Websiten abmahnsicher gestalten – Teil 31 – Inhalt der vorvertraglichen Pflichtangaben (2)

7.2.1.4.5. Liefer- und Zahlungsbedingungen

Gemäß Art. 246 a § 1 I Nr. 7 EGBGB ist es die Pflicht des Unternehmers über die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem der Unternehmer die Waren liefern oder die Dienstleistung erbringen muss, und gegebenfalls das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden aufzuklären.

Beispiel:

Das OLG München vertritt die Auffassung, dass die Angabe „Lieferzeit: Circa zwei bis vier Werktage“ ausreichend bestimmt im Sinne des § 308 Nr. 1 BGB ist(Fußnote). Außerdem erfüllt die Angabe die Voraussetzung des Art. 246 a § 1 Nr. 7 EGBGB. Schließlich soll spätestens nach vier Werktagen geliefert werden.

7.2.1.4.6. Einbindung der Widerrufsbelehrung

Seit der Einführung der Verbraucherrechterichtlinie wurden die Informationspflichten des Unternehmers bezüglich der Widerrufsbelehrung erheblich erweitert(Fußnote). Steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 312 g I BGB zu, ist der Unternehmer gemäß Art. 246 a § 1 II EGBGB verpflichtet, über folgendes zu informieren:

  • über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrecht nach § 355 I BGB sowie das Musterwiderufsformular in der Anlage 2 (Art. 246 a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB),

Beispiel:

Zur Pflichterfüllung genügt es, wenn der Webseitenbetreiber das Muster-Widerrufsformular auf der eigenen Webseite für den Verbraucher vorvertraglich zur Verfügung stellt (§ 356 I 1 BGB).

  • gegebenfalls darüber, dass der Verbraucher im Widerrufsfall die Kosten für die Rücksendung der Waren zu tragen hat, und bei Fernabsatzverträgen zusätzlich über die Kosten für die Rücksendung der Waren, wenn die Waren aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurücksendet werden können (Art. 246 a § 1 II 1 Nr. 2 EGBGB) und
  • darüber, dass der Verbraucher dem Unternehmer bei einem Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen oder über die nicht in einem bestimmten Volumen oder in einer bestimmten Menge vereinbarte Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder die Lieferung von Fernwärme einen angemessenen Betrag nach § 357 VIII BGB für die vom Unternehmer erbrachte Leistung schuldet, wenn der Verbraucher das Widerrufsrecht ausübt, nachdem er auf Aufforderung des Unternehmers von diesem ausdrücklich den Beginn der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist verlangt hat (Art. 246 a § 1 II 1 Nr. 3 EGBGB).

Der Unternehmer kann gemäß Art. 246 a § 1 II 2EGBGB diese Informationspflichten dadurch erfüllen, dass er das in der Anlage 1 vorgesehene Muster für die Widerrufsbelehrung zutreffend ausgefüllt in Textform übermittelt.

Verwendet der Unternehmer veraltete Widerrufsbelehrungen, drohen ihm Abmahnungen. Daher sollte eine veraltete Widerrufsbelehrung zwingend durch eine aktuelle Widerrufsbelehrung ersetzt werden.

Beispiel:

Seit der Einführung der Verbraucherrechterichtlinie muss die Telefonnummer des Unternehmers in der Widerrufsbelehrung angegeben werden. Die Angabe der Faxnummer in der Widerrufsbelehrung ist erst dann verpflichtend, wenn diese im Impressum der Webseite ebenfalls angegeben worden ist.

Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Verbraucher aufgrund fehlender Informationen sein Widerrufsrecht länger ausüben kann.

Beispiel:

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm gilt die Widerrufbelehrung bei einem Angebot auf der Internetauktionsplattform eBay auch dann als unverzüglich nach Vertragsschluss erteilt, wenn die zusätzliche Übermittlung in Textform unmittelbar im Anschluss an das 49 Stunden später eingetretene Auktionsende erfolgt. Dabei ist es unbeachtlich, ob die Widerrufsbelehrung unmittelbar nach Vertragsschluss durch Abgabe des Höchstgebots erteilt wurde oder nicht(Fußnote).

7.2.1.4.7. Mindestdauer der Verpflichtungen

Gemäß Art. 246 a § 1 I 1 Nr. 12 EGBGB ist der Unternehmer dazu verpflichtet, eine Angabe zu einer möglichen Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit Vertragsschluss eingeht, zu machen(Fußnote).

7.2.1.4.8. Informationspflichten beim elektronischen Geschäftsverkehr

Die Verpflichtung zur vorvertraglichen Information des Verbrauchers im elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce) ergibt sich aus § 312 i BGB. Gemäß § 312 i I 1 Nr. 1 BGB hat der Unternehmer dem Kunden angemessene, wirksame und zugängliche technische Mittel zur Verfügung zu stellen, mit deren Hilfe der Kunde Eingabefehler vor Abgabe seiner Bestellung erkennen und berichtigen kann.

