Das Widerrufsrecht – Teil 27 – Vorschriften bei Verträge außerhalb des BGB

5.5 Vorschriften bei Verträge außerhalb des BGB

Während die Rechtsfolgen des Widerrufs bei Versicherungs- und Kapitalanlageverträgen durch das Versicherungsvertragsgesetz sowie durch das Kapitalanlagegesetzbuch eigenständig geregelt sind, wird bei Fernunterrichtsverträgen durch das Fernunterrichtsschutzgesetz vollständig auf die im BGB geregelten Rechtsfolgen verwiesen.

5.5.1 Versicherungsverträge

Übt der Versicherungsnehmer sein Widerrufsrecht wirksam innerhalb der Widerrufsfrist aus, so hat der Versicherer nur den auf die Zeit nach Zugang des Widerrufs entfallenden Teil der Prämien zu erstatten (§ 9 Abs. 1 VVG). Dies setzt eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung durch den Versicherer voraus. Darüber hinaus muss der Versicherungsnehmer auch über den im Falle des Widerrufs zu zahlenden Betrag hingewiesen worden sein. Der Hinweis, dass der Versicherer einen Teil der Prämie behalten darf, muss erteilt werden. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Versicherungsnehmer zugestimmt hat, dass der Versicherungsschutz bereits vor dem Ablauf der Widerrufsfrist eintritt.

Beispiel
Der Versicherer informiert den Versicherungsnehmer ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht und die Folgen des Widerrufs. Die Versicherungsprämie für das gesamte Jahr wird am 01.07. gezahlt. Ebenfalls am 01.07. beginnt die Widerrufsfrist zu laufen. Auf Verlangen des Versicherungsnehmers soll auch der Versicherungsschutz am 01.07. beginnen. Am 10.07 widerruft der Versicherungsnehmer seine Willenserklärung.

  • Gemäß § 9 Abs. 1 VVG ist der Versicherer verpflichtet, die für die Zeit nach Ausübung des Widerrufs anfallende Prämie zu erstatten. Damit hat der Versicherungsnehmer keinen Erstattungsanspruch auf den bis zum Widerruf fälligen Prämienanteil. Zu erstatten hat der Versicherer den Betrag der Jahresprämie abzüglich der Prämie für die 10 Tage, in denen ein Versicherungsschutz bestand.

Wurde der Versicherer nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht und die Rechtsfolgen belehrt, so hat der Versicherer den gesamten Jahresbetrag der Versicherungsprämie zu erstatten (§ 9 Abs. 1 S. 2 VGG). Ein Anspruch auf den Teil der Prämie, der bis zum Widerruf anfällt, besteht nicht mehr. Dies ist nur dann der Fall, wenn es bislang nicht zum Versicherungsfall kam und der Versicherungsschutz vor Ablauf der Widerrufsfrist mit Zustimmung des Versicherungsnehmers eintritt.

Beispiel
Eine ordnungsgemäße Belehrung durch den Versicherer unterbleibt. Der Versicherungsschutz beginnt auf Verlangen des Versicherungsnehmers sofort mit Vertragsschluss. Mit Vertragsschluss wird auch die gesamte Versicherungsprämie für das Jahr gezahlt. Ein Versicherungsfall tritt nicht ein. Zwei Wochen nach Vertragsschluss widerruft der Versicherungsnehmer seine Willenserklärung.

  • Wegen der fehlenden ordnungsgemäßen Belehrung hat der Versicherer (als Sanktion) den gesamten Betrag der Versicherungsprämie zurück zu zahlen. Auch der Prämienanteil der ersten zwei Wochen ist dem Versicherungsnehmer zu erstatten.

Die Erstattung der Versicherungsprämie hat grundsätzlich unverzüglich nach Ausübung des Widerrufs zu erfolgen. Das Gesetz gewährt dem Versicherer jedoch eine Maximalfrist von höchstens 30 Tagen nach Zugang der Widerrufserklärung.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Widerrufsrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Pascal Schöning, Wirtschaftsjurist LL.B.,mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-56-4.


 

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Stand: Januar 2016


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