Grundzüge des Franchiserechts - Teil 2: Abgrenzung des Franchisevertrags zu anderen Absatzmittlerverträgen

4. Abgrenzung des Franchisevertrags zu anderen Absatzmittlerverträgen

a.)
Allen Absatzmittlungs- oder Vertriebsverträgen gemeinsam ist die längerfristige Zusammenarbeit zwischen dem Hersteller oder Verteiler von Waren mit dem jeweiligen Absatzmittler, um das Produkt kostengünstig und mit vermindertem Risiko abzusetzen, dabei gleichzeitig Marktanteile zu gewinnen und erhalten.
b.)
Unterschieden werden die einzelnen Vertragstypen nach Maß der Einbindung in die Vertriebsstruktur und Intensität der Verhaltensabstimmung.
Bei einem Belieferungsvertrag wird die anhaltende Kontinuität der Vertragsbeziehungen angestrebt. Die Händler sind unabhängig und nicht an Weisungen durch das liefernde Unternehmen gebunden.
Die wesentliche Pflicht des Absatzmittlers im Fachhändlervertrag ist die Absatzförderung. Durch den Fachhändler erfolgt der selektive Vertrieb meist beratungsbedürftiger oder problemorientierter Güter. Der Fachhändler wird durch das liefernde Unternehmen autorisiert, wobei der Fachhändler wiederum selbst vertieftes Produktwissen zur Verfügung stellt. Der Mittler ist weitgehend frei von Weisungen des Lieferanten, in Betracht kommen allenfalls produktbezogene Weisungen.
Das Element der Geschäftsbesorgung ist im Fall des Vertragshändlers stark betont. Der Händler ist an bestimmte Weisungen beim Absatz der Güter gebunden. Er wird als ähnlich schutzbedürftig wie der Handelsvertreter gesehen, daher erfolgt eine weitgehend entsprechende Anwendung der Vorschriften aus dem Handelsgesetzbuch (HGB).
Der Kommissionsagent wiederum ist gekennzeichnet durch seine doppelte Funktion. Zum einen erfolgt der Verkauf für fremde Rechnung im eigenen Namen, zum anderen unterliegt der Kommissionsagent der Geschäftsförderungspflicht, sowie einem weiten Weisungsrecht seines Geschäftsherrn. Das Innenverhältnis wird daher weitgehend nach Handelsvertreterrecht abgewickelt.
Der Handelsvertreter ist selbständiger Kaufmann. Sowohl die Geschäftsvermittlung als auch der Geschäftsabschluss wird jedoch in fremdem Namen für fremde Rechnung abgewickelt. Im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses nimmt der Handelsvertreter dabei die Interessen für den Auftraggeber wahr. Das Unternehmen kann dem Handelsvertreter insoweit Weisungen erteilen. Aus diesem Grund besteht eine enge Bindung und Abhängigkeit zwischen Handelsvertreter und Unternehmen. Deshalb schützt das HGB den Handelsvertreter.
Im Franchiserecht ist der Franchisenehmer als ,,verlängerter Arm`` für den Franchisegeber in das Konzept eingebunden. Der Franchisenehmer verliert Teile seiner Selbständigkeit, kann jedoch Ersparnisse bei Werbung, Marketing usw. für sich verbuchen. Desweiteren hat er Anspruch auf Schulung und Ausbildung. Gleichzeitig kann ihm der Franchisegeber Weisungen erteilen. Ebenso unterliegt der Franchisenehmer dem Kontrollrecht des Franchisegeber. Durch die zu entrichtende Franchisegebühr werden Geschäftsrisiken abgemildert.
c.)
Zu den Merkmalen des Franchise-Vertriebssystems (= Franchisesystem) zählen die dezentralen Vertriebsstellen, d.h., die Regulierung des Vertriebs wird nicht durch den Franchisegeber, sondern durch den Franchisenehmer vor Ort gesteuert. Gekennzeichnet ist das Franchisesystem weiter von den jeweiligen Leistungsbeiträgen von Franchisenehmer und Franchisegeber.
Letzterer leistet das Erstellen von Beschaffungs-, Absatz- und Organisationskonzepten, den Betriebsaufbau, die Ausbildung und Schulung der Franchisenehmer, sowie deren laufende aktive Unterstützung und die ständige Weiterentwicklung des Systems. Der Franchisenehmer dagegen leistet seinen Beitrag zusammengesetzt aus Arbeitseinsatz und Kapitaleinsatz, sowie der Übermittlung von Marktinformationen und Erfolgsinformationen an die Systemzentrale zur professionellen Auswertung.
Weiteres Merkmal des Franchisesystems ist das einheitliche Auftreten auf dem Markt und die straffe Organisation durch die vertikale Vertriebsstruktur. Der Franchisenehmer erhält das vom Franchisegeber erstellte und bewährte Geschäftskonzept, das seinen Erfolg sichert. Obwohl der Franchisenehmer unternehmerisch selbständig ist, hat der Franchisegeber richtlinienähnliche Kompetenz, wodurch das systemkonforme Verhalten aller Beteiligten ermöglicht wird.
Durch die vertragsrechtliche und markenspezifische Bindung der Partner, diegrundsätzlich auf längere Zusammenarbeit ausgerichtet ist, wird dem Franchisegeber die längerfristige Planung des gesamten Systems ermöglicht. Die lange Vertragslaufzeit ermöglicht andererseits dem Franchisenehmer die nachhaltige Existenzsicherung und die Rückgewinnung des anfänglichen Kapitaleinsatzes.
d.)
Im Direktvergleich von Franchisevertrag und Lizenzsystem zeigt sich, dass der Lizenzgeber nur einen sehr begrenzten Einfluss auf den Lizenznehmer hat. Durch die Lizenz werden lediglich die Rechte zur Nutzung von gewerblichen Schutzrechten überlassen (z.B. Überlassung einer als Warenzeichen geschützte Marke). Reine Lizenzsysteme werden ohne eigenes Dienstleistungs- und Marketingkonzept überlassen.

