Die Betriebsvereinbarung – Das Regelungsinstrument der Betriebspartner – Teil 03 – Schriftformerfordernis, Bekanntgabe, Mitwirkungsrechte anderer Organe der Betriebsverfassung

2.1.3. Schriftformerfordernis

Betriebsvereinbarungen sind von den Betriebspartnern schriftlich niederzulegen und gemeinsam, also durch Arbeitgeber und Betriebsrat, zu unterzeichnen (§ 77 Abs. 2 Satz 1 und 2 BetrVG). Notwendig ist daher, dass die Unterschriften beider Parteien eigenhändig und auf demselben Vertragsdokument erfolgen. Werden mehrere Ausfertigungen erstellt, genügt somit die bloße Unterzeichnung des Dokuments, welches für die jeweils andere Partei bestimmt ist, nicht.

Beispiel
Nachdem die Betriebspartner über die einzelnen Punkte einer Betriebsvereinbarung verhandelt und sich schließlich geeinigt haben, wird eine entsprechende Vertragsurkunde unterschriftsreif erstellt. Der Betriebsratsvorsitzende unterzeichnet das Dokument, übersendet dem Arbeitgeber jedoch lediglich eine E-Mail, welcher er eine Kopie beifügt, um Zeit zu sparen. Der Arbeitgeber druckt die Kopie aus und versieht das Dokument mit einer Unterschrift.

  • Die Betriebsvereinbarung ist nicht wirksam zustande gekommen, da sie nicht die Anforderungen an die Schriftform erfüllt (§ 125 BGB). Der Betriebsratsvorsitzende hätte dem Arbeitgeber das von ihm unterzeichnete Original übersenden müssen. Nur wenn der Arbeitgeber ebenfalls dieses Original unterzeichnet, kommt die Betriebsvereinbarung wirksam zustande.

Sollen der Betriebsvereinbarung Anlagen beigefügt werden, so müssen diese nicht gesondert mit einer Unterschrift versehen werden. Es genügt, dass in der Vertragsurkunde auf sie hingewiesen wird und auch sonst erkennbar ist, dass sie Teil der Vereinbarung sind. Hierzu können die Anlagen z.B. ausdrücklich als solche zu einer bestimmten Betriebsvereinbarung bezeichnet werden.

2.1.4. Bekanntgabe

Nachdem der Abschluss der Betriebsvereinbarung erfolgt ist, hat der Arbeitgeber sie an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen (§ 77 Abs. 2 Satz 3 BetrVG) und hierdurch bekanntzugeben. Die Initiative trifft hierbei den Arbeitgeber, sodass er seiner Pflicht zur Bekanntgabe der Vereinbarung nicht nachkommt, wenn er sie den Arbeitnehmern erst auf deren Wunsch zugänglich macht.

Eine Stelle im Betrieb ist zur Bekanntgabe der Betriebsvereinbarung immer dann geeignet, wenn es den Arbeitnehmern problemlos möglich ist von ihr Kenntnis zu nehmen. Je nach Betriebspraxis kommt somit z.B. eine Veröffentlichung am "Schwarzen Brett" oder im Inter- bzw. Intranet in Frage. Stellt die Vereinbarung eine sehr umfassende Regelung dar, so genügt der Hinweis, wo sie eingesehen werden kann für die Bekanntgabe aus.(Fußnote)
Verstößt der Arbeitgeber gegen seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Bekanntgabe der Betriebsvereinbarung, so hat dies jedoch keine Auswirkungen auf deren Wirksamkeit. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Bekanntgabe soll vielmehr die Ordnung im Betrieb gewährleisten.

2.1.5. Mitwirkungsrechte anderer Organe der Betriebsverfassung

Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung kann auch Mitwirkungsrechte anderer Organe der Betriebsverfassung nach sich ziehen. Dies setzt selbstverständlich die Existenz der betroffenen Organe im Betrieb voraus.

So hat der Arbeitgeber einen vorhandenen Sprecherausschuss rechtzeitig vor Abschluss einer Betriebsvereinbarung anzuhören, sofern durch diese rechtlichen Interessen der leitenden Angestellten berührt werden (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SprAuG). Solche Interessen werden dann berührt, wenn die Regelungen der Betriebsvereinbarung Auswirkungen auf die Stellung der leitenden Angestellten als Arbeitnehmer haben.(Fußnote) Hört der Arbeitgeber den Sprecherausschuss nicht ordnungsgemäß an, kommt die Betriebsvereinbarung dennoch wirksam zustande. Grund ist, dass dem Sprecherausschuss im Regelfall ohnehin nur ein Unterrichtungsrecht zusteht. Gleichwohl dürfte es dem betrieblichen Frieden abträglich sein, wenn die Interessenvertretung der leitenden Angestellten außen vor gelassen wird.

Regelt die Vereinbarung Angelegenheiten, die schwerbehinderte Menschen im Betrieb betreffen, so hat der Arbeitgeber hierüber eine bestehende Schwerbehindertenvertretung zu unterrichten und anzuhören (§ 95 Abs. 2 SGB IX). Eine Unterrichtung ist dann nicht notwendig, wenn deren Mitglieder gleichzeitig Betriebsratsmitglieder sind. Schließlich gilt auch hierbei, dass eine unterbliebene Mitwirkung der Schwerbehindertenvertretung der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung nicht entgegensteht. Ein Verstoß gegen diese Unterrichtungs- bzw. Anhörungspflicht stellt jedoch eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Geldbuße von bis zu 10.000 Euro geahndet werden (§ 156 Abs. 1 Nr. 9 und Abs. 2 SGB IX).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Betriebsvereinbarung – Das Regelungsinstrument der Betriebspartner“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Alexander Geier, Wirtschaftsjurist LL.B., mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-70-0.


 

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Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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