem einzelnen Gläubiger eine Sicherheit oder Befriedigung gewährt wird, obwohl er zum Zeitpunkt der Tat keinen fälligen Anspruch auf gerade diese Vorteile hatte (inkongruente Deckung).

8.6.4.4.1 Tathandlung

Der Geschäftsführer macht sich strafbar, wenn er einem Gläubiger eine Sicherheit oder Befriedigung gewährt und dieser keinen fälligen Anspruch auf die Leistungen hatte.

Eine Gläubigerbegünstigung durch Gewährung einer Sicherheit liegt vor, wenn die Position des Gläubigers zur Befriedigung verbessert wird. Eine Verbesserung tritt ein, wenn der Gläubiger schneller, leichter, besser oder mit größerer Gewissheit seinen Anspruch durchsetzen kann. Die Sicherheit muss aus der Insolvenzmasse stammen. Beispiele sind u.a. die Besitzverschaffung, Einräumen eines Zurückbehaltungsrechts, Sicherungsübereignung oder die Bestellung von (Grund)Pfandrechten (vgl. Kindhäuser, StGB, § 283c, Rn. 6ff.).

Eine Gläubigerbegünstigung durch Gewährung einer Befriedigung liegt vor, wenn eine schuldrechtliche Verbindlichkeit erfüllt wird.

Die Tathandlung muss nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH vorgenommen worden sein.

8.6.4.4.2 Vorsatz und Strafmaß

Der Geschäftsführer muss mindestens mit bedingtem Vorsatz gehandelt haben. Bezüglich der Zahlungsunfähigkeit muss der Täter diese gekannt haben und damit mit direktem Vorsatz gehandelt haben. Die Gläubigerbegünstigung muss er beabsichtigt haben. Es muss ihm gerade darauf angekommen sein, den Gläubiger zu begünstigen.

Das Strafmaß beträgt Geldstrafe oder bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. In besonders schweren Fällen, kann das Strafmaß entsprechend § 283a StGB erhöht werden.

Beispiel 1

Geschäftsführer A der X-GmbH versteht sich sehr gut mit Gläubiger G. Nachdem die X-GmbH zahlungsunfähig ist, überweist A dem G aufgrund ihrer guten Beziehung den Kaufpreis einer Maschine vom Geschäftskonto der GmbH. Der Kaufpreis wäre jedoch vertraglich erst in einem halben Jahr fällig geworden.

  • Geschäftsführer A macht sich strafbar wegen Gläubigerbegünstigung. Er begünstigt durch die Befriedigung der Verbindlichkeit aus dem Kaufvertrag den Gläubiger G. Dieser hatte keinen fälligen Anspruch auf die Leistung. Ebenfalls war die X-GmbH bereits zahlungsunfähig. A hat zudem mit Vorsatz gehandelt. Er hielt es für möglich und nahm es billigend in Kauf, dass er Gläubiger G durch die Zahlung begünstigt wird. Zudem kannte er die Zahlungsunfähigkeit der X-GmbH und es kam ihm gerade darauf an, den befreundeten Gläubiger zu begünstigen.

8.6.4.5 Schuldnerbegünstigung § 283d

Die Schuldnerbegünstigung nach § 283d StGB ist das Gegenstück zur Gläubigerbegünstigung. Wie bei allen Bankrotttatbeständen sollen die Befriedigungsinteressen der Gläubigergesamtheit geschützt werden. Täter kann jedoch nicht der (Insolvenz-)Schuldner selbst sein, sondern nur ein Gläubiger oder sonstiger Dritter. Ein Geschäftsführer kann sich daher nur strafbar machen, wenn die vertretene GmbH Gläubiger einer dritten insolvenzreifen Gesellschaft ist (vgl. Kindhäuser, StGB, § 283d, Rn. 1).

8.6.4.5.1 Tathandlung

Der Geschäftsführer macht sich strafbar, wenn er in einer wirtschaftlichen Krise des Schuldners (drohende Zahlungsunfähigkeit, Zahlungseinstellung, Eröffnung des Insolvenzverfahrens), Vermögensgegenstände der Insolvenzmasse mit der Einwilligung des Schuldners oder zu dessen Gunsten beiseiteschafft, verheimlicht oder unbrauchbar macht.

Beiseiteschaffen bedeutet, dass der Geschäftsführer Vermögenswerte der Insolvenzmasse durch einen dinglichen oder tatsächlichen Akt der Gläubigergesamtheit entzieht oder den Zugriff wesentlich erschwert.

Die Tathandlung muss zudem mit Einwilligung des Schuldners oder zu dessen Gunsten ausgeführt worden sein. Einwilligung ist die vorherige, auch konkludente Zustimmung. Zu Gunsten des Schuldners bedeutet, wenn diesem, auf Kosten der Gläubigergesamtheit ein Vermögensvorteil verschafft wird (vgl. Kindhäuser, StGB, § 283, Rn. 6).

Der Geschäftsführer muss die wirtschaftliche Krise des Schuldners bei Ausführen der Tat bekannt sein.

8.6.4.5.2 Vorsatz und Strafmaß

Der Geschäftsführer muss mindestens mit bedingtem Vorsatz gehandelt haben. Er muss es damit für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben, dass er einen Gegenstand der Insolvenzmasse der Gläubigergesamtheit entzieht und dem Schuldner einen Vermögensvorteil verschafft. Ebenso genügt es, wenn er die wirtschaftliche Krise des Schuldners für möglich gehalten hat. Lediglich für die Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist direkter Vorsatz erforderlich. Diese muss er sicher gekannt haben.

Das Strafmaß beträgt bis zu 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt bspw. vor, wenn der Täter aus Gewinnsucht handelt.

Beispiel 1

Die X-GmbH ist Gläubiger der insolventen Y-GmbH. Geschäftsführer A der X-GmbH versteht sich besonders gut mit dem Geschäftsführer und Alleingesellschafter B der Y-GmbH. A schlägt B vor, die Geschäftswagen der Y-GmbH, die sich momentan auf dem Gelände der X-GmbH befinden, im Ausland zu verstecken und dort zu verkaufen, um dem B einen Vermögensvorteil zu verschaffen.

  • Geschäftsführer A macht sich strafbar wegen Schuldnerbegünstigung. Er entzieht der Insolvenzmasse der Y-GmbH einen Vermögensgegenstand, um den Schuldner zu begünstigen und die Befriedungsmöglichkeit der Gläubigergesamtheit zu beeinträchtigen. A hat es für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, dass er einen Gegenstand der Insolvenzmasse beiseiteschafft, den B damit begünstigt.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Recht der GmbH“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-33-5.


 

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Stand: Januar 2015


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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

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    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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