Die internationale Entsendung von Mitarbeitern – Teil 03 – notwendige Personalentscheidungen

2. Kapitel Notwendige Personalentscheidungen

Mitarbeiter, die für einen (mehrjährigen) Auslandsaufenthalt im Rahmen einer Entsendung infrage kommen, müssen besondere persönliche Fähigkeiten mitbringen. Es ist nicht jeder Mitarbeiter für solch einen Auslandseinsatz geeignet. Für das Unternehmen gilt es, ein Anforderungsprofil vorab zu entwickeln und anhand dessen eine Auswahl unter möglicherweise geeigneten Mitarbeitern zu treffen.

2.1. Personalauswahl und Anforderungsprofil

Ein gewichtiger Mangel bei vielen Personalsuch- und Personalauswahlprozessen ist, dass sie ohne ein klar definiertes und ohne ein einheitliches Anforderungsprofil durchgeführt werden.[1] Insofern ist die Bestimmung und Festlegung von Anforderungen und Kriterien für die Auswahl des zu entsendenden Mitarbeiters sehr wichtig. Diese Vorarbeiten können nicht pauschal geschehen, sondern sind anhand der Randbedingungen, z.B. Zielland, Art der Aufgabe, familiäre und persönliche Randbedingungen im Zielland, immer individuell zu betrachten und im Prozess bei Erfordernis auch anzupassen.

2.1.1. Persönliche Voraussetzungen des Mitarbeiters

Bei der Personalauswahl in der Entsendungspraxis werden die Anforderungs- und Bewerberprofile miteinander verglichen. Bei der Personalauswahl für einen Auslandseinsatz geht man in der Regel gleich vor. Folgende Punkte sollten beachtet werden [2]:

  • Weitergehende fachliche Qualifikation
  • Physische und psychische Konstitution (z.B. behandlungsbedürftige Krankheiten, Allergien, ...)
  • Zusätzliche persönliche Aspekte (z.B. Familie, Sprachkenntnisse)
  • Weitergehende soziale Kompetenzen vor allem in einem multikulturellem Umfeld

2.1.2. Familiäre Situation

Auch die familiäre Situation des Mitarbeiters muss berücksichtigt werden. Der Umzug der Familie führt häufig dazu, dass der Partner seine bisherige Beschäftigung aufgeben – und sofern er im Ausland berufstätig sein möchte – sich dort eine neue Arbeit suchen muss. Dieser Aspekt ist bereits frühzeitig in die Überlegungen mit einzubeziehen, da zu überlegen ist, wie mit einem erneuten Arbeitsplatzwechsel des Ehegatten bei Beendigung der Entsendung und der Rückkehr nach Deutschland umzugehen ist. Hier spielen auch Überlegungen zur sozialversicherungsrechtlichen Situation des Ehegatten ein Rolle (Kranken- und Rentenversicherung). Gleichzeitig sollte berücksichtigt werden, dass die Lebenssituation in anderen Gesellschaften sich für Entsendete anders darstellen, als im Entsendeland. Nicht unüblich ist, dass eine standesmäßige, landesübliche Lebensweise sich deutlich zu der regelmäßigen Lebenssituation im Land seines gewöhnlichen Aufenthaltes unterscheidet.[3] Hier ist bereits vor der Entsendung zu bedenken, wie bei der Rückkehr mit der dann wieder üblichen Situation umgegangen wird.

Für Kinder bedeutet ein Umzug ins Ausland, ebenso wie für die Erwachsenen, ein „Sich-Zurecht-Finden“ in einem neuen persönlichen sozialen Umfeld mit zeitgleichem Kindergarten- oder Schulwechsel. Dies kann ebenfalls zu einer erheblichen familiären Belastung führen. Zudem ist zu berücksichtigen, welche Schule geeignet ist und zu dem gewünschten Schulabschuss führen. Hier sind sehr häufig zusätzliche Kosten einzukalkulieren (z.B. Besuch einer deutschen Schule oder einer Privatschule), die der Entsendete, und damit auch das Unternehmen berücksichtigen sollten. Hier zu sparen, würde die familiäre Situation des entsendeten Mitarbeiters sehr belasten und damit auch seine Arbeitsleistungen negativ beeinträchtigen. Positiv gestimmte Familienmitglieder können durchaus als „Verbündete“ gesehen werden, negativ gestimmte sind eine Belastung, die zu der persönlichen neuen Situation noch hinzukommt.

