Bankzulassungsrecht – Teil 04 – Einlagengeschäft

3.1.2 Einlagengeschäft

Als Einlagengeschäft wird ein Bankgeschäft bezeichnet, das die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums beinhaltet, ohne Rücksicht auf eine Verzinsung. Die Annahme von Geldern einer Vielzahl von Bankkunden durch Bareinzahlung oder Bankgutschrift gilt als klassisches Bankgeschäft. Ob eine solche Annahme von Geldern als Einlage qualifiziert werden kann, ist im Rahmen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung zu beurteilen. Wichtige Indizien für das Vorhandensein einer Einlage sind:

  • Entgegennahme von Geldern von einer Vielzahl von Geldgebern auf Grund typisierter Verträge zur unregelmäßigen Verwahrung, darlehns- oder in ähnlicher Weise, also mit einer Rückzahlungsverpflichtung
  • Annahme ohne bankübliche Besicherung
  • laufende Annahme von Geldern
  • Annahme von Nichtkreditinstituten
  • Annahme von Mitteln in der Absicht, sie für eigene Zwecke zu nutzen, insbesondere für ein bankmäßiges Aktivgeschäft

Die angenommenen Gelder sind "rückzahlbar", wenn der Geldgeber einen Anspruch auf Rückzahlung hat oder zumindest der Anschein eines solchen Anspruchs geweckt wird.

Der Rückzahlungsanspruch darf nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft werden. Das Tatbestandsmerkmal "fremd" soll verdeutlichen, dass die angenommenen Gelder nicht endgültig bei dem annehmenden Unternehmen verbleiben. Es ist stattdessen verpflichtet, dem Berechtigten die angenommenen Gelder nach Maßgabe der hierüber getroffenen Vereinbarungen zurückzuzahlen.

Beispiel
Die Life-AG kauft von privaten Kunden deren Lebensversicherungsverträge und andere Vermögensanlagen an. Nach den AGBs der Life-AG soll der Kaufvertrag die Abwicklung des Rückkaufs der Versicherung oder Vermögensanlage vereinfachen, wenn der Kunde diese nicht mehr weiter fortführen möchte. Als Gegenleistung zahlt die Life-AG einen Kaufpreis, der sich an dem tatsächlich zur Auszahlung kommenden Rückkaufpreis orientiert.

  • Die Life-AG betreibt ein Einlagegeschäft nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG, indem sie durch den an sie ausgezahlten Rückkaufwert rückzahlbare Gelder des Publikums entgegennimmt. Die Auszahlung des Rückkaufwertes beruht nicht auf einem eigenen Anspruch der Life-AG gegen die Versicherungen, sondern aufgrund des Anspruchs der Kunden mit der Versicherung. Daher handelt es sich bei dem zurückbezahlten Geld durch die Lebensversicherungen an die Life-AG um fremdes Geld für die Life- AG. Die Life- AG benötigt somit eine Erlaubnis der BaFin nach §§ 32, 1 KWG, die hier fehlt.

Die Annahme fremder Gelder als Einlage kann in verschiedenen Arten erfolgen. Zum einen kann die Einlage als sog. Sichteinlage erfolgen, wenn die Annahme der Gelder jederzeit fällig ist und ohne Vereinbarung einer festen Laufzeit oder Kündigungsfrist erfolgt. Daneben ist eine befristete Einlage mit einer festen Laufzeit (Festgelder) bzw. einer festen Kündigungsfrist (Kündigungsgelder) möglich. Zum andere kommen sog. Spareinlagen in Betracht.

3.1.2.1 Sichteinlage

Die Sichteinlage beschreibt Gelder auf Giro- oder laufenden Konten, die ohne jede Kündigung täglich fällig sind. Das Sichtguthaben dient dem bargeldlosen Zahlungsverkehr und wird gering oder gar nicht verzinst. Trotz einer eventuellen Verzinsung stellt die Sichteinlage rechtlich kein Darlehen i.S.v. § 488 BGB dar, sondern eine unregelmäßige Verwahrung nach § 700 BGB. Will der Inhaber einer Sichteinlage über sein Guthaben verfügen, ist eine vorherige Kündigung nicht nötig. Nur bei sehr hohen Beträgen kann der Einleger gehalten sein, eine Abhebung zuvor der Bank anzukündigen, damit sie die erforderlichen Zahlungsmittel bereitstellen kann.

