Das Recht der GmbH – Teil 48 – Organe der UG, Stammkapital, Thesaurierungspflicht, Steuern

9.5 Organe der UG

Die Organe der UG und ihre Funktionen unterscheiden sich nicht von der GmbH: Die Geschäftsführer und die Gesellschaftsversammlung der UG haben die gleichen Rechte und Pflichten wie die der GmbH.

Insofern kann hier auf die Ausführungen zu den Organen der GmbH verwiesen werden.

Achtung! Einen Unterschied gibt es hinsichtlich der Verpflichtung der Geschäftsführer zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung: Anders als in § 49 Abs. 3 GmbHG muss der Geschäftsführer einer UG die Gesellschafterversammlung schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit unverzüglich einberufen. Bei der GmbH ist das nur der Fall, wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint bzw. wenn sich aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz ergibt, dass die Hälfte des Stammkapitals verloren ist.

9.6 Stammkapital

Wie die GmbH benötigt die UG grundsätzlich Stammkapital. Die wesentliche Unterscheidung zwischen UG und GmbH liegt aber darin, dass die UG bereits mit einem Euro Stammkapital gegründet werden kann. Dies ergibt sich aus § 5a Abs. 1 GmbHG i.V.m § 5 Abs. 1 GmbHG: Hier wird definiert, dass eine GmbH, die mit einem geringeren Stammkapital als 25.000 € ausgestattet ist, den Rechtsformzusatz „Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt“ statt dem Rechtsformzusatz „GmbH“ führen muss. Damit ist die Gründung einer UG als Ein-Mann-Gesellschaft theoretisch bereits mit einem Gesellschaftsvermögen von einem Euro möglich.

Weil damit der finanzielle Aufwand der Gründung einer haftungsbeschränkten Gesellschaft sehr überschaubar ist, ist diese Rechtsform vor allem bei Existenzgründern sehr beliebt.

Zu bedenken ist allerdings, dass ein so geringes Stammkapital der UG tendenziell zu einem vergleichbaren Seriositätsdefizit führt wie bei der der Limited. Außerdem führt die Gründung einer UG mit einem Stammkapital von weniger als 1.000 € im häufigsten Falle zu einer sofortigen Insolvenzantragspflicht: Denn bereits die Kosten der Gründung, die üblicherweise durch die Satzung derGesellschaft auferlegt werden und die Beauftragung des Steuerberaters mit der Erstellung der Eröffnungsbilanz führen zu Kosten zwischen 1.000 und 1.500 € und damit zur Überschuldung der neugegründeten Gesellschaft.

9.7 Thesaurierungspflicht nach § 5a Abs. 3 GmbHG

Die Pflicht zur Bildung von Rücklagen aus den Gewinnen der UG, die sogenannte Thesaurierungspflicht, ist eine Besonderheit der UG. Denn diese Pflicht greift erheblich in die Rechte der Gesellschafter ein, die bei allen anderen Gesellschaftsformen frei über die Verwendung von Gewinnen entscheiden können.

Die Gesellschafter der UG sind nach dieser Vorschrift dazu verpflichtet, in der Bilanz des nach den §§ 242, 264 des Handelsgesetzbuchs aufzustellenden Jahresabschlusses eine gesetzliche Rücklage zu bilden, in die ein Viertel des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses einzustellen ist.

25% des Gewinns der Gesellschaft müssen also als Rücklage in der Bilanz eingestellt werden.

Diese Gewinnrücklagen dürfen nur

  • für Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln,
  • zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrags, soweit er nicht durch einen Gewinnvortrag aus dem Vorjahr gedeckt ist oder
  • zum Ausgleich eines Verlustvortrags aus dem Vorjahr verwendet werden, soweit der nicht durch einen Jahresüberschuss gedeckt ist.

Die Thesaurierungspflicht ist der Preis, den die Gesellschafter dafür zahlen, dass sie trotz des geringen Mindeststammkapitals in den Genuss einer Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftskapital kommen.

Die Kapitalerhöhung aus den Gesellschaftsmitteln ist dabei der vorrangige Zweck, den die Thesaurierungspflicht verfolgt: Denn aus den „zurückgelegten“ Eigenmitteln soll die Gesellschaft das Stammkapital ansparen, das für den Übergang in eine GmbH benötigt wird (sog. Kapitalaufholung).

Achtung! Die Pflicht zur Bildung von Rücklagen endet erst, wenn das Stammkapital 25.000 € erreicht hat. Wenn die Rücklagen also nicht für eine Kapitalerhöhung verwendet werden, sondern weiterhin „nur“ als Rücklagen in der Bilanz zu finden sind, ist der Übergang in die GmbH noch nicht möglich!

Eine Pflicht zur Kapitalerhöhung aus den Rücklagen besteht allerdings nicht. Die Umschichtung in der Bilanz ist dennoch irgendwann ratsam, da ansonsten weiterhin 25% des Gewinns als Rücklage eingestellt werden muss und damit der Gewinn der Gesellschafter geschmälert wird. Die Umschichtung im Wege der Kapitalerhöhung wird also im Zweifel bereits aus Eigeninteresse der Gesellschafter so schnell wie möglich erfolgen.

Achtung! Es ist nicht zwangsläufig notwendig, dass die Stammkapitalerhöhung aus den Rücklagen erfolgt. Auch eine Kapitalerhöhung aus anderen Mitteln ist natürlich immer möglich!