Beispiel:

Der Unternehmer hat dem Kunden zu Beginn seiner Bestellung darüber zu informieren, „wie“ das Bestellsystem funktioniert(Fußnote).

Rechtzeitig vor der Abgabe einer Bestellung im elektronischen Geschäftsverkehr durch einen Verbraucher, ist der Unternehmer gemäß § 312 i I 1 Nr. 2 BGB verpflichtet, diesem die in Art. 246 c EGBGB bestimmten Informationen klar und verständlich mitzuteilen.

Bedient sich ein Unternehmer zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrages über die Lieferung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 312 i I BGB der Telemedien, spricht man von einem Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr).

Ferner muss der Unternehmer dem Verbraucher den Zugang von dessen Bestellung unverzüglich auf elektronischen Wege bestätigen (§ 312 i I 1 Nr. 3 BGB).

Beispiel:

In der Praxis werden automatisierte E-Mails zur Bestätigung versandt. Bei der Formulierung sollte darauf geachtet werden, dass die E-Mail ungewollt als Annahmeerklärung zu verstehen ist(Fußnote).

Der Unternehmer hat darüber hinaus gemäß § 312 i I 1 Nr. 4 BGB dem Kunden die Möglichkeit zu verschaffen, die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern.

Beispiel:

Die Vertragsbestimmungen sowie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen auch zum Download bereitgehalten werden(Fußnote).

7.2.1.4.9. Kein Verstoß gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Eine Verletzung der vorvertraglichen Informationspflichten ist nach Auffassung des Kammergerichts schon dann gegeben, wenn der Verbraucher zwar zutreffend über den Vertragsinhalt informiert wird, der unterbreitete Vertrag aber Klauseln enthält, die gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Recht) gemäß § 307 ff. BGB verstoßen(Fußnote).

Auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Vertrages im Fernabsatzrecht muss ebenso gemäß § 305 II Nr. 1 BGB ausdrücklich hingewiesen werden, damit es dem Verbraucher in zumutbarer Weise möglich ist, Kenntnis von deren Inhalten zu nehmen.

Beispiel 1:

Hyperlinks, die den Internetnutzer zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen weiterleiten, müssen eine entsprechende Schriftgröße haben, damit sie von einem durchschnittlichen Verbraucher auch bei flüchtiger Betrachtung nicht übersehen werden können(Fußnote).

Beispiel 2:

Lange Linkketten verhindern, dass der Verbraucher auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugreifen kann(Fußnote). Sie sind einem durchschnittlichen Verbraucher nicht zumutbar.

Der Verbraucher muss den Allgemeinen Geschäftsbedingungen anschließend zustimmen.

Beispiel:

Der Verbraucher kann beispielsweise mittels einer hinterlegten Option zum Setzen eines Häkchens im Bestellformular, sein ausdrückliches Einverständnis erklären(Fußnote). Auf Klauseln, wie „Ich habe die AGB gelesen und verstanden und bin mit der Geltung der AGB einverstanden“ sollte verzichtet werden(Fußnote).

Gemäß § 305 c I BGB sind überraschende Klauseln unzulässig und werden nicht Bestandteil des Vertrages, weil ein durchschnittlicher Verbraucher nicht mit solchen Klauseln zu rechnen braucht.

Beispiel:

Werden dem Verbraucher kostenlose Leistungen angeboten, enthalten diese allerdings im Kleingedruckten eine Entgeltpflicht, so besteht für den Verbraucher die Gefahr einer sogenannten „Abo-Fallen“. Solche Klauseln stellen für den Verbraucher regelmäßig überraschende Klauseln im Sinne des § 305 c I BGB dar(Fußnote)].

Ferner muss das Transparenzgebot gemäß § 307 III 2 BGB eingehalten werden, wonach die Klauseln sowohl lesbar als auch übersichtlich und verständlich dargestellt werden sollten.

Beispiel:

Außerhalb des internationalen Fernabsatzverkehrs sollte auf die Verwendung von Fremdsprachen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verzichtet werden. Andernfalls kann nicht sichergestellt werden, ob der Verbraucher die gewählte Sprache beherrscht(Fußnote). Mithin werden Missverständnisse aufgrund fehlender Fremdsprachenkenntnisse vermieden.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz greift, sobald der Verbraucher beispielsweise bei einem englischen Anbieter bestellt, der ausschließlich in englischer Sprache formulierte Allgemeine Geschäftsbedingungen vorweist. Dann kann dem Verbraucher zugemutet werden, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in einer Fremdsprache zur Kenntnis zu nehmen(Fußnote). Schließlich hat er sich bewusst gegen einen Anbieter mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen in seiner Muttersprache entschieden.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Websiten abmahnsicher gestalten“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, und Sandra Kuley, Bachelor of Laws (LL.B.), mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-42-7.


 

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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