Die Anlagengenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz – Teil 02 – Definition der Anlage in § 3 Abs. 5 BImSchG


2.1.2 „Immissionen“ und „Emissionen“

§ 3 Abs. 3 BImSchG definiert Emissionen als die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen. Immissionen sind gemäß § 3 Abs. 2 BImSchG auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

Das BImSchG differenziert zudem zwischen Immissionen und schädlichen Umwelteinwirkungen. Letztere sind qualifizierte Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Eine Gefahr besteht in der Möglichkeit - bzw. genauer in der hinreichenden Wahrscheinlichkeit - eines Schadens.(Fußnote)Unter einem Nachteil versteht man die Beeinträchtigung von Interessen, die keinem sonstigen rechtlichen Schutz unterliegen(Fußnote); Belästigungen hingegen sind Einwirkungen auf das körperliche und seelische Wohlbefinden von Menschen, die keine Gefahr für die Gesundheit darstellen.(Fußnote)

Bezüglich der Nachteile und der Belästigungen ist zu beachten, dass diese erheblich sein müssen, um immissionsschutzrechtliche Relevanz zu erlangen. Erheblich sind die Beeinträchtigungen jedenfalls dann, wenn eine umfassende Güterabwägung ergibt, dass sie der Allgemeinheit oder den Nachbarn nicht zugemutet werden können.(Fußnote) Der Begriff der Erheblichkeit ist somit im konkreten Einzelfall zu ermitteln. Hierbei sind unterschiedliche objektive Abwägungskriterien heranzuziehen. Diese können sich bei Luftverunreinigungen oder Lärm aus den Grenzwerten der jeweils einschlägigen TA-Luft bzw. TA-Lärm ergeben. Sofern die Werte dauerhaft überschritten werden, liegt eine erhebliche Beeinträchtigung vor, so dass in diesen Fällen eine Abwägung grundsätzlich entfällt.(Fußnote) Anders verhält es sich insbesondere bei fehlenden Normen. Hier ist hinsichtlich der Stärke, Intensität und Dauer der Beeinträchtigungen auf das Empfinden eines normalen Durchschnittsmenschen in vergleichbarer Lage abzustellen.(Fußnote) In jedem Fall sind auch die ortsüblichen (Vor-)Belastungen bzw. der Gebietscharakter in die Abwägung einzubeziehen(Fußnote). Daraus können sich unter Umständen die Schutzwürdigkeit der Betroffenen und somit auch die Erheblichkeitsschwelle absenken.

Hinsichtlich der Anlagengenehmigung stellt § 4 Abs. 1 BImSchG klar, dass lediglich schädliche Umwelteinwirkungen, welche von einer Anlage ausgehen, zu einer Genehmigungspflicht führen. Im Umkehrschluss begründe sonstige Immissionen im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG sowie Emissionen im Sinne des § 3 Abs. 3 BImSchG kein Genehmigungserfordernis. Somit lässt sich festhalten, dass nicht die rein tatsächliche Emission, sondern "nur" eine besonders schwerwiegende, auf der Emission beruhende Auswirkung auf geschützte Güter eine Genehmigungsbedürftigkeit hervorruft. Dies bedeutet, dass nicht das Setzen der Ursache, sondern deren Auswirkung reglementiert wird. Dies ist deshalb sachgerecht, da eine Immission auch auf mehrere Emittenten zurückzuführen sein kann.

2.2 Definition der Anlage in § 3 Abs. 5 BImSchG

Der Anlagenbegriff des BImSchG ist außerordentlich weit.(Fußnote) Er ist in § 3 Abs. 5 BImSchG definiert, wonach unter einer Anlage ortsfeste (Nr. 1) und ortsveränderliche (Nr. 2) Einrichtungen sowie Grundstücke (Nr. 3) zu verstehen sind. Diese Begriffe sollen im Weiteren erläutert werden.

Gleichwohl ist die Prüfung, ob eine "Anlage" im Sinne des § 3 Abs. 5 BImSchG für die anschließende Frage ihrer Genehmigungsbedürftigkeit nicht relevant. Vielmehr sind die genehmigungspflichtigen Anlagen im Anhang 1 zur 4. BImSchV(Fußnote) abschließend geregelt. Dieser Anhang legt im Wege einer Beschreibung fest, ob die Errichtung bzw. der Betrieb einer überhaupt einer Genehmigung bedarf und, falls ja, in welchem Verfahren die Genehmigung zu erteilen ist (im Wege eines förmlichen oder vereinfachten Verfahrens, s.u. 4.1.2).

2.2.1 Ortsfeste Einrichtungen

Einrichtungen sind Gebäude oder bewegliche Sachen, die einer wirtschaftlichen Betätigung im weitesten Sinne dienen, wobei es auf eine Gewinnerzielung nicht ankommt.(Fußnote) Der Begriff der Betriebsstättestellt lediglich einen Unterfall der (sonstigen) ortsfesten Einrichtung und bezeichnet ein feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient.(Fußnote)

Eine ortsfeste Einrichtung im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG ist eine Anlage, die auf Grund ihrer Art, ihrer Zweckbestimmung oder ihrer Konstruktion an ihren Standort gebunden ist und im Normalfall nicht bewegt werden soll.(Fußnote) Dabei handelt es sich in der Regel um bauliche bzw. technische Anlagen, wie sich schon aus der gesetzlichen Unterscheidung zu bloßen Grundstücken in § 3 Abs. 5 Nr. 3 BImSchG ergibt.

2.2.2 Ortsveränderliche Einrichtungen und Fahrzeuge

Ortsveränderlich sind Einrichtungen, denen die funktionale Bindung an einen bestimmten Ort fehlt, die also nicht ortsfest im Sinne der Nummer 1 sind.(Fußnote) Unerheblich ist, ob sie tatsächlich hin und her bewegt werden können oder ob sie von ihrer generellen Zweckbestimmung her auf Ortsveränderlichkeit angelegt sind, sodass es nur darum geht, ob die Einrichtung nach dem Willen des Betreibers faktisch an einem festen Ort oder aber an wechselnden Orten betrieben wird bzw. werden soll.(Fußnote)

2.2.3 Emissionsträchtige Grundstücke

Ferner stellen gemäß § 3 Abs. 5 Nr. 3 auch emissionsträchtige Grundstücke Anlagen dar. Unter einem Grundstück versteht man einen räumlich abgegrenzten Teil der Erdoberfläche auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, mit Ausnahme öffentlicher Verkehrswege.(Fußnote)

2.3 Der Anlagenbetreiber

Die Anwendbarkeit einer Vielzahl immissionsschutzrechtlicher Anlagen hängt von der Eigenschaft als Anlagenbetreibers ab. Wenngleich er nicht in § 3 BImSchG definiert ist, besteht ein einheitliches Verständnis dieses Begriffs. Anlagenbetreiber sind diejenigen natürlichen oder juristischen Personen oder Personenvereinigungen, welche die Anlage in ihrem Namen, auf ihre Rechnung und in eigener Verantwortung führen(Fußnote), – die unmittelbare Entscheidungsgewalt über den Betrieb der Anlage innehaben und die wirtschaftlichen Risiken des Betriebs tragen.(Fußnote) Dabei kommt es vor allem darauf an, wer den bestimmendenbzw. maßgeblichen Einfluss auf die Lage, die Beschaffenheit und den Betrieb der Anlage ausübt.(Fußnote)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Anlagengenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Niklas Gatermann, LL.M. of German and Polish Law und deutsche Rechtswissenschaften an der Europa-Universität Viadrina, Magister des Polnischen Rechts an der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-58-8.


 

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