Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages - Teil 16 – Die Kündigung aus wichtigem Grund

2.7.3. Die Kündigung des Handelsvertretervertrages aus wichtigem Grund

§ 90 a III HGB regelt die Kündigung des Handelsvertreterverhältnisses aus wichtigem Grund; durch die Kündigung kann die vereinbarte Wettbewerbsabrede wegfallen.
Zur fristlosen Kündigung sind der Unternehmer aber auch der Handelsvertreter berechtigt.

2.7.3.1. der wichtige Grund

Die generelle Vorschrift ist § 89 a HGB (Fußnote). Nach § 89 a HGB kann der Handelsvertretervertrag von jedem Teil aus wichtigem Grund gekündigt werden, ohne dass irgendeine Kündigungsfrist einzuhalten ist. Der wichtige Grund muss es dem Kündigenden unzumutbar machen, bis zum Ablauf der üblichen Kündigungsfrist am Vertrag festzuhalten.

Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung grundsätzlich einer vorherigen Abmahnung bedarf. In der Abmahnung sollte eine Aufforderung enthalten sein, dass das beanstandete Verhalten künftig zu unterlassen ist und im Falle einer Fortsetzung dieses Verhaltens ist mit der Kündigung zu drohen.

Ausnahmsweise kann die fristlose Kündigung auch ohne Abmahnung erfolgen:

Beispiel:

Der Handelsvertreter H ist beim Unternehmer U angestellt. Der H vermittelte Bausparverträge für U. Nun unternahm der H eine eigenmächtige Werbeaktion. Bei der Werbeaktion stellte er die Partnerschaft zu U, unter fettgedruckter Schrift in seinen Werbebriefen an die Kunden, heraus. Er wandte sich an die Bausparkunden und spiegelte diesen vor, dass sie im Rahmen einer Verlosung unter 10.000 Kunden ein Haus mit Meerblick an einem der schönsten Strände der Türkei gewonnen hätten. Dabei sollten sich die Bausparer bei U melden, um zu vermeiden, dass die Immobilie einem anderen Gewinner überlassen werde. Der U wusste von alledem nichts. Als er davon erfuhr sprach er eine sofortige fristlose Kündigung ohne Abmahnung aus.
Hier bedurfte es keiner Abmahnung; wenn ein Handelsvertreter zu einer derartigen Täuschungsaktion bereit war, ist die vertrauliche Basis zerstört. Das Vertrauensverhältnis kann durch die Abmahnung auch nicht wieder hergestellt werden .

Zu Beachten:
Außerdem darf das Recht zur außerordentlichen Kündigung nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden, § 89 a I 2 HGB.

2.7.3.2. Voraussetzungen und Wirkungen der Kündigung aus wichtigem Grund

An den Wegfall des Wettbewerbsverbotes sind zwei Voraussetzungen geknüpft:

a) Kündigung der einen Vertragspartei wegen schuldhaftem Verhalten der anderen;
Ein Vertragspartner muss sich schuldhaft verhalten. Gesetzliche Regelungen hierzu finden sich in §§ 276 [Verantwortlichkeit des Schuldners], 278 BGB [Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte]. Ein Vertragspartner, also entweder der Unternehmer oder der Handelsvertreter, muss vorsätzlich bzw. fahrlässig gehandelt haben.
Die Regelung will verhindern, dass der Kündigende bei schuldhaftem Verhalten des anderen Teils weiterhin auf dessen Interessen Rücksicht nehmen muss.

b) schriftliche Lossagungserklärung innerhalb eines Monats nach der Kündigung;
Des Weiteren muss der Kündigende binnen eines Monats nach Zugang der Kündigung erklären, dass er sich von der Wettbewerbsabrede lossagen will. Die Lossagung kann sowohl der Handelsvertreter als auch der Unternehmer ausüben; beide Vertragspartner sind zu einer Lossagung berechtigt. Dem Kündigenden wird Bedenkzeit eingeräumt um sich zu entscheiden, ob er die Lossagung ausübt oder nicht.

Hierbei müssen die Interessen des Handelsvertreters und die des Unternehmers abgewogen werden:
Interessen des Handelsvertreters: Er kann sich überlegen, ob er das Wettbewerbsverbot einhält und als Gegenleistung die Karenzentschädigung erhält oder ob für ihn die Loslösung vom Wettbewerbsverbot günstiger ist.
Interessen des Unternehmers: Der Unternehmer kann prüfen, ob es sich für ihn lohnt, den Handelsvertreter am Wettbewerbsverbot festzuhalten oder nicht .

Die Lossagungserklärung muss zwingend in Schriftform erfolgen (Fußnote) und der anderen Vertragspartei zugehen (Fußnote).

Die Lossagung entfaltet auch bestimmte Wirkungen:
Unmittelbar nach Zugang der Erklärung sind beide Vertragspartner nicht mehr an die getroffene nachvertragliche Vereinbarung gebunden:

  • Der Handelsvertreter unterliegt jetzt keiner Wettbewerbsbeschränkung mehr; er hat aber auch keinen Anspruch auf Karenzentschädigung.
  • Im Gegenzug bedeutet das für den Unternehmer, dass er von der Zahlungsverpflichtung bzgl. der Karenzentschädigung freigeworden ist.

Aber:
Die beiderseitigen Rechte und Pflichten aus der Wettbewerbsabrede fallen nur weg, wenn die beiden oben genannten Voraussetzungen vorliegen. Fehlt eine Voraussetzung, bleibt die Wettbewerbsabrede bestehen und der Unternehmer kann vom Handelsvertreter die Einhaltung der Abrede verlangen; der Handelsvertreter hat wiederum einen Anspruch auf Zahlung der Karenzentschädigung.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Handelsvertreter - Wettbewerbsverbote und Geheimhaltungspflichten" von Harald Brennecke und Kathrin Stipp, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 3-939384-03-8, ISBN ab 01.01.2007: 978-3-939384-03-8.


 

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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit Jahren im Handelsvertreterrecht und sonstigen Vertriebsrecht tätig. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich Handelsvertreterausgleich und Handelsvertreterprovision. Er erstellt und prüft alle Formen von Vertriebsverträgen und prüft Ihren Handelsvertretervertrag, Vertragshändlervertrag, Handelsmaklervertrag oder Franchisevertrag.

Er berät und vertritt bei Auseinandersetzungen über Vertreterprovisionen, Provisionsvorauszahlungen sowie (unberechtigte) Provisionsrückzahlungsansprüche gegen Handelsvertreter, Versicherungsvertreter und Handelsmakler.
Er berät im Vorfeld von Beendigungen von Handelsvertreterverträgen, Vertragshändlerverträgen, gestaltet oder prüft Kündigungen und verhandelt Vertragsaufhebungen des Vertretungsverhältnisses.
Er vertritt bei Streitigkeiten über wettbewerbswidrig verwendete Kundendaten bis hin zur strafrechtlichen Vertretung wegen des Verrats oder der unbefugten Verwendung von Betriebsgeheimnissen durch ehemalige Vertreter nach 17 UWG.
Er berät und vertritt Unternehmer und Vertreter bei der Gestaltung von Kooperationsverträgen und bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus Provisionsvorschüssen.

Er hat mehrere Bücher zum Thema veröffentlicht, so

  • "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
  • "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
  • "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
  • "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0

Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Handelsvertreterrecht. Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

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