Die Anlagengenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz – Teil 14 – Grundpflichten gemäß § 5 BImSchG


4.2.1.1.1.3 Vorsorge vor sonstigen Gefahren

§ 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 BImSchG fordert darüber hinaus eine Vorsorge gegen sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und Belästigungen. Dies bezieht sich insbesondere auf direkte Einwirkungen auf Wasser und Boden sowie die menschliche Gesundheit(Fußnote) und umfasst sowohl die Auswirkungen des Normalbetriebs als auch von Störfällen.(Fußnote) Bei Letzteren umfasst die Pflicht etwa die Vorsorge vor Bränden, Explosionen oder vor unkontrollierter Freisetzung von Stoffen.(Fußnote)

4.2.1.1.1.4 Abfallvermeidungs-, Abfallverwertungs- und Abfallentsorgungspflicht

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG zählen auch die Pflichten zur Abfallvermeidung, -verwertung und -entsorgung zu den Grundpflichten. Hierbei besteht aufgrund des § 6 KrWG(Fußnote) eine Abfallhierarchie, die sich auch auf die Betreiberpflichten auswirkt: die Abfallvermeidung besitzt Vorrang gegenüber der Abfallverwertung, die wiederum gegenüber der Abfallentsorgung vorrangig ist.(Fußnote)

Der sachliche Anwendungsbereich ist auf primär anlagenbezogene Anforderungen beschränkt, da sich die Grundpflicht ausschließlich auf Errichtung und Betrieb von Anlagen und nicht auf die in der Anlage hergestellten Stoffe oder Erzeugnisse erstreckt.(Fußnote) Der Abfallbegriff in § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG entspricht der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 KrWG(Fußnote): Abfälle sind demnach alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Abfälle zur Verwertung sind Abfälle, die verwertet werden; Abfälle, die nicht verwertet werden, sind Abfälle zur Beseitigung.

Abfälle werden vermieden, wenn deren Entstehung durch geeignete Produktionsprozesse die Entstehung verhindert oder vermindert wird.(Fußnote)

Bezüglich der Abfallverwertung enthält das Immissionsschutzrecht keinen eigenen Verwertungsbegriff sodass an die Definition in § 3 Abs. 23 KrWG anzuknüpfen ist.(Fußnote) Danach versteht man unter der Verwertung jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis die Abfälle innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie entweder andere Materialien ersetzen, die sonst zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder indem die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen. Maßgeblich ist somit die vorherrschende Nutzung der Eigenschaft des jeweiligen Abfalls.(Fußnote)

Eine Beseitigung von Abfällen liegt vor, wenn diese einer weiteren Nutzung oder Nutzungsmöglichkeit entzogen werden.(Fußnote) Die Entsorgung ist im Hinblick auf oben erwähnte Abstufung als ultima ratio anzusehen und muss ordnungsgemäß und schadlos, d.h. ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit erfolgen.(Fußnote)

4.2.1.1.1.5 Energieeffizienzpflicht

Das Gebot zur effizienten Energieverwendung fordert, unter Berücksichtigung der Konkretisierung in § 4d der 9. BImSchV, die Erreichung hoher energetischer Wirkungs- und Nutzungsgrade, die Einschränkung von Energieverlusten und die Nutzung der beim Produktionsprozess anfallenden Energie.(Fußnote) Dabei soll der Verbrauch an Primärenergie gesenkt, der Klimaschutz berücksichtigt und Umweltbelastungen verringert werden.(Fußnote)
Der Energiebegriff ist weit auszulegen und umfasst sämtliche Energieträger, wie beispielsweise Kohle, Erdgas und -öl, Kernenergie sowie Energie aus erneuerbaren Quellen.(Fußnote)

4.2.1.1.1.6 Nachsorgepflicht

§ 5 Abs. 3 BImSchG sieht eine Nachsorgepflicht für genehmigungsbedürftige Anlagen nach deren Stilllegung vor. Somit betrifft diese Pflicht den Zustand der Anlage, des Anlagengrundstücks und insgesamt Ereignisse im Zeitpunkt nach der Stilllegung der Anlage. Daraus ergeben sich zwei Besonderheiten. Zum Einen ist - neben dem Anlagenbetreiber - im Falle einer Insolvenz auch der Insolvenzverwalter verpflichtet.(Fußnote) Zum anderen gilt § 5 Abs. 3 BImSchG, obwohl die Vorschrift einen Zustand nach Betriebseinstellung betrifft, bereits zum Zeitpunkt der Errichtung und des Betriebs der Anlage. Inhaltlich zielt die Nachsorgepflicht auf

  • Schutz- und Gefahrenabwehrmaßnahmen,
  • die Abfallentsorgung, sowie
  • den Grundstückszustand.(Fußnote)

In der Praxis bedeutet dies im Rahmen der Nachsorgepflicht insbesondere die Vermeidung von Boden- und Gewässerkontaminationen, um nach der Betriebseinstellung einen zufriedenstellenden und damit ordnungsgemäßen Zustand des Anlagengrundstücks herzustellen.(Fußnote) Dieser Zustand wird erst erreicht sein, wenn das Gelände zu irgendeinem anderen Zweck genutzt werden kann.(Fußnote)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Anlagengenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Niklas Gatermann, LL.M. of German and Polish Law und deutsche Rechtswissenschaften an der Europa-Universität Viadrina, Magister des Polnischen Rechts an der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-58-8.


 

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Stand: Januar 2016


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