Übertragung von Urheberrechten ohne Zustimmung des Urhebers

Über Lizenzverträge können gem. § 31 UrhG Nutzungsrechte an Urheberrechten vom Urheber als Lizenzgeber an einen Lizenznehmer übertragen werden. Dieser kann sie selbst nutzen oder gem. § 34 UrhG auch an Dritte weiterübertragen. Unter welchen Voraussetzungen und ob dafür immer die Zustimmung des Urhebers erforderlich ist, stellen wir in nachfolgendem Artikel dar.

1. Grundregel: Erlaubnis erforderlich gem. § 34 I 1 UrhG

Zunächst besagt § 34 Abs. 1 Satz 1 UrhG eindeutig, dass eine Übertragung der Nutzungsrechte des Urhebers nur mit dessen Zustimmung erfolgen darf. Diese Grundregel des Erfordernis der Zustimmung bei Rechtsübertragung gilt allerdings nicht ohne Ausnahme.

2. Einschränkung nach Treu und Glauben, § 34 I 2 UrhG

Zunächst darf der Urheber seiner Zustimmung nicht entgegen „Treu und Glauben“ verweigern. Das ergibt sich aus § 34 Abs. 1 Satz 2 UrhG. Das heißt aber, dass der Urheber grundsätzlich nicht zustimmen muss. Nur wenn seine Weigerung gegen Treu und Glauben verstößt, kann man die Rechte auch ohne seine Zustimmung übertragen. Dies ist z. B. der Fall, wenn seine Verweigerung nach objektiven Maßstäben willkürlich erscheint und der Urheber keinen sachlichen Grund für die Weigerung hat. Die Gründe können darin bestehen, dass eine Übertragung gegen Interessen aus Urheberpersönlichkeitsrechten verstößt oder wirtschaftliche Interessen aus der Verwertung entgegenstehen können. Beeinträchtigt die Übertragung die Interessen des Urhebers in keiner Weise, darf dieser die Zustimmung dazu also nicht verweigern.
Hinsichtlich der Beweislast in einem laufenden Gerichtsverfahren bedeutet dies, dass derjenige, der die Rechte ohne die Zustimmung des Urhebers übertragen will beweisen muss, dass dessen Verweigerung gegen Treu und Glauben verstößt.
Ob dies im Einzelfall der Fall ist, ergibt eine Abwägung der Interessen des Urhebers gegenüber den Interessen desjenigen, der die Rechte übertragen möchte. Hierbei sind alle Umstände miteinzubeziehen. So kann z. B. die Stellung oder der Ruf des Erwerbers für die Weigerung des Urhebers von großer Bedeutung sein. Handelt es sich um ein künstlerisches Werk, fließend die persönlichkeitsrechtlichen Interessen des Urhebers in die Bewertung stärker mit ein, als wenn es sich bei dem Werk um einen Gebrauchsgegenstand mit Massencharakter handelt.
Ob auch aus Verträgen kann sich die Verpflichtung zur Zustimmung der Rechtsübertragung ergeben.

3. Übertragung von Sammelwerken (§ 4 UrhG)

Schwierig kann es werden, wenn nicht nur ein Urheber an einem Werk beteiligt ist sondern viele. Dies ist regelmäßig bei Sammelwerken gemäß 4 UrhG der Fall. Dabei handelt es sich um Werke, Daten oder andere unabhängigen Elemente die aufgrund der Auswahl und Anordnung der Elemente eine persönliche geistige Schöpfung darstellen. Dies sind z. B. Lexika, Festschriften, Anthologien, Festschriften, Kochbücher, einzelne Hefte von Zeitschriften oder CD-ROMs. Auch elektronische Datenbanken fallen hierunter
Wollte man sowohl vom Urheber des Sammelwerkes als auch von allen Urhebern der einzelnen enthaltenen Werke die Zustimmung zur Weiterübertragung der Rechte erhalten, wäre dies bei großen Sammelwerken nahezu unmöglich. Daher reicht gem. § 34 Abs. 2 UrhG die Zustimmung des Urhebers des Sammelwerkes stellvertretend für alle Urheber aus.