Verstößt die Gesellschaft gegen die Pflicht, Gewinnrückstellungen zu bilden, kann das für die Gesellschaft, aber auch für die Geschäftsführer unangenehmen Folgen haben:

Werden Gewinne entgegen der Pflicht zur Thesaurierung vollständig ausgeschüttet, hat das zur Folge, dass einerseits der Jahresabschluss als solcher nichtig ist und andererseits die Beschlüsse der Gesellschafter zur Gewinnverwendung. Die damit zu Unrecht ausgeschütteten Gewinne müssen an die Gesellschaft zurück bezahlt werden. Hier werden § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG und § 253 Abs. 1 AktG analog angewendet.

Beispiel 1

Die XY UG hat in einem Wirtschaftsjahr einen Gewinn von 8.000 € erzielt. Man beschließt, diesen Gewinn vollständig an die drei Gesellschafter A, B und C auszuschütten. Eine Rücklagenbildung erfolgt nicht.

In diesem Fall müssen alle drei Gesellschafter ihren zu viel erhaltenen Gewinnanteil an die Gesellschaft erstatten (jeweils 25% ihres Gewinnanteils).

Problematisch kann diese Situation werden, wenn einem oder mehreren Gesellschaftern diese Rückzahlung nicht möglich ist, weil sie das dafür notwendige Kapital nicht aufbringen können.

9.8 Übergang zur GmbH

Ist das Mindeststammkapital für die GmbH erreicht, erfolgt der Übergang der UG zur GmbH:

§ 5a Abs. 5 GmbHG regelt, dass im Falle des Erreichens der 25.000 € Grenze die Sonderregelungen für die UG nicht mehr zur Anwendung kommen.

Ein Übergang einer UG zu einer GmbH stellt keine Umwandlung im Sinne des Umwandlungsgesetzes dar, denn es erfolgt kein Wechsel der Rechtsform. Der Wechsel von der UG zur GmbH erfolgt automatisch und ohne Änderung des Rechtsträgers: Ein und dieselbe Gesellschaft ist in einem Augenblick eine UG und mit Erreichen der 25.000-Euro- Grenze innerhalb einer „juristischen Sekunde“ eine GmbH.

Eine GmbH, deren Stammkapital weniger als 25.000 € beträgt, kann sich nicht in eine UG umwandeln. Denn ist eine GmbH gegründet oder aus eine UG entstanden darf gem. § 58 Abs. 2 GmbH das Stammkapital von 25.000 € nicht mehr unterschritten werden.

Zudem ist die Gründung einer UG mittels Umwandlung nicht möglich: § 5a Abs. 2 S. 2 GmbHG schließt Sachgründungen bei einer UG aus und damit Umwandlungen, weil die Übernahme eines fremden Gesellschaftsvermögens als Sachgründung gilt.

Eine Gründung mittels sogenannter Vorratsgesellschaften bleibt wie bei der GmbH möglich. Eine Vorratsgesellschaft ist eine Kapitalgesellschaft, die keiner eigenen Geschäftstätigkeit nachgeht. Sie ist nur gegründet worden, um an Dritte verkauft zu werden, die dann im Zweifel unter neuer Firma eine Geschäftstätigkeit aufnehmen. Diese Art der Gründung gilt nicht als Sachgründung. Sie dient dazu, dem neuenInhaber der UG so schnell wie möglich eine haftungsbeschränkte Gesellschaft zu verschaffen, ohne selbst das Gründungsprocedere durchlaufen zu müssen.

9.9 Steuern: Körperschaftssteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer

Die Gewinne der UG sind genauso zu besteuern wie die Gewinne der „großen“ Kapitalgesellschaften: Es fallen Körperschaftssteuern und Gewerbesteuern an. Die Gesellschafter müssen für die an sie ausgeschütteten Gewinne die Einkommensteuer entrichten (Doppelbesteuerung der Gewinne wie bei der GmbH).

Um dem Problem der Doppelbesteuerung bei der UG entgegenzuwirken, werden Gewinnausschüttungen an Gesellschafter nur zu Hälfte besteuert (Halbeinkünfteverfahren). Der Gesellschafter kann dann allerdings im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung nur die Hälfte der tatsächlich im Zusammenhang mit der Gesellschafterstellung entstehenden Werbungskosten ansetzen.

Die UG ist wie die GmbH dazu verpflichtet, die Umsatzsteuer auszuweisen. Allerdings kann sich die UG wie ein Einzelunternehmer von dieser Verpflichtung im Sinne der Kleinunternehmerregelung befreien lassen. In diesem Fall muss die UG in Rechnungen an ihre Kunden darauf hinweisen, dass sie auf Lieferungen und Leistungen keine Umsatzsteuer erhebt.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Recht der GmbH“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-33-5.


 

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Stand: Januar 2015


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

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  • Wahl des Firmennamens
  • Gesellschaftsgründungen:
    z.B. Beratung zu Gesellschaftskonzepten, Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, Geschäftsführerverträgen, Handelsregisteranmeldungen, Vorbereitung und Begleitung  bei Notarterminen 
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  • Liquidation von Gesellschaften
  • Firmenkäufen
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  • Geschäftsführerverträgen
  • Sanierung, Insolvenzvermeidung und Insolvenzbegleitung:
    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Normen: § 5 a GmbHG

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