Restschuldbefreiung: Wohlverhaltensperiode, Teil 1 - Beginn und Dauer

  Wenn die Voraussetzungen des § 290 InsO zur Versagung der Restschuldbefreiung - Eine Einführung nicht gegeben sind, so stellt das Gericht durch Beschluss fest, dass der Schuldner die Restschuldbefreiung erlangt, wenn er den Obliegenheiten nach § 295 InsO nachkommt. Mit diesem Ankündigungsbeschluss wird dem Schuldner vom Insolvenzgericht die ,,Tür zur Wohlverhaltensperiode`` geöffnet. Obliegenheiten sind ,,Verpflichtungen gegen sich selbst``. Anders als Pflichten sind sie nicht von Dritten einklagbar. Der Schuldner hat die Wahl, die Obliegenheiten erfüllen, um damit Anspruch auf Restschuldbefreiung zu erlangen. Erfüllt er sie nicht, kann ihm nur die Restschuldbefreiung versagt werden. Er kann nicht durch Dritte gezwungen werden, die Maßgaben zu erfüllen.

Die vermögensrechtliche Stellung des Schuldners in der Wohlverhaltensperiode

Mit dem Beginn der Wohlverhaltensperiode ändert sich die Stellung des Schuldners in vermögensrechtlicher Sicht immens. Während des eigentlichen Insolvenzverfahrens wurde das gesamte pfändbare Vermögen des Schuldners einschließlich des neu erworbenen Vermögens zu Gunsten der Gläubiger verwertet.

Beispiel:
Der Verdienst des Schuldners Schubert liegt 500,- € über der Pfändungsfreigrenze. Außerdem bekommt Schubert, der sich noch im ,,eigentlichen`` Insolvenzverfahren befindet, ein Geldgeschenk in Höhe von 5.000,- € und eine Erbschaft von 5.000,- €. Während des laufenden Verfahrens muss Herr Schubert 10.500,- € abgeben, da das gesamte schuldnerische Vermögen zu Gunsten der Gläubiger verwertet werden muss.

Während der Wohlverhaltensperiode allerdings hat der Schuldner lediglich die pfändbaren Teile seines Einkommens oder entsprechende Zahlungen sowie nach § 295 I Ziff. 2 InsO den Erwerb von Todes wegen zur Hälfte an den Treuhänder abzuführen, welcher diese Zahlungen dann wiederum an die Gläubiger verteilt.

Beispiel:
Der Verdienst des Schuldners Schubert liegt 500,- € über der Pfändungsfreigrenze. Außerdem bekommt er ein Geldgeschenk in Höhe von 5.000,- € und die Auszahlung einer Erbschaft in Höhe von 5.000,- €. In der Wohlverhaltensperiode muss Herr Schubert nun 3.000,- € an den Treuhänder abführen. Die 3.000,- € setzen sich zusammen aus den 500,- € (pfändbarer Verdienst) und der halben Erbschaft (2.500,- €).

Dies bringt für den Schuldner die Möglichkeit eines ,,Neuanfangs`` mit sich. Denn somit hat der Schuldner während der Wohlverhaltensperiode die Möglichkeit, durch die unpfändbaren Einkommensanteile oder z.B. durch Schenkungen wieder Sparguthaben oder anderes Vermögen aufzubauen und dieses auch zu halten. Das bedeutet auch, dass der Schuldner beispielsweise wieder Sparverträge mit Vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers abschließen kann, ohne dass dieses ersparte Geld wieder an den Treuhänder und somit an die Gläubiger fließen würde.

Die Dauer der Wohlverhaltensperiode

Die Laufzeit der Abtretungserklärung beträgt nach § 287 II S. 1 InsO sechs Jahre. Die sechs Jahre beginnen aber nicht mit der Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens sondern mit dem Datum der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Beispiel:
Schuldner Schubert stellt am 10.12.2004 Insolvenzantrag. Die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens erfolgt am 03.01.2005. Obwohl das Verfahren erst am 09.02.2006 aufgehoben wird, beginnt die sechsjährige Wohlverhaltensperiode mit dem 03.01.2005 zu laufen und endet demnach am 03.01.2011 und nicht erst am 09.02.2012.

Die Erteilung der Restschuldbefreiung

Mit dem Ablauf der Laufzeit der Abtretungserklärung endet die Wohlverhaltensperiode. Ab diesem Zeitpunkt stehen die pfändbaren Anteile des Einkommens des Schuldners nicht mehr dem Treuhänder zu. Nach Erteilung der Restschuldbefreiung unterliegt der Schuldner nicht mehr den Obliegenheiten der §§ 295, 296 InsO.

 

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Restschuldbefreiung - Schuldenabbau durch Insolvenz (Chancen und Risiken der Restschuldbefreiung)" von Harald Brennecke und Markus Jauch, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 3-939384-00-3, ISBN ab 01.01.2007: 978-3-939384-00-7.

 

 

 


 

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Stand: Juni 2006


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


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Normen: § 290 InsO, § 295 InsO, § 296 InsO

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