2.2. Stammhauspersonal oder neuer Mitarbeiter

Vor der Mitarbeiterauswahl muss sich das Unternehmen entscheiden, ob es auf ihr eigenes Stammhauspersonal zurückgreift oder sich für neue, externe Mitarbeiter entscheidet. Die Entsendung von Stammhauspersonal kann in der Anfangsphase einer internationalen Betätigung von entscheidender Bedeutung für ein Unternehmen sein. Denn nur das Stammhauspersonal kennt die Strukturen und Philosophie des Unternehmens bereits. Dieses Wissen kann ein neuer Mitarbeiter erst nach intensiver und längerer Einarbeitung gewinnen. Dieser Mangel kann im Zweifel nur mittels einer sorgfältigen Planung kompensiert werden. Gleichwohl sollte auch ein aus dem Stammhaus stammender Entsendete, nochmals intensiv in diese Themen eingearbeitet und besonders geschult werden.

In vielen Fällen ist eine besondere Kenntnis der Marktsituation des Landes, in das entsendet werden soll, ein entscheidendes Kriterium.[4] Es bleibt der unternehmerischen Entscheidung vorbehalten, jemanden auszuwählen, der die Unternehmenskultur kennt oder eben nicht kennt. Im letzteren Fall sind aber erfahrungsgemäß Kommunikationsschwierigkeiten und Fehlinvestitionen vorprogrammiert. Zahlreiche und unvorhersehbare Missverständnisse führen häufig nicht nur zu einer vorzeitigen Trennung von diesem Mitarbeiter, sondern eben auch zu einem Verlust auf dem zukünftigen Markt, der nicht oder nur mit erheblichen Aufwand wieder ausgeglichen werden kann.

2.3. Kontaktverlust zum Stammhaus

Die entsandten Mitarbeiter erhalten aufgrund ihres Auslandsaufenthaltes einen besonderen Status im Heimatunternehmen. In Bezug auf die Dauer der Auslandstätigkeit verlieren sie häufig den Kontakt zum Stammhaus, speziell zu den Veränderungen innerhalb des Unternehmens. Diese zwangsläufige Situation muss ausgeglichen werden. Deshalb muss eine kontinuierliche Kommunikation mit dem betreffenden Mitarbeiter aufrechterhalten und in der Zeit unmittelbar vor der Rückkehr verstärkt werden.

Ein wichtiges Thema über das regelmäßig kommuniziert werden sollte, sind beispielsweise die Überprüfung und Anpassung seines Gehaltes. Dies verhindert für den Mitarbeiterden Eindruck, dass er bei dieser wichtigen Angelegenheit vergessen wird, nur weil er im Ausland ist [5]. Ein regelmäßiger Informationsfluss aus dem Stammhaus gegenüber seinem entsandten Mitarbeiter, bspw. in einem Newsletter, über Veränderungen bei Entsendungsthemen oder Aktionen wie Jubiläumszahlungen, können Kontaktverluste mindern und wirken gegen die Angst der Isolation. Besser als ein Rundbrief ist ein persönlicher Kontakt, durch Kontaktpersonen, die immer ansprechbar und als Bindeglied zwischen Mitarbeiter und Heimatunternehmen sind.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die internationale Entsendung von Mitarbeitern“ von Tilo Schindele, auf Arbeitsrecht spezialisierter Rechtsanwalt, und Babett Stoye, LL.B., mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1.


 

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Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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