4. Kauf eines Teils eines Unternehmens, § 34 III UrhG

Ein Nutzungsrecht kann auch dann ohne Zustimmung des Urhebers übertragen werden, wenn die Übertragung im Rahmen der Gesamtveräußerung eines Unternehmens oder der Veräußerung von Teilen eines Unternehmens geschieht, § 34 Abs. 3 Satz 1 UrhG.
Hierbei ist es nicht erforderlich, dass ein rechtlich abgrenzbare Teil des Unternehmens verkauft wird. Die Abgrenzung kann sich auch aus sachlichen oder fachlichen Gesichtspunkten ergeben. So kann zum Beispiel die Sachbuchautor eines Verlages, die Klassikabteilung eines Musikverlages oder die Ballettabteilung eines Kaufhauses einen Unternehmensteil darstellen. Auch die Verwertung als kann einen Unterschied kann einen relevanten Teil darstellen. So zum Beispiel die Taschentuchabteilung eines Buchverlages. Selbst die von einem Unternehmen zur Verwertung erworbenen Nutzungsrechte an sich können einen relevanten Unternehmensteil darstellen.
Die Übertragung des Anteils Unternehmens beziehungsweise des Unternehmensteiles richtet sich nach den allgemeinen Regeln und hängt davon ab, um welche Unternehmensform es sich vorliegend handelt. Allerdings kann die Übertragung des Unternehmensanteils im Hinblick auf die urheberrechtlichen Regelungen entweder durch die Übertragung wesentlicher Vermögenswert des Unternehmens (asset deal) oder durch Verkauf der Gesellschaftsanteile an einem Unternehmen (share deal) erfolgen. Hierbei muss am Ende der Käufer Inhaber des Unternehmens beziehungsweise des Unternehmensteils werden.
So können zum Beispielaufführungsrechte an Theaterstücken bei einem Theaterkauf oder auch die Nutzungsrechte an Bildern von Fotografen Ankauf einer Werbeagentur miterworben werden. Die oben aufgezeigt, dürfen hier aber nicht die Interessen der Urheber gegen Treu und Glauben beeinträchtigt werden. Denn selbst bei einer wirksamen Übertragung gemäß Absatz drei im Rahmen eines Unternehmens kauft, kann der Urheber das Nutzungsrecht zurückrufen, wenn ihm die Ausübung des Nutzungsrechts durch den Erwerber nach Treu und Glauben nicht zuzumuten ist. Dies ergibt sich aus § 34 Abs. 3 Satz UrhG.

5. Fazit

Nutzungsrechte dürfen grundsätzlich nicht ohne Zustimmung des Urhebers übertragen werden. Es gibt allerdings mehrere Ausnahmen. Im Rahmen dieses Ausnahmen können die Rechte auch ohne Zustimmung des Urhebers übertragen werden. Im Rahmen eines Unternehmenskaufs ist aber besonders darauf zu achten, dass durch die Übertragung der Nutzungsrechte ohne Zustimmung des Urhebers an einen Unternehmenserwerber die Interessen des Urhebers durch den Erwerber nicht gegen Treu und Glauben verletzt werden, da der Urheber sonst seine Nutzungsrechte zurückrufen darf.
Hiermit hat der Gesetzgeber eine interessengerechte Regelung geschaffen, die auf eine Vielzahl von Einzelfällen flexibel angewendet werden kann.


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Rechtsanwalt Harald Brennecke berät und vertritt als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Abmahnungen wegen urheberrechtswidriger Nutzung von Daten, Karten, Texten (wie z.B. Vertragswerken oder AGB in ihrer Gesamtheit), Fotos oder Bildern. Er gestaltet und prüft Lizenzverträge zur Regelung der Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke oder zur Übertragung von Nutzungsrechten für Agenturen, Künstler, Firmen, Rechteverwerter und Medienunternehmen. Er prüft und gestaltet Verwertungsverträge, setzt Verwertungsrechte durch und schützt diese. Er berät bei der Gestaltung von  Webseiten, Unternehmensdarstellungen, Werbeauftritten und Prospekten und prüft deren rechtssichere Darstellung. Rechtsanwalt Brennecke vertritt bei Schadensersatzansprüchen wegen verletzten Urheberrechten an Bildern, Texten, Musik, Videos und anderen Werken. Er vertritt Autoren und Urheber bei der Durchsetzung angemessener Vergütungsansprüche, beispielsweise aufgrund erweiterter Nutzung.

Harald Brennecke hat zum Thema Urheberrecht und Lizenzrecht veröffentlicht:

  • "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
  • „Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-08-3
  • "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0
  • "Markenrecht - eine Einführung Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung ", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-22-9

Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Urheberrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Rechtsanwalt Brennecke bietet Vorträge, Seminare und Schulungen im Urheberrecht an, unter anderem zu den Themen:

  • Medien, Allgemeines Persönlichkeitsrecht und Urheberrecht – Nicht alles, was Spaß macht, ist auch erlaubt
  • Lizenzvertragsgestaltung
  • Der Gebrauchtsoftwarekauf
  • Der Kauf von Nutzungsrechten an Texten
  • Vertriebslizenzen in Recht und Praxis


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Normen: § 4 UrhG, § 31 UrhG, § 34 UrhG

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