Die Anlagengenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz – Teil 22 – Untersagung, Stilllegung und Beseitigung


5.2 Untersagung, Stilllegung und Beseitigung

5.2.1 Untersagung des Anlagenbetriebes

5.2.1.1 Untersagung wegen Pflichtenverstoßes

Bei einem Pflichtenverstoß kann der Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage nach § 20 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) auch ganz oder teilweise untersagt werden. Der Unterschied zu § 17 BImSchG (s.o., 5.1) besteht in dem bereits konkret bestimmten Pflichtenverstoß, sodass eine Anordnung nach § 17 BImSchG einer Untersagung systematisch vorausgeht.(Fußnote) Das Vorliegen eines Verstoßes bemisst sich nach denselben Kriterien. Zudem kann eine Untersagungsverfügung auch dadurch begründet sein, dass der Verpflichtete einer Anordnung nach § 17 BImSchG dieser nicht entsprochen hat.

Die Rechtsfolge des § 20 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz ist die Betriebsuntersagung, die als temporäre Maßnahme „bis zur Erfüllung der Auflage, der Anordnung oder der Pflicht aus der Rechtsverordnung“ konzipiert ist.(Fußnote)

5.2.1.2 Untersagung des Betriebes von Störfallanlagen

§ 20 Abs. 1a BImSchG enthält eine Ermächtigung, den Betrieb einer Anlage zu untersagen, wenn und solange der Betreiber im Hinblick auf schwere Unfälle bestimmte einzelne formelle Pflichten nach der StörfallVO nicht erfüllt. Die Untersagung dient der Durchsetzung dieser Pflichten im Hinblick auf die Probleme von schweren Unfällen bzw. Störfällen.(Fußnote)

Voraussetzung einer solchen Untersagung ist die Vornahme eindeutig unzureichender Maßnahmen zur Verhütung schwerer Unfälle oder zur Begrenzung von deren Auswirkungen.(Fußnote) Ein schwerer Unfall muss eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreiten und innerhalb oder außerhalb des Betriebs unmittelbar oder später zu einer ernsten Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt führen.(Fußnote) Unzureichend ist eine Maßnahme, wenn die gesetzlichen Anforderungen an den Betrieb und die Einrichtung der Anlage nicht eingehalten werden.(Fußnote)

Die Rechtsfolge des § 20 Abs. 1a Bundesimmissionsschutzgesetz entspricht derjenigen aus § 20 Abs. 1 BImSchG und besitzt daher ebenso einen temporären Charakter, wie der Begriff „solange“ verdeutlicht.(Fußnote)

5.2.1.3 Untersagung des Anlagenbetriebes wegen Unzuverlässigkeit

Eine Untersagung des Betriebs kommt gemäß § 20 Abs. 3 BImSchG in Betracht, wenn der Betriebsleiter unzuverlässig ist. Die Notwendigkeit dieser Vorschrift ergibt sich daraus, dass die persönliche Eignung nicht Teil des Genehmigungsverfahrens ist und somit keiner Prüfung unterliegt.

Unzuverlässig ist ein Anlagenbetreiber oder Betriebsleiter, der

  • nicht die Gewähr dafür bietet, die Anlage künftig entsprechend der geltenden Vorschriften des BImSchG zu betreiben,
  • nicht über die notwendigen Fachkenntnisse verfügt oder
  • aufgrund seiner Persönlichkeit Defizite hinsichtlich der Beachtung immissionsschutzrechtlicher Pflichten befürchten lässt.(Fußnote)

Die Rechtsfolge des § 20 Abs. 3 Bundesimmissionsschutzgesetz ist die Untersagung des gesamten Betriebes (im Gegensatz zur Möglichkeit der teilweisen Untersagung nach § 20 Abs. 1 BImSchG).

5.2.2 Stilllegung und Beseitigung bei Illegalität

Die Stilllegung und Beseitigung einer Anlage ist gemäß § 20 Abs. 2 BImSchG möglich, wenn sie formell (also bei fehlender Genehmigung) oder materiell illegal (wegen Gesetzesverstoßes) ist. Die Ermächtigung der Behörde zur Anordnung der Stilllegung bzw. Beseitigung setzt voraus, dass die Anlage ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird(Fußnote) oder gegen Nebenbestimmungen in Form von Bedingungen (s.o., 3.5.1.2.2) sowie von Inhaltsbestimmungen (s.o., 3.5.1.1) verstößt.(Fußnote)

Die Anordnung der Stilllegung stellt ein Verbot dar, die Anlage weiter zu betreiben und ist folglich nichts anderes als eine Untersagung, allerdings dauerhafter Natur.(Fußnote) Statt der bloßen Stilllegung kann die Behörde die Beseitigung, also den Abbruch der Anlage bzw. deren Entfernung vom Anlagengrundstück anordnen.(Fußnote) Hinsichtlich der Entscheidung räumt § 20 Abs. 2 Bundesimmissionsschutzgesetz durch den Wortlaut "soll" ein Ermessen ein. Dieses Ermessen ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht durch die Stilllegung allein oder auf andere Weise geschützt werden kann - in diesen Fällen muss die Behörde die Beseitigung anordnen (§ 20 Abs. 2 BImSchG).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Anlagengenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Niklas Gatermann, LL.M. of German and Polish Law und deutsche Rechtswissenschaften an der Europa-Universität Viadrina, Magister des Polnischen Rechts an der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-58-8.


 

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Stand: Januar 2016


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