Die Haftung für Steuerschulden – Teil 10 – Haftung der Gesellschafter einer OHG, KG, GbR oder Partnerschaft; Drittwirkung der Steuerfestsetzung; Ehegatten

10. Haftung der Gesellschafter einer OHG und KG nach §§ 128 und 161 II HGB

Bei einer OHG haften die Gesellschafter gem. § 128 HGB für sämtliche auf Zahlung gerichtete Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber den Gläubigern persönlich, unbeschränkt und als Gesamtschuldner. Entgegenstehende Vereinbarungen sind unwirksam, es sei denn, sie wurden mit dem Gläubiger selbst getroffen. Dies gilt auch für Komplementäre einer KG gem. § 161 II HGB.

Ein Kommanditist haftet bis zur Höhe seiner Einlage. Wurde diese geleistet, ist die Haftung ausgeschlossen. Die Höhe der Einlage bestimmt sich gem. § 172 HGB nach dem Betrag, der in das Handelsregister als Hafteinlage eingetragen ist.

Das Ausscheiden eines Gesellschafters beendet die Haftung gegenüber Dritten für bestehende Ansprüche nicht. Alle Ansprüche, die bis zum Ausscheiden begründet wurden, verjähren nach § 159 I HGB in 5 Jahren. Allerdings haftet der ausgeschiedene Gesellschafter nicht für nach seinem Austritt begründete Verbindlichkeiten, auch wenn sein Ausscheiden nicht im Handelsregister eingetragen ist, da § 15 HGB auf Steueransprüche keine Anwendung findet.

Im Innenverhältnis ist eine Freistellung durch die übrigen persönlich haftenden Gesellschafter gem. § 738 BGB möglich.

Bei Eintritt eines Gesellschafters besteht eine Haftung für Schulden, die bei Eintritt bereits bestanden haben. Das gilt auch für Komplementäre gem. § 130 HGB. Bei der Umwandlung eines Einzelunternehmen in eine OHG und dem Eintritt neuer Gesellschafter ist ein Haftungssauschluss durch Eintragung in das Handelsregister oder Mitteilung an jeden Gläubiger möglich. Bei Eintritt eines Kommanditisten in eine Kommanditgesellschaft besteht gem. § 173 I HGB eine Haftung für bereits bestehende Verbindlichkeiten.

Beispiel 1

Herr Otto ist Kommanditist der Beton KG. Seine Einlage beträgt 100.000 €, von der er bisher aber nur 60.000 € eingezahlt hat.

Bis zur vollständige Einzahlung haftet Herr Otto den Gläubigern der Gesellschaft in Höhe von 40.000 €.

11. Haftung der Gesellschafter eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach § 421 und § 427 BGB

Die Haftung für Steuerschulden kann weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. Die Auflösung einer GbR ändert nichts an der Haftung der Gesellschafter für diejenigen Verbindlichkeiten, die während ihrer Gesellschafterstellung entstanden sind. Der Steuerhaftungsanspruch gegen Gesellschafter einer aufgelösten Gesellschaft bürgerlichen Rechts verjährt analog § 159 HGB innerhalb von 5 Jahren.

Diese Frist beginnt nicht wie bei §§ 159 II oder III HGB mit der Eintragung der Auflösung oder dem Insolvenzvermerk im Handelsregister, sondern mit der Kenntnis des Finanzamtes von der Auflösung.

12. Haftung der Gesellschafter einer Partnerschaft nach § 10 II PartGG und § 159 und 160 HGB

Die Haftung der Gesellschafter einer Partnerschaft ergibt sich aus §§ 10 II PartGG iVm. §§ 159, 160 HGB. Gem. § 8 I PartGG haften die Partner für die Verbindlichkeiten der Partnerschaft mit ihrem Privatvermögen als Gesamtschuldner. Die in § 8 II, III PartGG geregelten Möglichkeiten eines Haftungsausschlusses sind abschließend geregelt und nicht auf steuerliche Verbindlichkeiten anwendbar.

13. Drittwirkung der Steuerfestsetzung nach § 166 AO

§ 166 AO bestimmt die Drittwirkung von Steuerbescheiden bei der Gesamtrechtsnachfolge (§ 166 Alt. 1 AO) und bei Bestehen einer eigenen Anfechtungsberechtigung (§ 166 Alt. 2 AO). Eine Drittwirkung der Steuerfestsetzung gegenüber dem Haftungsschuldner ist nur in den Fällen gem. § 166 AO möglich, z.B. bei GmbH über den Geschäftsführer.

Nach § 166 AO muss der, der in der Lage war, den Bescheid als Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten, eine dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbare Steuerfestsetzung gegen sich gelten lassen.

Die Drittwirkung ist nicht möglich bei Gesellschaftern einer GbR, die für Steuerschulden der GbR als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden, wenn diese zur Alleinvertretung nicht berechtigt waren, da ihnen somit alleine kein Anfechtungsrecht zustand.

