Arbeitnehmerüberlassung – Teil 08 – Organisationshoheit

4.1.1.3 Organisationshoheit

Für die Abgrenzung der Arbeitnehmerüberlassung vom Werkvertrag ist entscheidend, wer die Organisationshoheit über die Leistungspflicht hat.

Die Organisationshoheit ist

  • das Recht, allgemein über innerbetriebliche Arbeitsabläufe und Aufgabenstellungen bestimmen zu können und
  • die Pflicht, einen Betrieb einzurichten und ihn aufrechtzuerhalten.

Im Falle der Arbeitnehmerüberlassung überlässt der Verleiher dem Entleiher eine geeignete Arbeitskraft. Der Entleiher kann den Leiharbeitnehmer in seinem Betrieb allein nach seinen Vorstellungen und seinen betrieblichen Vereinbarungen einsetzen. Der Entleiher ist für die Einarbeitung, den Einsatz und die Festlegung der Arbeitszeiten, die Gewährung von Urlaub, sowie für die Überwachung der ordnungsgemäßen Arbeitsabläufe des Leiharbeitnehmers verantwortlich.
Die Organisationshoheit liegt im Falle der Arbeitnehmerüberlassung beim Entleiher.

Beispiel 1
Herr Schmidt ist Ofenbauer und Geschäftsführer der Schmidt Ofen GmbH & Co. KG. Er hat die Organisationshoheit über seinen Betrieb. Er kann Herr Schmidt festlegen, ob er einen mittelständischen Betrieb mit drei Filialen in unmittelbarer Nähe führen will. Seine 30 Mitarbeiter teilt er wöchentlich jeweils in der Fertigung und im Betrieb in einer Früh- und in einer Spätschicht ein.

  • Erhält Herr Schmidt in Folge einer Arbeitnehmerüberlassung drei Leiharbeitnehmer liegt die Organisationshoheit hier bei ihm. Er kann bestimmen, in welche Schicht und in welchen Arbeitsbereich er die Leiharbeitnehmer einsetzt.

Beim Werkvertrag fertigt der Werkunternehmer das Werk in der Regel in seinen eigenen Räumlichkeiten, unter Zuhilfenahme seines eigenen Werkzeugs an. Indem der Werkunternehmer seine Arbeitsabläufe selbst regelt, unterliegt er seinen eigenen betrieblichen Voraussetzungen. Der Werkunternehmer bestimmt über die Gewährung von Urlaub, die Durchführung einer Anwesenheitskontrolle oder den Einsatz seiner Mitarbeitern bzw. Erfüllungsgehilfen. Damit trägt im Werkvertrag der Werkunternehmer die Organisationshoheit.

Beispiel 2
Die Schmidt Ofen GmbH& Co. KG schließt einen Werkvertrag mit dem Bauunternehmen Kalkbrenner AG ab, die ein Wohnhaus errichten. Die Schmidt Ofen GmbH& Co. KG soll einen Kaminofen in das Wohnhaus einbauen. Dafür schickt der Geschäftsführer, Herr Schmidt, einen Mitarbeiter auf die Baustelle, der den Kaminofen einbaut, während die Mitarbeiter des Bauunternehmens Kalkbrenner Arbeiten am Haus vornehmen.

  • Herr Schmitt behält die Organisationshoheit über seinen Mitarbeiter, auch wenn er auf der Baustelle neben den Mitarbeitern des Bauunternehmens tätig wird.

Im Einzelfall kann es geboten sein, dem Besteller gewisse Mitspracherechte zu übertragen.
Der Besteller kann den Werkunternehmer z.B. damit beauftragen, eine Werkleistung an einem Gebäude oder an einer Maschine zu erbringen. Der Gegenstand ist aber nur in einem sehr zeitlich eingeschränkten Rahme nutzbar, sodass der Werkunternehmer nicht selbständig über seine Arbeitszeit und den Arbeitsort disponieren kann.
Der Besteller schränkt die Arbeitszeit und den Arbeitsort zwar ein, aber innerhalb dieser Einschränkung kann der Werkunternehmer weiterhin selbständig seinen Arbeitsablauf und die zeitliche Einteilung bestimmen. Er unterliegt nicht den Vorgaben des Bestellers und trägt weiterhin die Organisationshoheit. Der Besteller kann keinen Einfluss auf die Organisationshoheit des Werkunternehmers nehmen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Arbeitnehmerüberlassung“ von Tilo Schindele, auf Arbeitsrecht spezialisierter Rechtsanwalt, und Patricia Netto, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7.


 

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Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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