Die internationale Entsendung von Mitarbeitern – Teil 14 – Beendigung der Entsendung

7. Kapitel Beendigung der Entsendung

Der Auslandseinsatz kann aus verschiedenen Gründen beendet werden.

7.1. Zeitablauf / Zweckerreichung

Für den Auslandseinsatz des Arbeitnehmers bieten sich verschiedene vertragliche Gestaltungsformen in Abhängigkeit davon, welche Aufgabe und welcher Zeitraum in Rede stehen. Gewöhnliche Beendigungsgründe sind der Ablauf der Entsendedauer oder die Erreichung des vereinbarten Entsendezwecks. Dies wird in den Verträgen derart begründet, dass sie in drei Formen gestaltet werden können:

  • Der Entsendevertrag stellt eine Zusatzvereinbarung für die Zeit der Entsendung dar, der Arbeitsvertrag im Stammhaus ruht;
  • Der Entsendungsvertrag wird als Ergänzungsvertrag geschlossen (dadurch gekennzeichnet, dass das inländische Beschäftigungsverhältnis auf die speziellen Anforderungen des Auslandseinsatzes zugeschnitten ist und um die notwendigen und auch erforderlichen Bestandteile ergänzt wird);
  • Der Arbeitnehmer ist nur zum Zweck der Entsendung eingestellt. Der Arbeitsvertrag regelt ausschließlich die Arbeitsbedingungen für den Auslandseinsatz und ist nur auf diesen Auslandseinsatz gerichtet. Er stellt einen befristeten Arbeitsvertrag dar, der mit Eintritt der Bedingung, mithin der Zweckerreichung oder des Zeitablaufes, endet.

Beispiele:

1. Otto ist in der Firma Motor GmbH unbefristet angestellt und soll für eine bestimmte Zeit nach Frankreich in die Tochterfirma entsendet werden. Der Vertrag von Otto ist derart gestaltet, dass sein ursprünglicher Arbeitsvertrag in Deutschland ruhend gestellt wird und der Entsendevertrag eine Zusatzvereinbarung dessen darstellt. Somit treten nach Ablauf der Zeit oder Erreichung des Entsendezwecks die Hauptpflichten des "eigentlichen" Arbeitsvertrages wieder in Kraft. Der Entsendevertrag verliert seine Wirkung.

2. Paul ist bei Kranich-Flug angestellt und soll nach Spanien zur Reparatur einer Turbine entsendet werden. Er erhält, anders als Otto, einen Ergänzungsvertrag zum Arbeitsvertrag. Aber auch hier gelten dieselben Grundsätze wie bei Otto.

3. Bei Klaus, der speziell zum Zwecke der Entsendung eingestellt wurde, verhält sich das anders. Sobald er sein Projekt beendet hat oder die im Vertrag enthaltene zeitliche Befristung erreicht ist, endet sein Anstellungsverhältnis im Ausland und ist nicht mehr Arbeitnehmer des Entsende-Unternehmens.


7.2. Vorzeitige Beendigung / Abbruch

Der Auslandseinsatz kann auch vorzeitig beendet werden. Beispiele können u.a. die Krankheit des Mitarbeiters, ein Unfall, ein Notfall in der Familie oder auch die Veränderung politischer oder gesellschaftlicher Rahmenbedingungen sowie Naturkatastrophen sein.

7.2.1. Die Rückrufklausel

Es dringend anzuraten im Entsendungsvertrag eine Klausel (sogenannte Rückrufklausel) aufzunehmen, die die vorzeitige Beendigung und die damit verbundenen Kosten regelt.

Mit dem Entzug der arbeitsvertraglich geschuldeten Beschäftigung nimmt der Arbeitgeber dem Arbeitsverhältnis die rechtliche Grundlage.

Empfehlung 1: Vereinbarung einer Rückrufklausel

Vorteil: Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmer frühzeitig zurückzurufen

Beachte: Wahrung einer angemessenen Frist

7.2.2. Die Schadensersatzregelung

Auch eine Schadensersatzregelung ist hilfreich, um nachfolgende Probleme ohne Verzögerungen regeln zu können.

Empfehlung 2: Vereinbarung eines Schadensersatzes für den Fall des Rückrufes.

Hinweis: Zudem kann eine Vereinbarung, nach der der Arbeitgeber die Umzugskosten nur bei planmäßiger Beendigung der Entsendung übernimmt, möglich und ratsam sein.

Was tun bei politischen Unruhen?

Wenn keine vertragliche Vereinbarung für den Krisenfall getroffen wurde, kann der Arbeitnehmer bei Bestehen einer konkreten Gefahr für Leben oder Gesundheit das Einsatzland verlassen, ohne etwa dadurch seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu verletzen. Von einer solch "konkreten Gefahr" wird in diesen Fällen auszugehen sein, wenn das Auswärtige Amt deutsche Staatsbürger zum Verlassen eines Landes bzw. bestimmter Regionen auffordert. In diesen Fällen wird dem Mitarbeiter die Erbringung seiner Arbeitsleistung häufig unzumutbar sein (§ 275 Abs. 3 BGB). Dennoch muss der Arbeitgeber ihn nicht "zurückholen". Aus der sog. Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (§ 618 BGB) kann sich in diesen Fällen allerdings jedenfalls die Verpflichtung ergeben, den Mitarbeiter bei der Organisation der Rückreise zu unterstützen.[1]

Es ist jedoch darauf abzustellen, wessen Verschulden für den Abbruch maßgebend ist. Schadensersatz bei Unverschulden des Arbeitnehmers kommt nicht in Betracht.

Der Maßstab des Schadensersatzes muss immer im Verhältnis zum Gehalt des Mitarbeiters stehen. Hierbei sind die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung zu beachten. Das bedeutet inwiefern dem Arbeitnehmer Vorsatz, grobe, mittlere oder leichte Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Die Vereinbarung eines pauschalen Schadensersatzes für den vorzeitigen Abbruch kann sich zum Beispiel an einem Bruttomonatsgehalt des betroffenen Mitarbeiters orientieren.

7.2.3. Abberufung

Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer grundsätzlich jederzeit, aufgrund seines Direktionsrechtes, aus dem Ausland zurückrufen. Bei fehlenden vertraglichen Bestimmungen diesbezüglich, muss eine Interessenabwägung zwischen dem Rückrufsinteresse des Arbeitgebers (weil er Otto dringend in Deutschland benötigt) und der Lebensführung (Kinder gerade eingeschult, Ehepartner neues Arbeitsverhältnis) des betroffenen Arbeitnehmers im entsendeten Land vorgenommen werden.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die internationale Entsendung von Mitarbeitern“ von Tilo Schindele, auf Arbeitsrecht spezialisierter Rechtsanwalt, und Babett Stoye, LL.B., mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1.


 

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Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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