Beispiel 1

Die Südmann AG erhält einen Körperschaftsteuer-Bescheid in Höhe von 100.000 €. Er ist unanfechtbar. Später wird dieser Bescheid gem. § 173 I Nr. 1 AO von 100.000 € auf 120.000 € geändert. Der Vorstandsvorsitzende der Südmann AG haftet, da er die Steuererklärung grob fahrlässig unrichtig abgegeben hat und in Folge dessen eine zu niedrige Steuerfestsetzung erfolgte.

Der Vorstandsvorsitzende kann entweder einen Einspruch mit der Begründung erheben, dass die Körperschaftssteuerschuld doch nur 100.000 € beträgt oder einen mit der Begründung, dass er nicht grob fahrlässig gehandelt hat, sollte die Schuld doch tatsächlich 120.000 € betragen und nicht 100.000 €.

Der Vorstandsvorsitzende kann als gesetzlicher Vertreter der Südmann AG den Körperschaftssteuerbescheid, der 120.000 € aufweist, anfechten. Dann kann er aber mit dem Argument, dass die Körperschaftssteuerschuld nur 100.000 € beträgt, nicht angehört werden.

Der Einwand, dass der Vorstand nicht grob fahrlässig gehandelt hat, betrifft den Haftungsgrund nach § 69 AO. Er muss im Rechtsbehelfsverfahren gegen den Haftungsbescheid überprüft werden. Die Drittwirkung kann soweit nicht reichen.

14. Ehegatten

Haben Ehegatten die Zusammenveranlagung nach § 26 b EStG gewählt, sind sie für die entstehende Steuerschuld Gesamtschuldner. Das führt dazu, dass jeder Ehegatte für die gesamte Steuerschuld von beiden Ehegatten zusammen haftet.

Gesamtschuldner können beantragen, dass die Vollstreckung wegen der Steuerschulden jeweils auf den Betrag beschränkt wird, der sich bei einer Aufteilung der Steuern auf den jeweiligen Ehepartner ergibt (§ 268 AO). Das heißt es wird geprüft, wie sich die Steuerlast bei einer Einzelveranlagung ergeben würde und dementsprechend aufgeteilt. Damit haftet zusammen veranlagte Eheleute steuerlich nicht mehr als Gesamtschuldner.

Es können nur rückständige Steuern aufgeteilt werden. Rückständige Steuern umfassen sowohl

  • Voraus- und
  • Abschlusszahlungen als auch
  • Steuernachforderungen
  • Säumniszuschläge
  • Zinsen und
  • Verspätungszuschläge (§ 276 IV AO).

Andere Nebenleistungen nach § 3 IV AO, also

  • Verzögerungsgelder
  • Zuschläge nach § 162 IV AO
  • Zwangsgelder
  • Kosten

werden nicht aufgeteilt.

Die Aufteilung muss beim zuständigen Finanzamt beantragt werden. Der Antrag kann frühestens nach Bekanntgabe des Steuerbescheides gestellt werden. Nach vollständiger Tilgung der rückständigen Steuern ist er unzulässig. Wird er nach teilweiser Tilgung gestellt, bezieht er sich nicht nur auf den noch offenen Betrag, denn die Aufteilung beseitigt rückwirkend die Tilgungswirkung der gezahlten Steuern.

Rückständigen Steuern, die bereits im Rahmen der gemeinsamen Veranlagung festgesetzt wurden, können durch einen Antrag aufgeteilt werden.

Die Aufteilung richtet sich nach § 270 AO. Das Finanzamt führt in diesem Fall eine fiktive getrennte Veranlagung durch. Auf diese Weise kann sie die, im Falle einer getrennten Veranlagung ergebenden, Steuerschulden ermitteln. Die sich aus der Zusammenveranlagung ergebende eigentliche Steuerschuld, exklusive der Vorauszahlungen und bereits abgeführten Lohnsteuern, wird dann auf die Ehegatten aufgeteilt, indem sie in das Verhältnis zur getrennten Veranlagung gestellt wird.

Im Anschluss daran werden die vom jeweiligen Ehegatten geleisteten Vorauszahlungen oder abgeführte Lohnsteuern abgezogen. Das Ergebnis dieser Berechnung ist die sodann bei dem jeweiligen Ehegatten einzuziehende und ggf. zu vollstreckende Steuerschuld.

Mit einer Aufteilung der Steuerschulden ist allerdings derjenige Ehegatte, der die geringere Steuerschuld trägt, noch nicht vollständig vor den Steuerschulden des anderen Ehegatten geschützt. Wurde von dem Steuerschuldner mit der höheren Steuerschuld unentgeltlich Vermögen auf den Ehegatten mit der geringeren Steuerschuld übertragen, erhöhen sich die auf den Empfänger entfallenden Aufteilungsbeträge um den gemeinen Wert der Zuwendungen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Haftung für Steuerschulden“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-39-7.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Normen: § 166 AO, § 10 PartGG, § 159 HGB, § 160 HGB, § 421 BGB, § 427 BGB, § 128 HGB, § 161 HGB

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