Kann der Unternehmer ohne Behinderungsanzeige von der Vertragsstrafe freikommen?

Sachverhalt:

Es geht um die Frage, ob ein Auftragnehmer allein deshalb eine Vertragsstrafe bzw. einen Schadensersatz hinnehmen muss, weil er eine Behinderungsanzeige unterlassen hat.

In dem zugrunde liegenden Fall hat der Auftragnehmer die Fertigstellungsfrist unstreitig um zwei Monate überzogen. Der Bauherr verlangt Vertragsstrafe von DM 68.000,00 (EUR 34.767,85). Der Unternehmer wendet ein, dass er für die Überschreitung des Fertigstellungstermins keine Verantwortung trage, da die Verzögerung auf verspätete Planbeistellungen zurückzuführen seien.

Entscheidung:

Das Berufungsgericht bejahte einen Vertragsstrafeanspruch des Bauherrn. Insbesondere sei es zu keiner Verlängerung der Ausführungsfrist gekommen, da es der Bauherr versäumt habe, gemäß § 6 Nr.1 VOB/B ordnungsgemäße Behinderungsanzeigen vorzulegen.

Der BGH (BGH, Urteil vom 14.01.1999 – VII ZR 73/98) erteilte dieser Auffassung eine Absage. Der Auftragnehmer, der sich gegen eine Vertragsstrafe oder einen Schadensersatz wegen Bauzeitverzuges verteidigt, kann sich auch dann auf fehlendes Verschulden berufen, wenn er eine Behinderung nicht gemäß § 6 Nr.1 VOB/B angezeigt hat. Allerdings trifft den Auftragnehmer die Darlegungs- und Beweislast für seine Behauptung, er habe die Fristüberschreitung nicht zu vertreten, oder durch von ihm nicht zu vertretende Umstände sei der Zeitplan so gestört, dass ein Anspruch auf Vertragsstrafe bzw. Schadensersatz ganz entfällt.

Der BGH weist zwar in seiner Entscheidung auch daraufhin, dass es der Unternehmer darzulegen und zu beweisen habe, welchen Zeitraum der Fristüberschreitung er nicht zu vertreten habe (vgl. § 285 BGB).

Der Unternehmer könne sich allerdings auch unabhängig von der Vorlage einer Behinderungsanzeige mit der Schuldlosigkeit an der Einhaltung der vertraglichen Bauzeit verteidigen. Insoweit spiele die von dem Berufungsgericht bemisste Behinderungsanzeige im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Vertragsstrafeanspruch keine Rolle. Denn dem Unternehmer werde bei Verletzung der Anzeigepflicht aus § 6 Nr.1 VOB/B nicht die Möglichkeit genommen, gegenüber einem Schadensersatzanspruch des Bauherrn einzuwenden, ihn treffe an der Verzögerung kein Verschulden.

Gleiches gelte für den Fall, dass der Bauherr den Unternehmer auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch nehme. Insoweit reiche es aus, wenn der Unternehmer substantiiert darlegen und – z.B. per Zeugenbeweis – beweisen könne, in welcher Weise und in welchem Umfang sich erhebliche zeitliche Verschiebungen durch verzögerte Vorunternehmerleistungen oder Anweisungen des Bauherrn ergeben hätten.


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Stand: Oktober 2005


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