Beispiel
Herr Müller ist Inhaber eines Girokontos. Die Einlagen auf seinem Girokonto werden als Sichteinlagen bezeichnet. Am 02.11.2016 beschließt er, noch am selben Tag 500,00 EUR an Frau Weber zu überweisen.

  • Herr Müller kann als Inhaber eines Sichteinlagenkontos jederzeit über seine Einlagen verfügen, ohne, dass die Bank dem widersprechen darf. Eine vorherige Kündigung der Einlage in Höhe von 500,00 EUR ist nicht nötig.

3.1.2.2 befristete Einlage

Eine befristete Einlage (auch Termineinlagen genannt) bezeichnet dagegen eine Sichteinlage für die eine bestimmte Laufzeit (Festgelder) oder eine bestimmte Kündigungsfrist (Kündigungsgelder) festgesetzt wurde. Im Gegensatz zur Sichteinlage stellt die Termineinlage ein echtes Gelddarlehen dar. In dem der Kunde seine Einlage für eine bestimmte Zeit der Bank zur Verfügung stellt, fungiert der Kunde als Darlehensgeber und die Bank als Darlehnsnehmerin.

Die Festgelder werden mit Ablauf der Anlagezeit automatisch fällig und auf dem Girokonto gutgeschrieben.

Kündigungsgelder werden stattdessen auf unbestimmte Zeit vereinbart. Ihre Fälligkeit tritt erst mit Kündigung ein, die formlos ausgesprochen werden kann. Die Kündigungsfrist muss mindestens einen Monat betragen.

3.1.2.3 Spareinlage

Die Spareinlage ist in § 21 Abs. 4 der Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute (RechKredV) definiert.

Damit eine Einlage als Spareinlage gilt, müssen folgende Punkte erfüllt sein:

  • bei der Spareinlage muss es sich um unbefristet hereingenommene Gelder handeln
  • die Einlage muss durch Ausfertigung einer Urkunde als Spareinlage gekennzeichnet sein (z.B. als Sparbuch, Loseblatt-Sparbuch oder als Spar Card in Verbindung mit dem aktuellen Kontoauszug)
  • die Spareinlagen dürfen nicht für den Zahlungsverkehr bestimmt sein
  • es muss eine mindestens dreimonatige Kündigungsfrist vorliegen, wobei eine Vereinbarung, die es dem Kunden gestattet, innerhalb eines Kalendermonats bis zu 2.000 EUR je Sparkonto ohne Kündigung abzuheben, zulässig ist

Rechtlich stellt die Spareinlage einen Darlehensvertrag nach § 488 BGB dar.

3.1.2.4 sonstige Einlagen

Darüber hinaus kann eine Einlage in den folgenden Fällen vorliegen:

  • Annahme von Geldern auf Weisung des Geldgebers, um sie zu einem späteren Zeitpunkt an Dritte weiterzuleiten (Bei einer unverzüglichen Weiterleitung liegt nur eine sog. Einlagenvermittlung vor)
  • Annahme von Geldern gegen Aushändigung eines Schuldscheins
  • Annahme von Treuhandgeldern, um sie zu verwalten und nicht auf einem sog. Anderkonto zu verwahren bzw. zu betreuen
  • Verbleib von Factoring-Forderungen auf dem Konto des Factors, die der Forderungsverkäufer nach Bedarf abrufen kann

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bankzulassungsrecht“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Patricia Deutsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-71-7.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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  • Beratung bei Fragen zur Anlagevermittlung und Prospekthaftung
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  • Abwehr von Ansprüchen aus sittenwidrigen Angehörigen-Bürgschaften oder Darlehensmitübernahmen
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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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