Es kann aber auch gemischte Lizenzsysteme geben, durch die kleinere Marketingkonzepte angeboten werden, die aber meist weniger konsequent in der Durchsetzung sind. Die angebotenen Leistungen sind (im Gegensatz zum Franchisesystem) nicht für alle verpflichtend.


 

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Stand: August 2005


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit Jahren im Vertriebsrecht, insbesondere in den Bereichen Handelsvertreterrecht, Franchiserecht und Vertragshändlerrecht tätig.

Er vertritt Unternehmen, Handelsvertreter und Vertragshändler bei der Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen und Vertragshändlerverträgen. Er begleitet bei Auseinandersetzungen über Provisionen, Überhangsprovisionen oder Handelsvertreterausgleich für Handelsvertreter, Versicherungsvertreter oder Franchisenehmer. Er begleitet bei der Erstellung n Prüfung von Buchauszügen.

Er begleitet den Aufbau und die Konzeption von Franchisesystemen und Partnersystemen im Bereich Handel, Dienstleistung und Beratung. Er gestaltet und prüft Franchiseverträge und Masterfranchiseverträge. Er verhandelt für Parteien von Franchisesystemen im Interesse einer konstruktiven Zusammenarbeit und vertritt bei Verletzungen der Verpflichtungen von Franchisegebern und Franchisenehmern.

Rechtsanwalt Brennecke vertritt weiterhin bei der Verletzung von Wettbewerbsverboten und Geschäftsgeheimnissen. Er ist besonders spezialisiert auf zivilrechtliche wie strafrechtliche Verfahren in Bezug auf  unzulässige Verwendung von Kundendaten und anderen Geschäftsgeheimnissen (17 UWG).

Rechtsanwalt Harald Brennecke hat mehrere Bücher im Bereich Vertriebsrecht veröffentlicht, so

  • "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
  • "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
  • "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
  • "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0


Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Vertriebsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Provision des Handelsvertreters
  • Handelsvertreterausgleich in der aktuellen Rechtsprechung
  • Der Buchauszug – Anforderung und Auswertung
  • Vertriebssysteme gestalten – angestellte oder freie Vertriebsmitarbeiter ?
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  • Franchisesysteme gründen – weitsichtige Planung von Franchise- und Partnersystemen
  • Datenschutz in Franchisesystemen – das unterschätzte Problem
  • Grundlagen der Franchise – wie Franchisenehmer gute Franchisesysteme erkennen
  • Schuldübernahme des vorhergehenden Franchisenehmers nach 25 HGB als Risiko bei der Fortführung Franchisestandorte durch neue Franchisenehmer
  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis


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