Baumängel vor und im Prozess – Teil 05 – Vollständige Vertragsunterlagen

1.1.5. Kurzes Fazit: BGB oder VOB/B

Für die Ausfertigung eines Bauvertrages im Privatrecht sind zunächst die Vorschriften zum Werkvertrag in den §§ 631 ff. BGB maßgeblich. Als Werk im Sinne des § 631 Abs. 2 BGB kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.(Fußnoten) Diese Definition kann zu leichten Verwirrungen führen und ist zu allumfänglich. Denn hierunter fallen unter anderem auch eine Paketzustellung, eine Schlüsseldienstanfertigung oder ein Auftrag bei der Änderungsschneiderei als Werksleistung. Für das Bauvertragsrecht ist dies deshalb nicht hinreichend konkret genug, weshalb in der Praxis das Hinzuziehen der Regelungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) mehr als ratsam ist. Diese bezieht sich direkt auf die Besonderheiten von Bauleistungen. Ein entscheidender Unterschied der VOB zu den Regelungen des BGB besteht zunächst darin, dass die Bestimmungen der VOB nicht die Qualität von Rechtsnormen haben. Die VOB gilt danach anders als das BGB nicht automatisch bei Abschluss eines Bauvertrages, sondern sie muss ausdrücklich vertraglich vereinbart werden.(Fußnoten)

Grundsätzlich ist ein Bauvertrag sowohl mit als auch ohne Einbeziehung der VOB möglich. Sie bieten jedoch nicht die gleichen Leistungen. Sei es in der Verjährung, Mängelhaftung oder auch in der Abnahme des Werkes – können die Parteien Bedingungen im Einzelnen aushandeln, die den zu erbringenden Bauleistungen besser gerecht werden. Eine der meist verwendeten allgemeinen Geschäftsbedingungen sind die Regelungen der VOB/B.

Im Folgenden werden die Vor- und Nachteile für beide Vertragsparteien anhand unterschiedlicher Kriterien als Inhalt eines Bauvertrages aufgezeigt.

1.1.6. Vollständige Vertragsunterlagen

Leider ist häufig die gängige Praxis, dass Vertragsunterlagen zum Bauvorhaben nicht vollständig übergeben werden. Teilweise sind Vertragsunterlagen wie Bauzeichnungen oder Revisionspläne nicht vorhanden oder die Vertragsbedingungen fehlen zum Teil oder gänzlich. Dies gilt es dringend auf beiden Seiten der Vertragsparteien hinsichtlich eventuell späterer rechtlicher Ansprüche zu vermeiden. Im Folgenden erfolgt eine grobe Auflistung der benötigten Vertragsunterlagen.

1. Umfangreiche, detaillierte und eindeutige Baubeschreibung:
Sinnvoll ist eine exakte Festlegung, welche Arbeiten, Qualitäten und Produkte geleistet werden

2. Übersichtliche Kosten:
Es sollten bspw. Kosten, welche die Erschließung auf dem Grundstück, Bodengutachten anfallen, aufgeführt werden.

3. Pauschalpreisbindung:
Vorteilhaft ist eine bedingungslose Pauschalpreisbindung bis zur Abnahme, aber mindestens für 15 Monate nach Vertragsabschluss, sich schriftlich zusichern zu lassen.

4. Sonstige Inhalte:
Besprechungsprotokolle, Skizzen, Änderungsvorschläge, Extrawünsche und mündliche Zusagen des Bauträgers.

5. Angaben zu Zahlungsmodalitäten (Abschlagszahlungen):
Wichtig sind bauabschnittsabhängige Abschlagszahlungen, bei eventuellen bestätigten Mängeln oder nicht vollendeten Bauabschnittsphasen, besteht die Möglichkeit des Zurückbehaltens der Zahlungen bei wesentlichen Mängeln.

6. Baudokumentation:
Vereinbarung über die Aushändigung von bspw. Schriftverkehr, Ausschreibungen, Genehmigungen, Bautagebuch, Abnahmeprotokolle, sämtlicher Planunterlagen.

7. Fristen:
Die Fristen für Baubeginn, Baufertigstellung mit klaren Festlegungen sind unabdinglicher Vertragsbestandteil.

8. Sicherheiten:
Vorteilhaft für den Auftraggeber sind Sicherheiten, wie Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft von der Bank des Bauträgers, welche er schriftlich im Vertrag festhalten lässt.

9. Gewährleistung:
Unterscheidung anhand des gewählten Vertrages vornehmen, d.h. ob nach BGB oder VOB/B vorgegangen werden soll.

10. Eigenleistungen:
Eine detaillierte Aufführung der vorzunehmenden Eigenleistungen nach Ort, Art und Materialbedingungen (woher das Material, komplett in Eigenregie oder mit fachlicher Aufsicht) sind ebenso ratsam.

11. Baugenehmigung:
Die Kopie des amtlich genehmigten Bauantrags hinsichtlich aller Bauten am Vorhaben (Garage, Anbau, etc.).

12. Eigentumsübergang:
Standard ist die Regelung: Bau vollständig beendet, sämtliche Zahlungen sind erfolgt, Änderungseintragung ins Grundbuch


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Baumängel vor und im Prozess“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Babett Stoye LL.B., mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-67-0.


 

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Stand: Januar 2017


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